
Balve. Deutsche Meisterschaft der Springreiterinnen in Balve, finale Prüfung: Julie Mynou Diederichsmeier geht als letzte Reiterin in den Parcours. Die Ausgangslage ist einfach: Ein fehlerfreier Ritt in der Zeit bedeutet DM-Gold für sie, ein Zeitfehler Stechen, ein Abwurf das Platzen des großen Traums. Die ersten Sprünge – ohne Probleme. Dann die Mauer leicht touchiert, aber alles bleibt liegen. Es folgt die Dreierkombination, ein Raunen geht durch das Stadion, denn Diederichsmeier hat Schwierigkeiten, die Null hat jedoch weiter Bestand.
Ein Kamerawechsel folgt und im Fernsehbild erscheint Mynou's Schwester Mylene Diederichsmeier, die gar nicht hinsehen mag vor lauter Aufregung und sich hinter Lebensgefährte Carsten-Otto Nagel versteckt. Wieder wechselt das Bild und Mynou hat zusammen mit Carlucci nur noch fünf Hindernisse vor sich. Als vorletztes steht der Steilsprung mit 1,55 Meter Höhe an – das Gespann meistert nun alles souverän. Und daher legt sich bereits vor dem dem abschließenden Oxer auch der TV-Moderator fest: „Es wird die Deutsche Meisterschaft, es wird die Goldmedaille für Julie Mynou Diederichsmeier.“
Und als er diesen Satz beendet hat, landet das Gespann auf dem Boden. Keine Stange ging zu Boden, keine Zeitfehler erscheinen auf der Anzeigentafel. Julie Mynou Diederichsmeier reißt die Arme zum Jubel nach oben, Carlucci bekommt anschließend seine wohlverdienten Klapser von seiner Reiterin und dann werden die beiden langsam langsamer. Nun setzt das erste zaghafte Begreifen ein, nun folgt die erste Emotionswelle. Und Julie Mynou Diederichsmeier wird davon übermannt.
Raus aus dem Stadion und ab auf den Abreiteplatz. Mit dicken Kullertränen in den Augen wandert Julie Mynou Diederichsmeier umher und wird reihenweise von ihrer Familie, Trainer und Verantwortlichen gedrückt und beglückwünscht. Was folgt, ist das Interview mit dem WDR. Die Gefühlslage: weiterhin etwas ungläubig, weiterhin überwältigt. Und daran sollte sich auch zwei Tage später noch nichts geändert haben. „Ich bin immer noch sehr ergriffen und kann es noch nicht wirklich glauben, was da passiert. Es war einfach überwältigend“, berichtete Diederichsmeier.
Im Griff hatte sie ihre Gefühle im Nachhinein kaum noch, im Parcours hingegen bestens. „Ich konnte alles komplett ausblenden. Vor dem ersten Umlauf im Finale war ich noch nervös, da war der Druck noch da. Aber vor dem zweiten war ich mir dann sicher. Die anderen haben alle Fehler gemacht und mein Pferd hat mir ein super Gefühl gegeben. Da wusste ich: Das ist unser Tag,“ schilderte Diederichsmeier.
Im Grunde waren es gleich zwei Tage, denn einen Tag zuvor, an ihrem 37. Geburtstag, beschenkte sich Julie Mynou Diederichsmeier selbst und legte mit dem Sieg in der ersten Wertungsprüfung den Grundstein für ihr erstes DM-Gold (wir berichteten). Nun hat sie es gewonnen, nach vielen zuvor teils auch knappen Versuchen. Immer wenn sie ein passendes Pferd hatte, mit dem sie sich Chancen auf Edelmetall ausrechnete, fuhr Diederichsmeier zur DM. Achte, Fünfte und auch Vierte war sie bereits geworden und wusste nur zu gut, dass für Gold, Silber oder Bronze alles passen muss. „Es war immer mein großer Traum, einmal eine Medaille zu gewinnen. Jetzt ist es sogar Gold geworden, einfach unglaublich. Diesmal passte alles perfekt“, erzählte sie überglücklich.
Jedes Jahr aufs Neue war die DM das Hauptziel. Doch was kommt, wenn man sich seinen Traum erfüllt hat? Tja, dann müssen neue Träume geträumt und hinterhergejagt werden. Welche das sein werden, das weiß Julie Mynou Diederichsmeier noch nicht. Noch muss sie erst alles begreifen.
Diederichmeiers männliches Pendant in Balve wurde Felix Haßmann mit Cayenne WZ. Bei der Edelmetall-Vergabe der Reiter hatten die kreisverdener Anwärter Markus Beerbaum und Harm Lahde kein Wörtchen mitzusprechen. Dennoch folgte zumindest für den Varster Springreiter ein versöhnlicher Abschluss: Lahde wurde im Sattel von Oak Grove's Laith im Großen Preis – Prüfung der Klasse S*** mit Stechen – Zweiter hinter Sven Fehnl, der ihn im letzten Moment von der Spitze verdrängte.
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