
Um Auto fahren zu dürfen, muss der Fahrer mindestens 18 Jahre alt sein und einen Führerschein besitzen. Radverkehr ist für alle Menschen möglich. Deshalb müsse die Nahmobilität für den Radverkehr gestärkt werden, fordert Swantje Michaelsen. Die Vertreterin des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs (ADFC) referierte auf Einladung der Bürgermeisterkandidatin Brigitta Rosenow in einem Online-Chat über sozial gerechte Mobilität und die Steigerung der Sicherheit für alle Verkehrsteilnehmer.
20 Interessierte versammelten sich in dem virtuellen Raum. Nach den Ausführungen der ADFC-Expertin debattierten sie über vorhandene und wünschenswerte Infrastruktur der Gemeinde Lemwerder. Das Rad wird als Fortbewegungsmittel im Speckgürtel einer Großstadt unterschätzt, ist Swantje Michaelsen überzeugt. Diskutiert wird zumeist nur über Maßnahmen im städtischen Raum. Doch die Radexpertin stellt fest: „Verkehrswende kann man überall machen.“
Um Menschen für das Radfahren zu gewinnen, brauche es allerdings eine neue Aufteilung der Verkehrsfläche. „Menschen fahren dann Fahrrad, wenn die Infrastruktur sie dazu einlädt.“ Geeignete Maßnahmen müssten dabei nicht teuer sein, betonte die ADFC-Vertreterin.
Der Ist-Zustand in Deutschland begünstigt laut Michaelsen den Automobilverkehr. Die von den – bislang überwiegend männlichen – Verkehrsministern geschaffene Infrastruktur sei zudem stark auf die Mobilität von Männern ausgerichtet. Männliche Mobilität sei eindimensional, so die Referentin: Vom Haus zur Arbeitsstätte und zurück. Mehr als die Hälfte der Bevölkerung setze sich aber aus Frauen, Kindern und nicht mehr berufstätigen Senioren zusammen. Eine Gruppe, die zumeist mehrdimensional unterwegs sei, auf kürzeren Strecken in unterschiedliche Richtungen – zur Kita, zum Arzt, zum Sport oder zum Einkaufen.
Swantje Michaelsen unterteilt die Menschen in vier Radfahrer-Gruppen: die starken und furchtlosen (0,5 Prozent), die begeisterten und überzeugten (6,5 Prozent), die interessierten, aber besorgten Radfahrer (60 Prozent) und die Verweigerer (33 Prozent). Der großen Gruppe Interessierter, aber Besorgter gelte es Angebote zu unterbreiten, damit sie aufs Rad umstiegen.
Swantje Michaelsen spricht sich dafür aus, mit dem Ausbau der Nahmobilität zu beginnen. 40 Millionen Autofahrten fielen in Deutschland pro Tag kürzer als zwei Kilometer aus. Sie gelte es zu ersetzen. Wer bislang kein Rad gefahren sei, fange nicht mit langen Fahrradschnellwegen an, sondern mit dem kurzen Weg zum Sport oder zum Einkaufen, weiß die ADFC-Vertreterin.
Eine einladende Infrastruktur bietet Radfahrern Platz und Vorrang, sagt Swantje Michaelsen. In einem Auto sitzen die Reisenden nebeneinander und können sich unterhalten. Radfahrer müssten hingegen hintereinanderfahren. Gespräche ließen sich so kaum führen. Auf ausgewiesenen Fahrradstraßen dürfen die Pedalisten nebeneinander fahren. Das trägt zum Wohlbefinden bei. Mehr Platz könne eine Kommune Radlern auch dadurch gewähren, indem sie dem motorisierten Verkehr nur auf einer Straßenseite das Parken erlaube.
Komfortabel werde es für Radfahrer, wenn sie Vorrang vor dem motorisierten Verkehr erhielten. Rote Markierungen auf Straßenkreuzungen könnten den Zweirädern Vorfahrt einräumen, berichtet Michaelsen. In den Niederlanden wiesen Verkehrsschilder Autofahrer auf Fahrradstraßen (die sie durchaus benutzen dürfen) als Gäste aus.
