Landkreis Oldenburg. Wie bereits im Mai dieses Jahres ist der Kreisverband Oldenburg-Land des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) offenbar erneut in einen finanziellen Engpass geraten. Nach Informationen unserer Zeitung sollen Mitarbeiter bislang weder das November-Gehalt noch das Weihnachtsgeld erhalten haben. Die derzeitigen Schwierigkeiten waren am Mittwochabend Thema einer gesonderten Mitarbeiterversammlung, wie Michael Venzke, hauptamtlicher Vorstand des Kreisverbandes, auf Nachfrage bestätigte. Ob und wann die November-Gehälter inklusive Jahressonderzahlung gezahlt werden und ob auch die Dezember-Gehälter gefährdet sind, dazu wollte sich Venzke nicht äußern.
„Die Mitarbeiterversammlung hat in einer ruhigen und zielorientierten Atmosphäre stattgefunden. Neben der Informationsweitergabe bot die Veranstaltung Raum für die Mitarbeiter, ihren Unmut und die verständlichen Sorgen und Ängste über die aktuelle Situation zu kommunizieren“, erklärte Venzke. „Es wurde die aktuelle Situation dargestellt, mögliche Lösungsansätze offengelegt und die weitere interne Kommunikation zwischen Vorstand und Mitarbeitern abgestimmt.“
Ob und welche Auswirkungen die finanziellen Engpässe möglicherweise auf die verschiedenen Dienstleistungsbereiche des DRK haben, wird derzeit vom Vorstand nur zum Teil beantwortet. „Die ehrenamtliche Arbeit unserer Helfer wird unbeachtet der weiterhin angespannten Situation des Kreisverbandes mit der vom DRK gewohnten Qualität in den Aufgabenfeldern der Ortsvereine erbracht“, betonte Venzke. Hierzu würden unter anderem die Sicherstellung des Katastrophenschutzes und die Beteiligung an der Schnelleinsatzgruppe (SEG) des Landkreises zählen. Auch die Betreuung der Blutspendetermine und der Sanitätsdienste, wie etwa im Weserstadion, beim Jugendrotkreuz und in der Seniorenarbeit seien weiterhin sichergestellt. Fraglich bleiben in diesem Zusammenhang allerdings die Leistungen in den hauptamtlichen Bereichen.
Tochtergesellschaften nicht betroffen
In keiner Weise von den Finanzproblemen betroffen sind nach Auskunft Venzkes dagegen die Tochtergesellschaften. Dazu gehören das Seniorenzentrum in Harpstedt, das Zentrum für Integration und Bildung (ZIB) sowie die Betreuungsdienste Oldenburg-Land.
„Wir arbeiten seit einiger Zeit sehr intensiv an einer Lösung und sind dieser durch unsere bisherigen Anstrengungen ein gutes Stück näher gekommen. Zu weiteren Details können wir aufgrund laufender Gespräche derzeit keine Angaben machen“, teilte Venzke mit. Sowohl der hauptamtliche Vorstand als auch die Mitglieder des Aufsichtsrates seien jedoch weiterhin zuversichtlich, ein baldiges, für den Kreisverband positives Resultat vorlegen zu können.
Erst im Mai dieses Jahres hatte der Kreisverband die Gehälter von rund 100 Mitarbeitern erst verspätet gezahlt. Betroffen waren seinerzeit die Ortsvereine Ganderkesee, Hude, Wardenburg und Wildeshausen. Die Belegschaft des DRK Harpstedt war dagegen aufgrund rechtlicher Eigenständigkeit von der Problematik nicht berührt. Begründet hatte Venzke den damaligen finanziellen Engpass mit einer Phase der Umstrukturierung, „in der so etwas schon mal vorkommen kann“. Ein vom übergeordneten Landesverband in Aussicht gestellter Kredit zur Überbrückung der Liquiditätsschwierigkeiten war nicht zustande gekommen. Laut Medienberichten hatte Dieter Holzapfel, Geschäftsführer des DRK-Landesverbandes, nach Akteneinsicht von Wirtschaftsprüfern keine hinreichende Perspektive gesehen und auch eine Insolvenz des Kreisverbandes nicht mehr gänzlich ausgeschlossen. Venzke selbst hatte zum damaligen Zeitpunkt etwaige Insolvenz-Gefahren dementiert.
Zu möglichen Ursachen der Finanzkrise wollte sich der hauptamtliche Vorstand wie schon im Mai nicht im Detail äußern. Ob es sich immer noch um Auswirkungen der 2016 erfolgten Kündigung des Rettungsdienstes durch den Landkreis Oldenburg handelt, bleibt daher offen. Damals wurde der Vertrag nach Bekanntwerden von Unregelmäßigkeiten in mehreren Abrechnungsjahren aufgelöst. Hintergrund war, dass das DRK Leistungen in einer Größenordnung zwischen 300 000 und 500 000 Euro nicht korrekt abgerechnet hatte. Den größten Teil dieser Summe hat das DRK aber inzwischen beglichen. Fakt ist dennoch, dass dem DRK-Kreisverband dadurch seit 2016 ein jährlicher Umsatz in Millionenhöhe verloren gegangen ist.
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