
Einatmen, ausatmen – mit diesem Automatismus des Menschen hat sich das Coronavirus weltweit verbreitet. Wie gravierend Politik und Wissenschaft die Ansteckungsgefahr durch Aerosole einschätzen, macht auch die nun verschärfte Maskenpflicht deutlich. Im öffentlichen Nahverkehr genügen keine Stoffmasken mehr, die Fahrgäste müssen OP- oder FFP2-Masken tragen. Doch es ist nicht nur den Menschen selbst überlassen, für mehr Sicherheit zu sorgen. Auch das Unternehmen Delbus sagt mit technischen Lösungen dem Coronavirus den Kampf an. Die neueste Idee ist in der Betriebswerkstatt an der Bremer Straße entstanden. Das Team von Meister Dennis Kramer hat am Donnerstag begonnen, alle 32 Busse mit einem antiviralen Luftfiltersystem aufzurüsten.
„Luftfilter sind durch Corona im Nahverkehr ein großes Thema“, berichtet Carsten Hoffmann, Geschäftsführer der Delbus. Durch die große Nachfrage bei den Busherstellern sei es derzeit aber nicht leicht, technisch aufzurüsten. In der eigenen Werkstatt entstand dann eine Idee, wie sich auch in Eigenregie die Lüftungssysteme verbessern lassen.
Grundlage ist eine spezielle Hygienebeschichtung, mit der Delbus im Sommer die Kontaktflächen und Polster der Busse bearbeitet hat. „Der Stoff ist unsichtbar, riecht nicht und ist auch nicht giftig“, versichert Hoffmann. Die Beschichtung sei kein Biozid, sondern bekämpfe die Viren mit einem physikalischen Trick. „Unter einem Mikroskop hätte die Oberfläche viele kleine Zacken. Diese zerstören Viren, die sich dort ablagern“, erklärt der Delbus-Chef. Nach Herstellerangaben würden in einer Stunde 99,9 Prozent der Coronaviren abgetötet. In den Bussen soll so die Gefahr von Schmierinfektionen deutlich gesenkt werden.
Der gleiche Stoff der Firma Munditech aus Gießen soll nun auch gegen Aerosole in der Luft helfen. Dazu besprühen die Mitarbeiter der Werkstatt weiße Textilstreifen mit dem Hygienestoff. Das Material erinnert an Filter, die zum Beispiel bei Abzugshauben in der Küche verbaut sind. „Wir haben mit dem Hersteller abgesprochen, wie viel Flüssigkeit wir versprühen müssen“, berichtet Hoffmann. Die Filterstreifen müssten sechs Prozent an Gewicht zulegen, dann wirken sie gegen Viren. In den Bussen kommen sie doppelt zum Einsatz. Einmal an der Stelle, wo die Luft eingesogen wird. Und ein zweites Mal dort, wo die Luft wieder in den Innenraum zurückkehrt. Nach Herstellerangaben sollen auch in diesem Einsatzbereich innerhalb einer Stunde 99,9 Prozent der Coronaviren absterben. „Wir sind zwar keine Virologen, aber der Hersteller hat sich die Wirksamkeit durch Zertifikate bestätigen lassen“, betont Hoffmann.
Aus unternehmerischer Sicht ist diese Aufrüstung ein Schnäppchen. Delbus rechnet pro Fahrzeug mit Kosten zwischen 110 und 140 Euro – für Oberflächen und Luftfilter. Bei den Kontaktflächen ist eine Erneuerung alle sechs Monate nötig, für die Filter sind es drei. „Wir müssen noch Erfahrungswerte sammeln, wie viel Flüssigkeit wir pro Bus brauchen“, erklärt Hoffmann. Die Mitarbeiter der Werkstadt gewöhnen sich schon an die neuen Arbeitsschritte. „Bei den Filtern haben wir für den ersten Bus drei bis vier Stunden gebraucht. Da mussten wir aber auch ausprobieren“, sagt Werkstattmeister Dennis Kramer. Mit dem Aufrüsten der Busflotte will er bis zum Ende der nächsten Woche fertig sein.
Die Ansteckungsgefahr in den Bussen ist laut Delbus auch ohne die neuen Filter gering. Zwei Mitarbeiter haben sich bisher mit Corona angesteckt, aber erst nach über einer Woche Urlaub. Das Unternehmen hat an der Taktung der Linien festgehalten, auch wenn das Fahrgastaufkommen deutlich zurückgegangen ist. „Deshalb ist es aktuell nicht schwer, den Mindestabstand einzuhalten“, versichert Hoffmann. Vor der Ausbreitung neuer Mutationen habe er Respekt, gleichzeitig stimmten ihn aber auch die rückläufigen Corona-Zahlen für Delmenhorst zuversichtlich. „Wir tun alles Menschenmögliche, um die Ansteckungsgefahr zu senken“, betont er.
Rettungsschirm für den ÖPNV
Für Delbus war das Jahr 2020 ein schwieriges Geschäftsjahr. Durch den eingeschränkten Schulbetrieb und Homeoffice waren die Fahrgastzahlen allein im Dezember rund 50 Prozent niedriger als im Vorjahresmonat. Die Mindereinnahmen für das vergangene Jahr liegen nach Unternehmensangaben bei schätzungsweise einer Million Euro. Ein von Bund und Ländern finanzierter Schutzschirm gleicht dieses Defizit aus. Geschäftsführer Carsten Hoffmann befürchtet, dass der Staat zumindest im ersten Quartal des Jahres 2021 den öffentlichen Nahverkehr weiterhin finanziell unterstützen muss.
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