
Der Nordwesten Deutschlands wird derzeit auf das langfristig verfügbare High-Gas umgestellt. Auch der Landkreis Oldenburg ist davon betroffen. In Ganderkesee und Hude ist die Umstellung bereits abgeschlossen, in Wildeshausen steht diese erst noch an. Trotz des verschärften Lockdown ändert sich am Zeitplan nichts, wie der zuständige Betreiber EWE Netz auf Nachfrage bestätigt. Die erste Schaltung im nördlichen Teil der Huntestadt ist für Anfang Februar geplant. Dann werden auch Teile von Dötlingen, Großenkneten, Hatten, Prinzhöfte und Winkelsett umgestellt. Anfang März werden weitere Wildeshauser Ortsteile geschaltet.
„Bis zum Herbst 2021 sollen nahezu alle Verbraucher im gesamten Landkreis Oldenburg auf das alternative H-Gas umgestellt sein“, erklärt Jens Witthus, Sprecher des Oldenburger Unternehmens. Nur in einigen Haushalten im Randgebiet könnte die Umstellung etwas länger dauern. Nämlich solange, bis auch der jeweilige Nachbarkreis angeschlossen ist. Hintergrund ist, dass die EWE Netz ihre über 100 Umstellbezirke im Nordwesten Deutschlands nicht nach Landkreisen unterteilt hat. „Wir orientieren uns bei den Arbeiten an den Gasleitungen, die im Boden liegen, nicht an Orts- oder Landkreisgrenzen“, sagt Witthus.
In den meisten Fällen verläuft die Umstellung von L- auf H-Gas problemlos. „Bislang gelingt es EWE Netz, rund 98,5 Prozent aller Erdgasgeräte an das H-Gas anzupassen“, sagt der EWE-Pressesprecher. Doch es gibt eben auch die anderen Fälle – so wie den eines Hausbesitzers aus dem östlichen Stadtgebiet Wildeshausens, der über zwei Gasanschlüsse verfügt. Während sich der eine problemlos umstellen lässt, sieht es mit dem zweiten Gerät – einem Zwei-Flammen-Muldenkocher von Gaggenau – anders aus. Dieses ist rund 30 Jahre alt und muss laut EWE Netz ausgetauscht werden, weil es dafür keine Ersatzteile mehr gibt. Das bezweifelt der Wildeshauser jedoch und hat deshalb mehrfach versucht, dies mit dem Unternehmen zu klären.
Als Antwort erhielt er immer wieder die gleiche Stellungnahme. Anfang Oktober, Ende November und Anfang Dezember teilte ihm der Netzbetreiber schriftlich mit, dass eine Anpassung seines Erdgasgeräts „durch uns nicht möglich“ ist. „Da wir uns als Netzbetreiber an die Vorgaben des DVGW (Deutscher Verein des Gas- und Wasserfachs) halten müssen, ist ihr Erdgasgerät gemäß dem DVGW-Datenblatt als nicht anpassbar deklariert. Wir können für Ihr Erdgasgerät nicht die notwendigen Ersatzteile direkt über den Hersteller beziehen“, heißt es in dem Schreiben.
Für den Wildeshauser ist das jedoch keine befriedigende Antwort auf sein Anliegen. Denn ein Ersatzteil braucht es seines Erachtens nicht, da das betreffende Gerät bereits über eine H-Gasdüse verfügt. „Eine Umstellung ist überhaupt nicht notwendig“, beklagt er im Gespräch mit dem DELMENHORSTER KURIER. Auf seine Bitte, ob sich ein Fachmann der EWE Netz vor Ort selbst ein Bild machen könne, sei der Netzbetreiber nicht eingegangen. Stattdessen habe er den Tipp bekommen, bei einem Heizungs- oder Küchenbauer des Vertrauens oder direkt beim Hersteller des Geräts nachzufragen, „ob diese in ihrem Lager zufällig noch entsprechendes Material für H-Gas vorrätig haben“. EWE Netz könne und dürfe diesen Weg für einzelne Gasgeräte nicht gehen. Das beauftragte Unternehmen könne das Gaskochfeld dann auch direkt an H-Gas anpassen. „Natürlich übernehmen wir die Kosten für das erfolgreiche Anpassen Ihres Gaskochfeldes an H-Gas“, schreibt ein Sprecher der EWE Netz Mitte Dezember in einer Mail an den Wildeshauser. Unbedingt notwendig sei hierbei allerdings, dass er als Hausbesitzer den Eigenanpasser-Vertrag unterschreibe. Passiert dies nicht, müsse man „die Erdgasversorgung kostenpflichtig unterbrechen“.
