
„An so einen heißen Sommer kann ich mich nicht erinnern in mehr als 30 Jahren, die ich Landwirt bin. Auch ältere Bauern, mit denen man ins Gespräch kommt, bestätigen mir das.“ Wie viele Milchbauern in Niedersachsen, hatte auch Jörg-Peter Steilen unter der Rekordhitze dieses Sommers zu leiden. Das Grundfutter für Kühe besteht aus Weidegras sowie Gras- und Maissilage, es wuchs wegen der Trockenheit nur kärglich. „Die Kombination von so gut wie keinem Niederschlag im Mai und dieser Trockenheit im Juni und Juli war verheerend. Wir hatten von Mai bis Ende Juli ja keine 50 Liter Regen“, analysiert Steilen. Für dieses Jahr ist die Hitze zwar vorüber. Unter den entstandenen Schäden haben die Milchbauern jedoch nach wie vor zu leiden. „Für uns ist die Dürre und alles, was damit zusammenhängt, noch nicht vorbei“, betont Steilen.
Er meint damit nicht nur den Ausfall bei der Milchproduktion von bis zu 15 Prozent. Zumal sich die Situation für die Bauern im nächsten Jahr im Zuge des Klimawandels durchaus wiederholen kann. Steilen musste bereits im Juli 30 Jungtiere vorzeitig nach Russland verkaufen. „Dort hat man bestimmte Anforderungen bezüglich Größe und Gewicht. Es kam jemand vom Zuchtverband und ein Übersetzer zu uns“, erzählt Steilen. Er fügt hinzu: „Wir sind ein milcherzeugender Betrieb und leben von der Milch, die wir verkaufen. Daher gehen in Zeiten großer Trockenheit meistens die Jungtiere weg, die noch keine Milch geben, aber trotzdem Futter brauchen. Wenn man die Tiere nicht mehr füttern kann, muss man sich leider von einigen trennen.“ Hinzu kamen einige ältere Tiere, die vorzeitig geschlachtet werden mussten. „Das sind dann meist nicht die robustesten Tiere, sondern man wählt Kühe mit kleinen Macken am Euter oder den Klauen aus “, erläutert der Meyenburger.
Unter dem vertrockneten Gras und der damit einhergehenden Futterknappheit litt auch der Hof Schöne in Brundorf. Die Option, die Weiden nach dem Vertrocknen wieder zu begrünen und Gras als Zwischenfrucht zur Futternutzung einzusäen, habe nach langem Bangen durch den Mitte September einsetzenden Regen wenigstens zum Teil funktioniert. „Das Ackergras, das wir eingesät haben, soll im nächsten Frühjahr die Lücken auffüllen, die in diesem Sommer durch die Trockenheit entstanden sind“, sagt Jan-Henrik Schöne. Der daraus folgende Grasschnitt sei "zum Glück kein Totalausfall“.
Auf dem Hof Steilen war man mit der Zwischenfrucht nur teilweise erfolgreich. „Wir haben Ackergras gesät und es beregnet. Das Gras ist auch gekommen und hat gekeimt. Die Böden nässen aber nicht richtig durch, die Berieselung nützt nur begrenzt etwas“, sagt Jörg-Peter Steilen. Das zum Teil vorzeitig verfütterte Winterfutter muss sowohl bei Steilens als auch auf dem Hof Schöne durch Zukäufe ausgeglichen werden. Auch die Maisernte sei mit erheblichen Einbußen verbunden gewesen. „Der Mais, den wir auf unseren Humusböden stehen haben, haben wir beregnet, der ist einigermaßen gekommen. Der auf den Sandböden wachsende Mais ist aber zu 50 Prozent nichts geworden, die Kolben haben nicht angesetzt“, klagt Steilen. Drei Wochen früher als sonst haben die Landwirte die Maisernte abgeschlossen. Jetzt fürchten sie überdies, dass Pilzbefall das momentan noch luftdicht in den Silos befindliche Futter angreifen könnte, sobald Sauerstoff an die Maiskolben gelangt.