Es gehe nicht darum, den Kraftfahrzeugverkehr auszusperren, sagt die ADFC-Vertreterin. Ihm solle nur der Nahverkehr erschwert werden, damit es sinnvoll wird, aufs Fahrrad zurückzugreifen. Sogenannte modale Filter würden helfen, unerwünschte Verkehrsarten herauszufiltern. Der häufigste Filter seien Verkehrszeichen. Diese regeln den Verkehr ohne bauliche Straßenveränderung – könnten von den Verkehrsteilnehmern aber auch leicht ignoriert werden.
Um beispielsweise Wohnquartiere vom Schleichverkehr und Straßen vom flotten Durchgangsverkehr zu befreien, könnten Poller aufgestellt werden. Sie ermöglichen Radfahrern das Durchkommen, zwingen den motorisierten Verkehr aber zu Umwegen. Auch Autofahrer kämen so ans Ziel, nur eben auf Umwegen. In ihrer Heimatstadt Hannover sei in einem Wohnquartier eine „Digitalsperre“ errichtet worden, die ein Durchkommen für Autofahrer von einer Hauptstraße zur nächsten mithilfe von Pollern unmöglich macht. Radfahrer können passieren. Als Schleichweg ist das Wohnquartier für Autofahrer nun uninteressant und die Geschwindigkeit auf der Straße erheblich geringer. Modale Filter seien schnell umsetzbar und preiswerte Mittel der Verkehrsberuhigung.
Mithilfe gut konzipierter Verkehrsinseln könnten zudem Ampeln überflüssig werden, sagt Swantje Michaelsen. Verkehrsinseln ermöglichten es den Radfahrern, Straßen in zwei Etappen zu überqueren. Um mehr Menschen zum Radfahren zu motivieren, seien ferner gut gesicherte Abstellmöglichkeiten wichtig, sagt Swantje Michaelsen. Als Stichpunkte nannte sie Fahrradboxen und Fahrradparkhäuser. „Wir müssen die Verkehrsfläche neu verteilen“, fordert die ADFC-Expertin.
Als Grünen-Politikerin liegt Gastgeberin Brigitta Rosenow die Stärkung des Radverkehrs am Herzen. Die dreifache Mutter habe oft Taxi spielen müssen. Weil Lemwerders Straßen nicht so ausgebaut sind, wie sie es sich für Rad fahrende Kinder und Jugendliche wünsche, sagt Rosenow. Aus Bardewisch kommend müsse auf dem Weg ins Ortszentrum unter anderem in Höhe der Lechterseite ohne Hilfsmittel die Landesstraße 885 gequert werden. Dem neuen Kreisverkehr am geplanten Gewerbegebiet Edenbüttel II sieht sie mit Unbehagen entgegen. „Weil sich der Kreisel außerorts befindet, hat der Autoverkehr Vorfahrt.“ Der einstimmig über Parteigrenzen hinweg geäußerte Wunsch, dem Fußgänger- und Radverkehr Vorrang einzuräumen, sei bei der Verkehrsbehörde in Hannover auf taube Ohren gestoßen.
Obwohl er die Notwendigkeit für einen besseren Fahrradnahverkehr sah, wünschte sich ein Teilnehmer auch einen Ausbau der Radwanderwege. Nicht nur materiell, sondern auch virtuell. Er vermisse beispielsweise Werbung für die farbenfrohe, rund einen Kilometer lange Freiluft-Galerie entlang des Weserradwegs in Lemwerder. Ein weiterer Teilnehmer sprach sich für eine überdachte Wartefläche am Fähranleger sowie eine Unterstellmöglichkeit für Radfahrer auf den Fährschiffen aus.
Im Garten gibt es immer was zu tun. Unsere Redakteurin Patricia Brandt begleitet das Gartenjahr mit einem Augenzwinkern in ihrer Kolumne. Inzwischen ist die 100. WESER-KURIER-Gartenkolumnen erschienen. Sie schildert die Ängste und Sorgen des Hobbygärtners und nimmt Marotten auf die Schippe.
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ja so lange debattieren, darin sind wir ganz groß.