
Die Jacobs University in Grohn hat mit Professor Antonio Loprieno einen neuen Präsidenten gefunden. Eine Kommission hatte seit August einen Nachfolger für Michael Hülsmann gesucht, der die Privatuniversität nach sechs Jahren im Führungsstab zum Jahresende ohne Begründung verlässt. Loprieno erwartet in Bremen-Nord eine Vielzahl von Herausforderungen: Die Jacobs University hat unverändert Finanzprobleme und platzt zudem aus allen Nähten: Im Wintersemester 2019/2020 wollen 1570 junge Menschen aus mehr als 120 Ländern auf dem Campus studieren. So viele wie nie zuvor.
„Professor Loprieno ist die perfekte Besetzung für diese Position. Er wird den erfolgreichen Wachstumskurs der Jacobs University fortsetzen und ihr akademisches Profil weiter schärfen“, sagt Lavinia Jacobs, Vorsitzende des Aufsichtsrats (Board of Governors) der englischsprachigen Universität, am Dienstag. Der Aufsichtsrat hatte sich bereits im November einstimmig für Loprieno entschieden.
Für den 1955 in Italien geborenen Schweizer ist der Campus in Grohn kein Neuland: Seit August 2018 war Mitglied im Board of Governors der Jacobs Universität. „Als Aufsichtsratsmitglied konnte ich sehr genau verfolgen, dass die Jacobs University im europäischen Hochschulmarkt eine einzigartige Position einnimmt“, wird Loprieno zitiert. Ab 1. Dezember wird er die Präsidentschaft übernehmen. Er freue sich auf die „inspirierende Herausforderung. Die Jacobs Uni sei gut aufgestellt, um weitere akademische Erfolge zu erzielen – „bei gleichzeitig wirtschaftlicher Nachhaltigkeit.“
Antonio Loprieno studierte an der Universität Turin in Italien Ägyptologie, Sprachwissenschaft und Semitistik. In den 1980er Jahren lehrte er an verschiedenen europäischen Universitäten, darunter an der Universität Göttingen und der Universität Perugia in Italien. Er war Professor für Ägyptologie an der University of California (UCLA) und später Professor an der Universität Basel, die er von 2006 bis 2015 als Rektor führte. Von 2008 bis 2015 war Loprieno zudem Präsident der Schweizerischen Rektorenkonferenz. Seit Mai 2018 ist er Präsident der Schweizer Akademien der Wissenschaften und Präsident des europäischen Dachverbandes der Akademien der Wissenschaften.
Er ist bereits der sechste Präsident der noch jungen Universität. Sie wurde als International University Bremen (IUB) 1999 von dem inzwischen verstorbenen Gründungsdirektor und erstem Präsidenten Fritz Schaumann gegründet. Schaumann gelang es, den Großmäzen Klaus J. Jacobs und die Jacobs Stiftung als Geldgeber für die Universität zu gewinnen. Auf Schaumann folgte 2006 Joachim Treusch. Der Wissenschaftsmanager und Physiker aus Dortmund brachte 200 Millionen Euro als Spende der Jacobs-Foundation zum Amtsantritt mit. Ihr schlechtestes Geschäftsjahr erlebte die Uni 2012 unter Präsident Heinz-Otto Peitgen, bis dahin Mathematik-Professor an der Uni Bremen. Das Minus betrug 32,3 Millionen Euro. Peitgen trat wegen unterschiedlicher Auffassungen zwischen ihm und dem Aufsichtsrat zurück und wurde nach elf monatiger Amtszeit von der zweiten Geschäftsführerin Katja Windt abgelöst.
Von 2014 an machte sich Windt zusammen mit dem früheren Geschäftsführer Michael Hülsmann an einen Stellenabbau und eine akademische Neuausrichtung der Uni. Windt ist inzwischen Geschäftsführerin eines Unternehmens für Anlagenbau in Düsseldorf, warum ihr Nachfolger Hülsmann nun ging, bleibt offen. Eine offizielle Begründung der Uni gibt es nicht. Nur ein Dank dafür, dass Hülsmann die Einrichtung mit Leidenschaft und Energie auf einen zukunftsweisenden Wachstumskurs gebracht habe.
