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Das Festival Maritim zieht Tausende von Menschen an. Shanty-Chöre aus der ganzen Welt geben sich auf Vegesacker Plätzen und in den Straßen ein Stelldichein. Das bedeutet aber nicht, dass die Nordbremer Shanty-Chöre und die der Umlandgemeinden sich vor Mitgliedern nicht retten können: Sie haben Nachwuchssorgen.
Die maritimen Lieder werden auf Plattdeutsch, Hochdeutsch oder auf Englisch vorgetragen. Gitarre und Akkordeon erklingen zumeist als instrumentale Begleitung. Der Ursprung der Lieder liegt in schwerer körperlicher Arbeit: Wenn Handels- und Fischfangschiffe ihre Anker hievten, Segel setzten oder auch be- und entladen werden mussten, unterstützten und koordinierten die Seeleute das mit Gesang. In den Texten geht es meist um die Ferne, um die Sehnsucht nach dem Zuhause und die Schönheit des weiten Meeres.
In Begegnungsstätten sind die Auftritte der Shanty-Chöre beliebt und begehrt. Doch die traditionelle Musik aus längst vergangenen Zeiten, die zum Schunkeln und Mitsingen animiert, bewegt immer weniger Menschen dazu, einem Chor beizutreten. In Bremen-Nord und dem Umland sind darum die Chöre von Nachwuchssorgen geplagt. Die Mitgliederzahlen gehen zurück oder stagnieren.
„Jugendliche haben kaum Lust auf diese Art von Musik“, sagt Manfred Beckmann, Vorsitzender des Beckedorfer Schifferknotens. Seemannslieder zu singen, dazu haben fast nur noch ältere Menschen Lust. Doch je älter sie werden, desto weniger belastbar sind sie, und der Nachwuchs rückt nicht nach – Shanty-Chöre machen sich Sorgen über ihre Zukunft.
„Bei uns sieht es mit dem Nachwuchs ganz schlecht aus, und die Mitgliederzahlen sind rückläufig“, sagt Manfred Beckmann. „In Zukunft wird uns wohl nichts anderes übrig bleiben, als mit anderen Shanty-Chören zu fusionieren.“ Doch ob das reibungslos klappt, sei fraglich, schließlich sei das Repertoire der Chöre verschieden, ebenso wie die Musikgeschmäcker von Chor zu Chor. „In die Schlager-Richtung wollen wir auf keinen Fall gehen“, sagt Beckmann.
„Die große Zeit der Shanty-Chöre ist vorbei“, meint auch Bertram Kittel vom Schulschiff Deutschland Chor in Vegesack. „Junge Leute wollen nicht mehr durch viele Auftritte gebunden sein und vor allem nicht mehr auswendig lernen." In seinem Chor mangele es vor allem an Instrumentalisten, und unter ihnen besonders an Akkordeonspielern. „Leute, die Gitarre spielen können, gibt es öfter mal, aber das Akkordeon, ein so schönes Instrument, ist in Vergessenheit geraten“, sagt Kittel. Er sieht die Defizite bereits im Musikunterricht in den Grundschulen, wo kaum noch Volkslieder gesungen werden. „Und später hören die Kids nur noch harte Musik mit Bässen und können mit den maritimen Liedern wenig anfangen.“
„Unsere Mitglieder sind in die Jahre gekommen und können das lange Stehen bei den Aufführungen oft nicht mehr durchhalten“, sagt Kittel. Um zwei Stunden zu singen oder zu spielen, müsse man körperlich fit sein. Dazu komme im Sommer die Hitze, wenn man draußen stehe, und auch die Busfahrten zu Auftritten, wie jüngst in Saarbrücken oder Usedom, seien anstrengend.
Kittel empfiehlt, dass die Ehefrauen ihre Männer zum Musizieren im Shanty-Chor animieren, aber er überlege, ob die Chöre nicht auch Frauen in ihre Reihen aufnehmen sollten – in eine bisher fast nur von Männern geprägte Gemeinschaft. Das aktive Mitmachen im Shanty-Chor stelle keine großen Anforderungen, und wir haben derzeit Anfragen ohne Ende“, sagt Bertram Kittel. Man müsse auch nicht zur See gefahren sein, um aufgenommen zu werden, geht er auf ein oft gehörtes Vorurteil ein. „Noch gibt es acht bis neun Shanty-Chöre in Bremen, doch in zehn Jahren wird es so manchen Chor wohl nicht mehr geben“, vermutet Bertram Kittel.
Beim Schifferchor Rekum sind die Mitgliederzahlen stabil, aber stagnierend, gibt der Vorsitzende Johann Gloestein Auskunft. „Wir haben noch etwa 35 Aktive in unseren Reihen, doch um den Nachwuchs ist es schlecht bestellt.“ Auch beim Schifferchor Rekum sind es vor allem Rentner, die in die Jahre gekommen sind und denen das Alter zu schaffen macht. „Im Durchschnitt sind die Sänger und Instrumentalisten bei uns um die 70 Jahre alt, und nach einer Stunde Auftritt müssen wir immer zehn Minuten Pause machen“, sagt Gloestein.
Er sieht das Problem fehlenden Nachwuchses vor allem darin, dass viele gar nicht wissen, wie viel Abwechslung das Mitmachen biete: „Wir machen ständig Touren, auch ins Ausland, und viele Rentner wollen doch im Alter noch beschäftigt sein – bei uns können sie den großen Spaß am gemeinsamen Musizieren erleben.“
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Im Garten gibt es immer was zu tun. Unsere Redakteurin Patricia Brandt begleitet das Gartenjahr mit einem Augenzwinkern in ihrer Kolumne. Inzwischen ist die 100. WESER-KURIER-Gartenkolumnen erschienen. Sie schildert die Ängste und Sorgen des Hobbygärtners und nimmt Marotten auf die Schippe.
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