
Robert Lewandowski, ein Mann, der für Rekorde steht. Vier Tore binnen 15 Minuten gegen Belgrad und damit den schnellsten Viererpack der Champions-League-Geschichte erzielt: Das ist nur seine neueste Bestmarke. Unvergessen auch sein Fünferpack innerhalb von neun Minuten 2015 gegen den VfL Wolfsburg. Zudem konnte sich Bayerns Stürmer-Star in den vergangenen sechs Spielzeiten viermal – davon einmal für Borussia Dortmund – die Torjägerkanone sichern. Dieses Privileg hatten bisher die Fußball-Bundesligen der Männer (seit 1968) und Frauen (seit 2004) für sich. Doch damit ist nun Schluss. Nun gibt es die Torjägerkanone für alle.
In dieser Saison werden bei den Männern erstmals die besten Knipser von der 3. bis zur 11. Liga sowie bei den Frauen die treffsichersten Stürmerinnen bis zur 7. Liga offiziell mit der Torjägerkanone prämiert. Im Jahr des 100. Geburtstags des Sportmagazins „kicker“ dürfen bundesweit Goalgetter aus insgesamt 2302 Staffeln – 2022 bei den Männern, 280 bei den Frauen – von der berühmten Trophäe träumen. Zusätzlicher Lohn für alle Sieger: Eine Einladung zu einem Länderspiel der deutschen Nationalmannschaft mit Rahmenprogramm.
Ein bundesweiter Sieger pro Liga
Nun bekommt aber nicht jeder Schützenkönig seiner Klasse eine Torjägerkanone verliehen. Es werden hingegen sämtliche Ligen der Bundesrepublik miteinander verglichen. Das heißt: Der Top-Torschütze der Oberliga Niedersachsen etwa muss sich noch dem Vergleich mit seinen Kontrahenten aus den Oberligen der anderen Bundesländer stellen. Lediglich ein Spieler der 5. Liga wird somit die Kanone in den Händen halten dürfen.
Zudem verfügt Deutschland über eine vielfältige Landschaft an Ligen und Spielklassen. In Niedersachsen ist die Staffelung: Oberliga, Landesliga, Bezirksliga, Kreisliga, 1. Kreisklasse, 2. Kreisklasse und so weiter. Doch das ist nicht überall der Fall, die Unterteilungen und Namen unterscheiden sich je nach Landesverband. So gibt es in Hessen beispielsweise die Gruppenliga. Und die Landesliga ist nicht im jeden Landesverband die 6. Liga. Entsprechend werden Rankings in Spielklasseneben geführt. Heißt: 3. Liga, 4. Liga, 5. Liga und so weiter. Für den Kreis Verden bedeutet das unter anderem, dass die Schützen aus der 2. Kreisklasse und tiefer aus dem Raster fallen und somit keine Torjägerkanone ergattern können.
Der Rest ist jedoch ganz einfach. Ausschlaggebend sind die Tore. Wer die meisten Buden geschossen hat, steht ganz oben in der Liste (die jederzeit auf fussball.de abgerufen werden können). Die Verantwortlichen wollen die Rechnung einfach halten, daher wird auf einen besonderen Schlüssel oder Torquote verzichtet. Bedeutet: Allein die Anzahl der Treffer zählen. Schießt ein Spieler in 30 Spielen 30 Tore und ein anderer 29 in 20 Spielen, hat dennoch der mit den 30 Treffern gewonnen. Die Torquote kommt nur dann zur Anwendung, wenn zwei Akteure die gleiche Anzahl geschossener Tore aufweisen. Dann steht der oben, der weniger Spiele dafür benötigt hat. Ist auch dieser Wert identisch, dürfen sich beide über eine Torjägerkanone freuen.
Magere Chancen für hiesige Schützen
Knipser aus dem Kreis Verden, die sich jetzt schon mit der Torjägerkanone posieren sehen, werden allerdings schnell ernüchtert sein. Große Chancen auf die Trophäe hat derzeit kaum einer. Die beste Platzierung hat ein Kicker inne, der zwar nicht im Kreis spielt, aber aus ihm kommt: Alexander Neumann, der für den Regionalligisten SpVgg Drochtersen-Assel aufläuft. Der gebürtige Achimer hat in dieser Saison bereits zehnmal getroffen und dafür 17 Spiele benötigt. Bundesweit steht er damit auf Rang 22 und hat sechs Tore Rückstand auf den führenden Simon Engelmann vom SV Rödinghausen.