Hülsmann selbst war für ein Gespräch in den vergangenen Monaten nicht bereit. In einem Brief an die Alumni, der der Redaktion vorliegt, schreibt Hülsmann: „Ich gehe, weil ich fest davon überzeugt bin, dass unsere Universität für die nächste strategische Phase, die mehr akademischen Charakter haben muss, Freiräume für die Entwicklung braucht.“
Unter Katja Windt wies die Bilanz der Jacobs University für 2017 ein Minus von 790 000 Euro aus. Die Uni-Leitung hatte zu diesem Zeitpunkt zwar gerade erst die Übernahme eines 45-Millionen-Euro-Kredits vom Bremer Senat angenommen, sah sich aber dennoch auf Erfolgskurs. Laut Jahresbericht konnte das Geschäftsergebnis zum vierten Mal in Folge vor allem durch ein Plus an Studenten verbessert werden. Das Minus schrumpfte im Vergleich zum Vorjahr um eine Million Euro.
Ob Michael Hülsmann ein Minus hinterlässt, ist derzeit noch offen. Der Jahresabschluss für 2018 liegt noch nicht vor. Schon jetzt steht aber fest, dass mehr Studenten als je zuvor an der englischsprachigen Uni studieren wollen. Die Uni kann zudem auf vordere Platzierungen in internationalen Hochschulrankings verweisen. Laut des kürzlich veröffentlichten „Times Higher Education (THE) World University Rankings“ zählt die Jacobs University zu den 25 Prozent der besten Universitäten weltweit. Im Ranking sind in diesem Jahr fast 1400 Universitäten aus aller Welt vertreten.
Die Uni spricht mittlerweile von einem Rekordwachstum. Zum Semesterbeginn 2019/2020 sind exakt 613 neue Studierende registriert - die bislang größte Gruppe von Erstsemestern in der Geschichte der Jacobs University. Davon sind 407 Bachelor-Studierende. Die Bachelor-Programme der Uni mit 1015 Studierenden bilden den Schwerpunkt der Einrichtung.
Insgesamt lernen im aktuellen Wintersemester 1570 Studierende auf dem Campus. Besonders beliebt sind die Bachelor-Studiengänge Informatik (Computer Science), Wirtschaftsingenieurswesen und -management (Industrial Engineering and Management) sowie Biochemie und Zellbiologie (Biochemistry and Cell Biology).
Die Mehrzahl der Studierenden – 18 Prozent – kommt aus Deutschland, gefolgt von Indien (neun Prozent) und Pakistan (sechs Prozent). Fünf Prozent aller Studierenden kommen aus China, vier Prozent aus USA.
Noch kann die Uni nicht mit ihrem eigenen Wachstum Schritt halten. Wegen der Wohnungsengpässe übernachteten einige Studenten in der Vergangenheit in Bremer Hotels und im Wohnheim „The Fizz“ an der Uni Bremen. Aktuell wohnen 1000 Studenten auf dem Campus. Bis Ende des Jahres will die Uni die Wohnmöglichkeiten erweitert haben. Das soll mit dem Umbau des ehemaligen Verwaltungsgebäudes Research V nahe der Uni-Bibliothek gelingen. Erste Teile sind fertiggestellt, rund 70 Betten stehen zur Verfügung. Derzeit laufen weitere Umbauten.
Im Dezember soll das „Guest House“ mit 50 Betten bezugsbereit sein. Mit der Fertigstellung wird die Jacobs University innerhalb eines Jahres über 130 Wohnmöglichkeiten auf dem Campus neu geschaffen haben. Trotzdem werden rund 100 Master-Studierende im Wohnheim „The Fizz“ Bremen wohnen bleiben.
Dass nun ein weiteres College auf dem Campus entsteht, bedeutet nicht das Ende der Überlegungen eines Neubaus in der Nachbarschaft. Nach den Worten des Uni-Sprechers würde das Vorhaben weiterbetrieben, ein oder zwei Collegehäuser angrenzend an den Campus zu bauen. „Im Januar werden wir … einen erhöhten Zimmerbedarf haben“, sagt Uni-Sprecher Heiko Lammers. „Diesen werden wir sowohl durch die erhöhten On-Campus Kapazitäten als auch durch eine Aufstockung der ‚Off-Campus Kapazitäten‘ abdecken können.“ Die sogenannten Off-Campus Kapazitäten sind weiterhin das „Fizz“. Aber zum Beispiel auch erneut das Hotel Atlantic in Vegesack.
|
Im Garten gibt es immer was zu tun. Unsere Redakteurin Patricia Brandt begleitet das Gartenjahr mit einem Augenzwinkern in ihrer Kolumne. Inzwischen ist die 100. WESER-KURIER-Gartenkolumnen erschienen. Sie schildert die Ängste und Sorgen des Hobbygärtners und nimmt Marotten auf die Schippe.
Welcher Verein wann in Bremen oder der Region spielt und wie die Begegnung ausgegangen ist, erfahren Sie in unserem Tabellenbereich. Auch die Ergebnisse der Spiele der höheren Ligen finden Sie dort.