
Für Andreas Zabel gehörten Besuche im integrativen Jugendcafé Burglesum, kurz i-café, 20 Jahre lang zum Alltag. „Dass wir uns hier regelmäßig getroffen haben und schnacken konnten, war toll. Ich hab mich hier von Anfang an wohlgefühlt“, erzählt der 33-Jährige, der aufgrund einer Behinderung im Rollstuhl sitzt. Ab sofort müssen er und die anderen Besucher auf den gemütlichen Treffpunkt für Menschen mit und ohne Behinderung verzichten. Und auch die Ausflüge, Feiern und Aktionen gehören der Vergangenheit an. Das i-café an der Bremerhavener Heerstraße schließt nach 20 Jahren für immer seine Türen. An diesem Sonnabend, 29. September, hat es ein letztes Mal geöffnet: für eine Abschiedsfeier.
Die 27-jährige Christina Juling kommt ebenfalls schon seit Jahren ins i-café. Seit wie vielen, kann sie gar nicht genau sagen. Dafür aber, dass sie hier gerne gebastelt, gebacken und gekocht hat und auch die Ausflüge toll fand. Stefan Wermann sagt überhaupt nur zwei Sätze zur bevorstehenden Schließung: „Es ist traurig. Ich werde alle vermissen.“ Franziska Bleeke, Vorsitzende des Trägervereins „Miteinander unter einem Dach“, schildert die Reaktionen, als sie und ihre Vorstandskollegen bekannt gegeben haben, dass die Geschichte des i-cafés bald enden wird: „Es gab viele Tränen.“
Sie selbst ist ebenfalls sichtlich mitgenommen von der Situation. Ihre Augen werden feucht, wenn sie vom Abschied spricht, der auf alle zukommt. Eigentlich will sie bei der Feier eine Rede halten. „Aber ich weiß nicht, wie das gehen soll. Ich werde gar nicht sprechen können“, sagt die 33-Jährige zu den zweiten Vorsitzenden Irina Wiebe-Jüchter und Maike Roeder. „Die Beziehung zwischen allen hier ist freundschaftlich. Für viele ist der Besuch ein fester Bestandteil der Woche. Viele sind mit dem i-café aufgewachsen“, erzählt Franziska Bleeke. Das gilt auch für sie selbst. Die Vorsitzende hat im Jahr 2003, im Alter von 17 Jahren, als Betreuerin in dem Treffpunkt angefangen. Irina Wiebe-Jüchter, Maike Roeder und Sven-Arno Tebbe, der dem Vorstand als Beisitzer angehört, haben ebenfalls intensive Verbindungen zu der Einrichtung. Sie alle arbeiteten hier zunächst als Betreuer, im Jahr 2013 gab es dann einen großen Wechsel im Vorstand, der sich damit deutlich verjüngte. Franziska Bleeke übernahm damals den Vereinsvorsitz.
Ins Leben gerufen hatten das i-café im Jahr 1998 Eltern und Unterstützer. Es war zunächst ausschließlich als Freizeittreff für Kinder und Jugendliche gedacht. Im Laufe der Jahre wurde das Angebot der Einrichtung dann den älter werdenden Nutzern angepasst. Zuletzt öffnete das i-café montags für alle Altersstufen, die Jugendgruppe traf sich freitags.
Aylin Keles ist eine der Betreuerinnen, die regelmäßig mit den Besuchern gebastelt, gespielt und geklönt hat. Vor drei Jahren hat die 21-Jährige im i-café angefangen. „Ich bin über meine Mitschülerin Zeynep Özel dazu gekommen“, erinnert sie sich. Es war der erste Job in ihrem Leben. Darüber hinaus aber noch viel mehr. „Eigentlich ist es keine Arbeit. Es ist wie ein Zuhause. Wir sind alle wie eine Familie hier“, sagt sie und schluckt. Ihr sei zum Heulen zumute gewesen, als sie gehört habe, dass das i-café schließt.
Hauptaufgabe des Trägervereins „Miteinander unter einem Dach“ war es, Jahr für Jahr das finanzielle Überleben des i-cafés zu sichern. Irina Wiebe-Jüchter sagt: "Finanzielle Schwierigkeiten waren immer ein Thema. Wir haben uns von Jahr zu Jahr gehangelt. Es ist eine Leistung, dass wir das 20 Jahre lang geschafft haben." Zuschüsse von der Stadtgemeinde oder dem Land Bremen gab es nämlich nur ganz am Anfang und inzwischen schon seit vielen Jahren nicht mehr. Einen großen Unterstützer hatte die Einrichtung seit Längerem zwar kontinuierlich mit der Stiftung "Aktion Hilfe für Kinder“. Diese verlässliche Finanzspritze ist aber Mitte des Jahres weggefallen. Hinzu kam, dass die Kooperation mit dem Martinsclub, der Untermieter des Vereins war, Ende vergangenen Jahres endete. Zudem erfuhr der Vorstand, dass der Vermieter des Gebäudes Bremerhavener Heerstraße 34 das Haus langfristig anders nutzen möchte.
Da sich ihre persönliche Situation darüber hinaus in den vergangenen Jahren sehr verändert hat, sahen sich die Vorstandsmitglieder gezwungen, die schwierige Entscheidung zur Schließung des i-cafés zu treffen. „Wir sind beruflich und familiär inzwischen alle sehr eingebunden“, erläutert Irina Wiebe-Jüchter. Aus diesem Grund sei es kaum mehr möglich, so viel Zeit wie bisher für das Einwerben von Spenden aufzubringen. Auch in die Räume des i-cafés hatte der Vereinsvorstand mithilfe weiterer Mitglieder in den vergangenen Jahren sehr viel Arbeit investiert, immer wieder renoviert und Kleinigkeiten selbst repariert.
Mit schwerem Herzen werden sie das i-café im Oktober nun auch selbst ausräumen. Für die erste Oktoberwoche ist eine außerordentliche Mitgliederversammlung einberufen worden mit dem Ziel, den Verein „Miteinander unter einem Dach“ aufzulösen. Danach werden die Zimmer leer geräumt.
Andreas Zabel hofft, dass sich zumindest einige der regelmäßigen Gäste wiedersehen werden. Mit vielen ist er befreundet. „Es wäre schön, wenn man sich weiterhin treffen könnte“, sagt er. Eine Idee, wo die Treffen stattfinden könnten, hat er allerdings noch nicht.
Die Abschiedsfeier
Im i-café Burglesum in der Bremerhavener Heerstraße 34 wird am Sonnabend, 29. September, ab 17 Uhr Abschied gefeiert. Der Abend soll genutzt werden, um an gemeinsame Stunden im Freizeittreff zu erinnern, an lustige Ausflüge, kreative Nachmittage und besondere Aktionen. Unter anderem werden Fotos gezeigt.
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Im Garten gibt es immer was zu tun. Unsere Redakteurin Patricia Brandt begleitet das Gartenjahr mit einem Augenzwinkern in ihrer Kolumne. Inzwischen ist die 100. WESER-KURIER-Gartenkolumnen erschienen. Sie schildert die Ängste und Sorgen des Hobbygärtners und nimmt Marotten auf die Schippe.
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