„Offenbar versteht man mich einfach nicht“, klagt der Wildeshauser in einem erneuten Gespräch mit unserer Redaktion. Denn die Suche nach einem Ersatzteil sei gar nicht notwendig, wenn bereits eine H-Gasdüse in dem Gerät verbaut ist. Um dies zu beweisen, müsste lediglich die Düse geprüft werden. Einen solchen Prüfauftrag werde EWE Netz jedoch nicht stellen, wie der Sprecher erklärte. Diesen müsste der Hausbesitzer selbst an den Werksdienst von Gaggenau oder einen Installateur vergeben. Zugleich räumte Jens Witthus ein, dass die Schreiben, die EWE Netz an den Wildeshauser mehrfach verschickt hat, standardisiert und „nicht explizit auf seine Frage eingegangen“ sind. „Für diesen Fall gibt es bisher kein Anschreiben, das hat ihn zurecht verwirrt“, erklärte Witthus. Man habe dies nun aber zum Anlass genommen, um ein weiteres Anschreiben zu entwickeln, das auch diesen Fall des Wildeshausers abdeckt.
Standardmäßig bauen Hersteller in ihre Geräte H-Gasdüsen ein. Das ist auch bei Gaggenau der Fall. Wie das Münchener Unternehmen auf Nachfrage erläutert, sind Gaskochfelder werkseitig mit H-Gasdüsen ausgestattet, bei Bedarf seien L-Gasdüsen dafür verfügbar. „Vor dem Einbau des Kochfeldes hat die Abstimmung mit dem örtlichen Strom- und Gasversorger zu erfolgen, sodass je nach Anforderung und je nach Gasart gegebenenfalls auf andere Düsen umgerüstet werden muss“, erläutert Karin Stengele, Sprecherin von Gaggenau. Weil im Nordwesten Deutschlands in der Vergangenheit L-Gas genutzt wurde, hätten Küchenbauer somit üblicherweise vor dem Einbau eines Gerätes die Düse ausgetauscht. Denn: „Eine H-Gasdüse hat bei uns keine Betriebserlaubnis“, betont Witthus. Deshalb geht der EWE-Pressesprecher mit hoher Wahrscheinlichkeit davon aus, dass auch im Falle des Wildeshausers eine L-Gasdüse eingebaut ist. Der Aufkleber mit dem Hinweis sei womöglich vergessen oder im Laufe der Zeit versehentlich abgewaschen worden.
Doch entgegen aller Wahrscheinlichkeit hatte der Wildeshauser Hausbesitzer letztlich Recht. Anfang Januar beauftragte er einen Installateur, der die Düse an seinem Gasgerät prüfte. „Das hat nur zwei Minuten gedauert“, berichtet er. Zwei Schrauben habe der Installateur losgemacht und mit der Lupe die eingravierte Schlagzahl auf der Düse geprüft. Und diese habe eindeutig belegt, dass es sich um eine H-Gasdüse handelt. Bei EWE Netz war es dem Pressesprecher Jens Witthus auf nochmalige Nachfrage „unangenehm“, dass man dem Mann nicht geglaubt habe. „Er ist zurecht verärgert“, sagt Witthus. Zugleich betont er, dass die Verwendung des Geräts mit der H-Gasdüse ein „nicht bestimmungsgemäßer Betrieb“ war. Das sei in Deutschland nicht zulässig. „Das ist gefährlich für die Familie in dem Haus“, fügt Witthus hinzu.
