Dörverden. 1746 hat der Alte Fritz den ersten Kartoffel-Befehl erlassen. Vor dem Hintergrund der Hungersnot in Pommern verfügte der Preußenkönig damals, dass in seinen Provinzen Erdäpfel als Nahrungsmittel angebaut werden. Und genau um die dreht es sich wieder beim Dörverdener Kartoffelmarkt am vierten Sonntag im September.
Eingeläutet wird das herbstliche Spektakel am 23. September um 10 Uhr von einem plattdeutschen Gottesdienst. Gestaltet wird dieser von Prädikantin Ursula Menzel aus Eystrup. Nach der offiziellen Markteröffnung können sich die Sonntagsausflügler dann in aller Ruhe an den verschiedenen Ständen umsehen. Die Barmer Kartoffelbäuerin Hella Schünemann gehört schon fast zum Inventar auf dem Markt. Sie bringt wieder frische Erdäpfel aus dem hellen Barmer Sandboden mit nach Dörverden. „Unser Barmer Sandboden ist ein optimaler Kartoffelboden“, schwärmt sie von den idealen Standortbedingungen für die tolle Knolle im Dörverdener Süden. Im Frühjahr kommen die vorgekeimten Kartoffeln bei ihr traditionell in die Erde. „Wir pflanzen sie immer noch von Hand, weil wir noch keine Maschine gefunden haben, die es ebenso gut macht.“ Haben die Erdäpfel nach der Blüte die gewünschte Reife erreicht, werden sie schließlich gerodet.
Wegen der monatelangen Dürre rechnen die deutschen Kartoffelbauern in diesem Jahr allerdings mit einem geringeren Ertrag und Preissteigerungen von bis zu 30 Prozent. Nach Ansicht der Landwirte werden Pommes und Chips nicht nur teurer, sondern zum Leidwesen der Verbraucher auch noch kleiner und kürzer. Der Grund: Weil es gerade an den für die Pommes-Produktion doch so wichtigen Knollen in Übergröße mangelt, kommen in diesem Jahr eben verstärkt kleinere Kartoffeln zum Einsatz.
Ein Mittag- oder Abendessen ohne Kartoffeln ist für viele Menschen nichts Halbes und nichts Ganzes. Obwohl der Erdapfel zu den beliebtesten Nahrungsmitteln der Deutschen gehört, handelt es sich dabei ursprünglich um einen Import aus Südamerika. Egal, ob als Pommes, Kartoffelsuppe, als -brot oder -chips, -Puffer, -Brat- oder Rosmarinkartoffeln – die tolle Knolle präsentiert beim Dörverdener Kartoffelmarkt einmal mehr ihre gesamte Bandbreite. Aber auch sonst kommen die Besucher dort kulinarisch gesehen wieder voll auf ihre Kosten: Die Aktionsgruppe Rauchforellen wirft den Ofen an, und die Mitglieder der Kräutergruppe verwöhnen die Gäste mit Köstlichkeiten aus dem Garten der Natur. Warper Käse, Süstedter Pilze und Intscheder Eis werden natürlich auch wieder verkauft. Und nachmittags können sich die Kartoffel-Fans bei Kaffee und Kuchen im Kulturcafé stärken.
Der Roder läuft noch wie geschmiert
Wie wurden eigentlich früher Kartoffeln geerntet? Die Mitglieder der Aktionsgruppe Alteisenfreunde um Manfred Riewe demonstrieren den Besuchern beim Kartoffelmarkt traditionell ihre nostalgischen Schätzchen. Sei es nun der Schwingketten-Roder aus den Fünfzigern oder die von Hand betriebene Sortiermaschine aus den Vierzigern, die selbst heute noch wie geschmiert funktioniert. Und die Frauen aus der neuen Aktionsgruppe Spinnstuv demonstrieren, wie Schafwolle für Socken gesponnen wird. Die Lütten können sich dagegen beim Kartoffelmarkt wieder auf der Hüpfburg verausgaben oder mit dem Bungee-Jumper durch die Luft wirbeln lassen. Fortuna herausgefordert wird wie immer am Glücksrad.
Wer sich beim Dörverdener Kartoffelmarkt und den örtlichen Landwirten umsieht, stellt schnell fest, dass der Kartoffelbefehl des Preußenkönigs im Aller-Weser-Dreieck mehr als gefruchtet hat. So genannte „Knollenprediger“, also Pastoren, die früher für den Anbau von Erdäpfeln warben, hätten in der Region heutzutage nur wenig zu tun.
„Alle Sorten, die bis zum 20. August geerntet werden, heißen Frühkartoffeln“, klärt die Barmer Kartoffelbäuerin auf. Doch wie verwandelt sich die tolle Knolle eigentlich in einen Chips? „Waschen, hobeln, frittieren, würzen“, fasst Hella Schünemann kurz und knackig zusammen.
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