Ein Spieler aus einem kreisverdener Team, der die Kanone gewinnt: Die Aussichten darauf sind in den tieferen Klassen äußerst mager. Mit dem TB Uphusen ist der Kreis Verden nur einmal in der Oberliga vertreten. Dessen beste Torschützen, Aladji Barrie und Philipp-Bruno Rockahr, hängen der Spitze bereits 20 Tore hinterher. Jeremy Mikel Wachter vom TuS Osdorf kommt in 18 Spielen auf 24 Tore. Barrie kommt in 14 Spielen auf vier Treffer, Rockahr benötigte für seine vier Buden 15 Partien. Neun Tore in zehn Spielen, die Quote von Enes Acarbay ist definitiv keine schlechte. Doch damit kommt der Stürmer des Landesligisten TSV Ottersberg in der Torschützen-Tabelle der 6. Ligen lediglich auf Rang 245. Oguz Ayan vom 1. FC Mönchengladbach 1894 nimmt derzeit mit 27 Toren aus 16 Spielen Platz eins ein. Auch auf Bezirksebene sind die Aussichten trübe. In der Bezirksliga Lüneburg 3 ist es Daniel Throl vom FSV Langwedel-Völkersen, der 14-mal in 14 Spielen einnetzte und somit die klasseninterne Liste anführt. Auf Bundesebene bedeutet das lediglich Platz 204. Ein gewisser Jannik Gerlach vom Eichholzer SV führt das Ranking in der 7. Liga mit 32 Toren aus 18 Partien an. Quasi chancenlos sind auch die hiesigen Kicker aus der 1. Kreisklasse. Erdal Yüksel vom SV Baden hinkt mit seinem 19 Toren bereits 21 der Spitze hinterher. Dasselbe Bild bei den Frauen: In der 6. Liga führt Annemarie Hörr (FSV 1924 Bad Schandau) mit sage und schreibe 68 Toren aus zwölf Spielen das Klassement an. Aus dem Kreis Verden folgt als erste Sophie Anouk Sanner vom TSV Fischerhude-Quelkhorn an Position 641 mit sieben Toren in neun Spielen. Besser als Platz 732, den Annika Freymuth vom TSV Bassen II besetzt, ist in der 7. Liga aus dem Kreis Verden niemand geführt.
Der falsche Anreiz
Bereits 23-mal in dieser Saison trug sich Lukas Klapp in die Torschützenliste der Kreisliga Verden ein. Damit ist der Fußballer des TSV Fischerhude-Quelkhorn der derzeit erfolgreichste Schütze aus dem gesamten Kreis. Keiner schoss so viele Tore wie er, doch auch seine Chancen sind geringe. Platz 50 nimmt er ein und hat bereits 16 Tore Rückstand auf Ole-Mathis Schene vom BSC Acosta.
Sein Coach Matthias Warnke ist nun aber nicht besorgt, dass sein Torjäger vor dem Kasten zum Egoisten mutiert, um die Kanone noch einzuheimsen. „Ich glaube nicht, dass ich mir darum Gedanken machen muss. Aber solange Fischerhude gewinnt, ist mir das auch egal, wer die Tore macht.“ Einen Rat, wenn auch einen scherzhaften, gibt er seinem Top-Knipser aber noch mit auf den Weg: „Wenn er am Tag vor den Spielen nicht mehr zu Weihnachtsfeiern muss, dann schafft er es vielleicht noch an die Spitze.“ Zur Erklärung: Bei Fischerhudes 9:0-Erfolg vor Kurzem gegen Langwedel II traf Klapp nur einmal, am Abend zuvor stand eine Weihnachtsfeier auf dem Programmplan des 22-Jährigen.
Doch Klapp selbst schielt nicht sonderlich auf die Kanone. „Der Aufstieg ist das höchste Ziel, die Einzelbewertung steht hinten an. Natürlich ist das eine coole Sache und kann sicherlich ein Anreiz sein, es darf aber nicht der falsche sein.“ Fischerudes Goalgetter befürchtet, dass so mancher seiner Stürmerkollegen vor dem Tor nun die falschen Entscheidungen treffen könnten, dass sie eher selbst das Tor erzielen wollen, als den besser postierten Mitspieler zu bedienen. „Ich bin sowieso eher davon ein Fan, Teamleistungen zu supporten. Vielleicht gibt es da ja mal etwas für die ganze Mannschaft. Denn nicht selten ist es so, dass ich Tore schieße, die zu 90 Prozent meinen Teamkollegen gehören, weil ich nur noch den Fuß hinhalten muss.“
Vielleicht gibt es irgendwann auch einen solchen Preis. Eine Torjägerkanone für die treffsicherste Mannschaft? Noch geht es aber um den einzelnen Spieler, noch werden lediglich die Lewandowskis der 3. bis 11. Liga ausgezeichnet.
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