Dass eine Gefahr für die Familie bestanden hat, bestreitet Gaggenau allerdings. Zwar seien in dem besagten Fall des Wildeshauser Hausbesitzers die Vorgaben bezüglich Installation offensichtlich nicht eingehalten worden. „Die Leistung des Kochfeldes konnte dadurch nicht optimal ausgenutzt werden, sie war um circa zehn bis 15 Prozent reduziert. Eine Gefahr ist dabei jedoch ausgeschlossen“, erklärt die Gaggenau-Sprecherin. Aufgrund des geplanten Wechsels zu H-Gas müsse das Gaskochfeld jetzt nicht umgerüstet werden. „Die volle Leistung steht dann zur Verfügung“, ergänzt Stengele.
Für den Wildeshauser Hausbesitzer hat sich seine Hartnäckigkeit letztlich ausgezahlt. „Man könnte sagen: Ende gut, alles gut“, betont er im Gespräch mit unserer Redaktion. Doch dass er monatelang darum kämpfen musste, weil ihm niemand geglaubt habe, ärgert ihn: „Das hat mich viel Kraft und Nerven gekostet.“
Allein steht der Wildeshauser mit seinem Problem bei der Gasumstellung nicht. Wie der WESER KURIER bereits im Oktober 2020 berichtete, drohte auch einem Hausbesitzer aus Bremen-Farge die Stilllegung. Wesernetz hatte ihm mitgeteilt, dass sein „Brennwertkessel nach sorgfältiger Prüfung der uns zur Verfügung stehenden Daten vom DVGW nicht auf die neue Gasbeschaffenheit H-Gas anpassbar ist“. In dem Brief drohte ihm der Netzbetreiber sofort mit Stilllegung.
Der Nordbremer wunderte sich über das Schreiben, da er in der Original-Montageanleitung des alten holländischen Gasbrennwertkessels von 1991 gelesen hatte, dass dieser an unterschiedliche Brennwerte des verwendeten Heizgases bei Erdgas anpassbar sei. Lediglich der Druckregler müsse neu eingestellt werden. Das habe er inzwischen schriftlich vom Hersteller: „Aus meiner Sicht gibt es keine Gründe, warum eine einwandfrei funktionierende Anlage nur aufgrund des Alters ersetzt werden sollte.“
Laut Wesernetz rate der Hersteller trotz der vorhandenen H-Gasdüsen aufgrund des Alters vom Weiterbetrieb ab, da es hier zu Folgeschäden kommen könne. „Wenn er das Gerät weiter betreiben möchte, muss er einen Vertragsinstallateur finden, der die Verantwortung für den Weiterbetrieb mit H-Gas übernimmt. Das wird aber bei alten Geräten tendenziell schwierig“, sagt Christoph Brinkmann, Sprecher der SWB-Guppe. Für Wesernetz bleibe die Aussage der DVGW-Datenbank verbindlich: „Seitens Wesernetz wird keiner die Verantwortung tragen, denn im Falle eines späteren Schadens würde vor Gericht auch die Aussage aus der DVGW-Datenbank herangezogen.“
Warum ist die Umstellung nötig?
Die Umstellung von dem bisher in dieser Region verwendeten Low-Gas auf High-Gas soll die Zukunft der Gasversorgung in Deutschland sichern. Denn schon vor Jahren haben die Niederlande angekündigt, ihre Erdgaslieferungen ab 2030 zu stoppen. Deshalb will die EWE Netz bis 2027 die Umstellung in ihrem Zuständigkeitsbereich abgeschlossen haben. Allein im Nordwesten seien über 600.000 Kunden betroffen. EWE Netz hatte im Februar 2018 begonnen, Gasgeräte zu erfassen. Weit über 100.000 Geräte wurden bereits angepasst – etwa in Ganderkesee und Hude. Beide Gemeinden werden bereits mit H-Gas versorgt, das vorwiegend aus Quellen in Norwegen, Russland und Großbritannien stammt.
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