Eltern werden ist nicht schwer, Eltern sein mitunter sehr – das weiß auch Sima Kayser. Sie ist Pädagogin und Familientherapeutin und seit Kurzem erste Ansprechpartnerin der neuen mobilen Beratungshilfe „Zuwachs kommt“. Mit dem Angebot unterstützt der Landkreis ab sofort alle frisch gebackenen Eltern bei Fragen rund um den Nachwuchs. Im Fokus stehen dabei die frühen Lebensjahre des Kindes, vor allem die ersten zwölf Monate. Das Besondere: Die Beratung erfolgt mobil, je nach Wunsch im Haushalt der Eltern oder an einem neutralen Ort in einer der Gemeinden.
Sima Kayser, vorab auch als Hebamme tätig, kennt die Probleme junger Eltern nur zu gut. „Ein Baby bringt enorme Veränderungen mit sich. Eine Herausforderung, die es zu meistern gilt und mitunter auch zu Überforderung und Problemen führen kann“, berichtet sie aus Erfahrung. „Das Kind schläft vielleicht schlecht, weint viel. Es entsteht Streit zwischen den Eltern, einfach aus der Anspannung heraus oder dem Wunsch, alles richtig zu machen“, schildert sie ein nicht seltenes Szenario.
Hinzu kommen laut Kayser viele Fragen: Haben wir eventuell ein Schreibaby? Entwickelt sich unser Kind eigentlich normal, die anderen in der Krabbelgruppe sind schon viel weiter? Mir wächst alles über den Kopf, was soll ich tun? In manchen Fällen reiche die Unterstützung durch die betreuende Familienhebamme dann nicht mehr aus, hat die Pädagogin beobachtet. Dann kommt sie ins Spiel, auch als vorab geschaltete Alternative zu möglichen stationären Hilfen.
In Gesprächen sucht die Familientherapeutin gemeinsam mit den Eltern nach Lösungen, wie der Alltag entspannter gestaltet werden kann, um Entlastung zu schaffen und den Umgang mit dem Baby zu verbessern. „Das können einmalige, aber auch kontinuierliche Besuche sein. Maßgabe ist hier immer der Elternwunsch“, erklärt Kayser. Für alle Gespräche gilt: Sie unterliegen der Schweigepflicht, sind kostenlos, freiwillig und auf Wunsch anonym.
Weg nach Oldenburg zu weit
Träger der neuen mobilen Beratung ist das Kinderschutz-Zentrum Oldenburg. Hier wird Familien mit Säuglingen und Kleinkindern schon seit Längerem erfolgreich geholfen – entsprechend diente das Modell als Vorlage. „Für viele Familien war der Weg nach Oldenburg aber einfach zu weit“, sagt Mareike van’t Zet, Leiterin des Zentrums. Diese Hürde sei mit der Beratung zuhause jetzt weggefallen.
Generell ist allen Akteuren wichtig, das Angebot möglichst niedrigschwellig zu halten. „Wir haben eine große offene Tür“, versichert van’t Zet. „Jede Anfrage von Eltern wird beantwortet.“ Im Mittelpunkt der Beratung stehen dennoch junge Familien mit unter dreijährigen Kindern. Hierbei spielt der präventive Gedanke eine zentrale Rolle. „Die ersten Jahre prägen Kinder fürs ganze Leben“, sagt Familienhebamme Birgitta Oltmanns. Die Basis bilde dabei immer eine gesunde Bindung zwischen Eltern und ihrem Nachwuchs. „Was wir hier an Fehlern vermeiden können, wirkt sich bis ins Erwachsenenalter aus.“
Bestätigen kann dies auch Petra Klarmann, die Eltern direkt im Oldenburger Kinderschutz-Zentrum berät. „Teilweise sind es ganz banale Fragen. Frühzeitige Antworten können hier einiges an negativer Entwicklung verhindern.“ Gute Erfahrungen hat Klarmann mit Videoarbeit gemacht. „Wenn Eltern sich selbst in Interaktion mit dem Kind sehen, wird ihnen so manches bewusst, was allein im Gespräch nur schwer zu vermitteln ist.“
Auch die Kinderärzte im Landkreis stehen hinter dem Projekt, berichtet Beate Pollak, im Landkreis für die Koordination früher Hilfen zuständig. Dies habe eine Befragung ergeben. Künftig werden sie eine Vermittlerposition einnehmen.
Finanziert wird das neue Beratungsangebot vollständig aus Mitteln des Landkreises. „Wir stemmen das ganz ohne EU-Fördergelder“, bestätigt Martin Ahlrichs, Leiter des Jugendamtes, das zur Realisierung des Projekts beigetragen hat. Angesichts von rund 1000 Geburten pro Jahr im Landkreis eine lohnende Investition. Wichtig ist ihm die Vorreiterrolle. „Wie schon bei den Familienhebammen, die wir als einer der ersten Landkreise initiiert haben, möchten wir in der präventiven Arbeit erneut einen Schritt vorausgehen.“
Einen Flyer mit allen wichtigen Informationen zum neuen mobilen Beratungsangebot erhalten Eltern in den Bürgerbüros der Gemeinden sowie in vielen Kinderarztpraxen. Beratungstermine können telefonisch unter der Rufnummer 04 41 / 1 77 88 oder per E-Mail an info@kinderschutz-ol.de vereinbart werden.
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