Und die Kühe selbst? Während der Trockenheit hätten sie zwar gelitten, dank der umsichtigen Bauern jedoch Linderung erfahren. Aufgrund ihrer hohen Stoffwechselleistung produzieren Kühe viel Körperwärme, die sich bei steigender Milchleistung noch erhöht. Die Verdunstung erfolgt durch erhöhte Atmung, Verdunstung und Schwitzen. Dass die Tiere durch die starke Trockenheit träge wurden, hat auch Jan-Hendrik Schöne bei seinen Tieren beobachten können. „Die Kühe saufen bei der Hitze viel mehr, ihre Atmungsaktivität ist erhöht. Sie hecheln und pumpen mehr als sonst, um Wärme abzugeben“, hat er beobachtet. Der Jungbauer ist stellvertretender Landesvorsitzende der Niedersächsischen Landjugend und Sprecher des Agrarausschusses.
Während der Hitzewelle standen auf dem Hof Schöne die Kühe tagsüber draußen und nachts im Stall. Hochtragende Kühe und die Rinder verbrachten den gesamten Tag draußen. „Die gehen dann gezielt in den Schatten unter die Bäume und fressen in der Sonne kaum Gras“, hat der Landwirt beobachtet. Viele Kühe hätten es während der großen Trockenheit bevorzugt, im Stall zu bleiben. „Wir treiben sie nicht heraus“, so der Landwirt. Um es den Wiederkäuern leichter zu machen, sorgten in den neueren Ställen hohe Decken und offene Seitenwände für Abkühlung. „In den älteren Ställen haben wir Ventilatoren, da die Decken dort nicht so hoch sind“, sagt Schöne. Eine „Kuhdusche“ sei nicht unbedingt das probate Mittel, um den Wiederkäuern zur Abkühlung zu verhelfen. „Wenn die Luft heiß und trocken ist, kann das sinnvoll sein. Wenn es aber eher schwül ist und die Luft feucht, kann eine Berieselung durch die Verwirbelung auch die Gefahr von Keimbildung bergen“, weiß Jörg-Peter Steilen.
Die rund 90 Kühe des Meyenburgers bevorzugten es, während der Hitze tagsüber im schattigen Stall zu bleiben und Kühlung durch einen sechs Meter hohen aufgestellten Propeller zu suchen. „Der sorgt für eine Luftbewegung zu den Kühen hin und hält auch die Fliegen und Mücken ab“, so Steilen. Seit zwei Jahren habe nach seiner Wahrnehmung dafür die Anzahl der Pferdebremsen wieder stark zugenommen: „Vor denen haben die Kühe richtig Angst.“ Ab und zu legten sich die Kühe vor dem Stall zur Kühlung in die feuchte Erde. Die Idealtemperatur für Rinder betrage zwischen fünf und 25 Grad. Steilen: „Ab 24 Grad haben die Kühe eigentlich schon Stress, die lieben die trockene Kälte.“ Liegen die Temperaturen darüber, geht die Milchleistung zurück – zumal der Stoffwechsel verlangsamt wird, wenn die Tiere weniger Futter aufnehmen. Eben dieses Futterproblem stellte die Tiere und Milchbauern vor weitere Probleme. Durch die Hitze und Trockenheit sank der Nährstoffgehalt des Grases.
Wie man nun im nächsten Jahr vorgehen soll, falls es wieder einen ähnlich heißen Sommer gibt, ist Jörg-Peter Steilen noch völlig unklar. „Uns fehlen einfach die Erfahrungswerte. Vielleicht bauen wir statt Mais teilweise Hirse oder andere Gräser an, die mit den klimatischen Bedingungen besser zurechtkommen und weniger Wasser brauchen.“ Eine konkrete finanzielle Entschädigung vonseiten der Bundesregierung sei bislang nicht greifbar: „Mein Berater hat mir gesagt, man kann noch nicht mal das Formular dafür herunterladen.“
Jan-Henrik Schöne geht erst einmal nicht davon aus, dass es erneut zu einem derart trockenen Sommer in den erlebten Dimensionen kommen wird. „Richtig vorbereiten kann man sich darauf leider nicht. Meiner Kenntnis nach gab es zuletzt 1959 einen so trockenen Sommer“, sagt Schöne, der froh ist, dass er keine Jungtiere verkaufen musste. „Wir leben vom Prinzip Hoffnung. Aber zum Glück ist mein Hof fast direkt neben der Kirche, da hab ich einen guten Draht nach oben“, frotzelt Jörg-Peter Steilen.
Im Garten gibt es immer was zu tun. Unsere Redakteurin Patricia Brandt begleitet das Gartenjahr mit einem Augenzwinkern in ihrer Kolumne. Inzwischen ist die 100. WESER-KURIER-Gartenkolumnen erschienen. Sie schildert die Ängste und Sorgen des Hobbygärtners und nimmt Marotten auf die Schippe.
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