Borgfeld/Lilienthal/Rotenburg. Geplatzte Premieren, abgesagte Vorstellungen: Die Corona-Pandemie sorgt dafür, dass der Vorhang im Theatersaal nun ganz fällt. Auch kleine Laienschauspielgruppen trifft der Lockdown hart. Manche streichen die Segel schon jetzt für das kommende Jahr. Andere suchen nach Alternativen, um ihr Publikum weiter zu unterhalten. Das Borgfelder Theater am Deich will, sobald es wieder geht, erneut mit den Proben beginnen, teilt Theaterchefin Corinna König mit. Der Theaterverein Hepstedt sagt sein Programm für 2021 hingegen komplett ab. „Wir setzen ein Jahr aus“, berichtet die Theatervereinsvorsitzende Angelika Klindworth auf Nachfrage. Die Klostermoorer Speeldeel sucht zurzeit noch nach einem Alternativ-Programm, berichtet Vereinsvorsitzende Helga Dwortzak. Für alle drei Amateurtheater gilt, sämtliche Proben fallen vorläufig aus.
Gänzlich abgesagt ist nun auch das Zwei-Personen-Stück „Herbstrasen“ im Borgfelder Theater am Deich. „Alle Vorstellungen waren ausverkauft, nun müssen wir die Eintrittsgelder zurücküberweisen“, berichtet Corinna König, die zweite Vorsitzende des Hanseaten-Klub Bremen, der die Bühne betreibt. Das Laienensemble am Lehester Deich trifft es in diesem Jahr besonders hart. Bereits am 20. März musste die angekündigte Premiere von „Figaros Hochzeit“ kurzfristig abgesagt werden. Nun fallen auch die für den Herbst geplanten Vorstellungen ins Wasser. „Wir nehmen wirklich jeden Lockdown mit“, sagt König enttäuscht. Die Schauspielerinnen und Mimen hatten bereits über ein halbes Jahr lang geprobt. „Da gab es viele Tränen“, so König.
Auch, weil Schauspielerin Rebecca Winkler aus beruflichen Gründen im Sommer nach Süddeutschland zog, nachdem sie den Umzug eigens für die geplanten Vorstellungen im Frühjahr noch einmal verschoben hatte. Jonathan Bothe verlässt das Theater am Deich ebenfalls, weil er ein Studium in Oldenburg aufgenommen hat. „Doch wir geben nicht auf“, sagt König optimistisch. „Wenn es im Dezember wieder möglich sein sollte, werden wir erneut mit den Proben zu ,Figaros Hochzeit' beginnen.“
Hoffen aufs neue Jahr
Finanziell kämen die Borgfelder Amateure ganz gut über die Runden, berichtet König. Dank der Zuwendungen aus einem staatlichen Unterstützungsfond, großzügiger Spenden und treuer Vereinsmitglieder stehe der Verein finanziell auf soliden Füßen. Zwar sei davon auszugehen, dass auch im kommenden Jahr für die 99 Plätzen im vereinseigenen Theater am Deich aufgrund der Abstands- und Hygieneverordnung gerade einmal 29 Eintrittskarten pro Vorstellung verkauft werden könnten. Doch ein paar Monate lang könne der Verein die Umsatzeinbußen noch tragen. „2021 wird der Hanseaten-Klub Bremen 75 Jahre alt“, berichtet König. „Da müssen wir doch spielen!“
Im Januar wolle das Ensemble bereits kleine Veranstaltungen im Rahmen des Jubiläums ausrichten. „Wir denken da an ganz kleine Events, um uns bei unseren 70 Mitgliedern, Freunden und Sponsoren zu bedanken.“ Geplant sei unter anderem ein Glühweinabend im Freien.
Die Klostermoorer Speeldeel sei zurzeit auf der Suche nach einem alternativen Programm für Februar und März 2021, sagt Vereinsvorsitzende Helga Dwortzak. „Wir wollen unser Publikum weiter unterhalten, in trockenen Tüchern ist aber noch nichts.“ Das Laienensemble überlege, kleine Sketche und kurze Einakter aufzuführen. „Außerdem wollen wir Beckers ja weiter unterstützen“, sagt Dwortzak. Die Diele des Frankenburger Gasthauses biete dem Ensemble seit Jahren eine geräumige Bühne.
Angelika Kindworth hat bereits alle Termine im Gasthof Blanken abgesagt, berichtet die Chefin des Theatervereins Hepstedt. Alljährlich würde das Ensemble eigentlich im Februar ein Stück aufführen. „Im kommenden Jahr fällt alles aus. Wir hatten zum Glück noch nichts geplant und können uns auch nicht vorstellen, dass wir in diesem Jahr noch zu Proben zusammenkommen“, sagt Klindworth klar. Im laufenden Jahr hätten sie Glück gehabt. „Wir konnten im Februar noch alle zwölf Vorstellungen spielen.“
Für die Jubiläumsproduktion im Theater am Deich sind die Vorbereitung indes schon getroffen. „Figaros Hochzeit“ soll nun im kommenden März endlich Premiere feiern. Der Klassiker von Pierre Augustin Caron aus dem 18. Jahrhundert sei dabei nicht als Oper, sondern als Bühnenstück geplant, erzählt Corinna König. Das Stück spiele vor der Französischen Revolution, in einer Zeit, als die Gesellschaftsordnung des Ancien Régime bereits kippte. Erzählt werde der Konflikt zwischen Adel und Bürgertum.
Das Ensemble habe sich für eine sehr klassische Inszenierung mit opulenten Kostümen und großer Besetzung entschieden. Das sei für die Jubiläumsproduktion besonders passend. Neun Mimen werden auf der Bühne stehen. Das Stück sei witzig und turbulent, laut König „ganz großes Theater.“
75 Jahre Hanseaten-Klub
Der Hanseaten-Klub Bremen feiert 2021 sein 75-jähriges Jubiläum. Er war 1946 der erste unter der damaligen amerikanischen Besatzungsmacht genehmigte Jugendklub Bremens. Hier versammelten sich 25 Gruppen aus Sport und Kultur – bis hin zur „allgemeinen Geselligkeit“, heißt es in der Vereins-Historie. Heute fungiert der Hanseaten-Klub Bremen vor allem als Träger des Theaters am Deich. Anfang der 1960er-Jahre wurde der Spielbetrieb aufgenommen. Allerdings zunächst als Amateur-Wanderbühne, mit Gastspielen im In- und Ausland. Doch die Kosten für Bühnenbau und Kulissentransport überstiegen das Budget des Hanseaten-Klub Bremen. Anfang der 1980er-Jahre entschloss man sich, das Proben- und Vereinsgebäude am Lehester Deich in eine feste Spielstätte umzubauen.