
Achim. Bilder sprechen hin und wieder Bände. Ein sehr passendes Beispiel ist ein Foto, das die SG Achim/Baden am Sonnabend auf ihrer Facebookseite gepostet hat. Soeben hatten sich die Oberliga-Handballer bei der HSG Delmenhorst durchgesetzt und im Abstiegskampf zwei wichtige Punkte eingesammelt. Für das Team Grund genug, ihre Freude in der virtuellen Welt zu verbreiten. Im Vordergrund ist ein überglücklicher Steffen Fastenau zu sehen. Er sieht ziemlich gezeichnet aus. Die Nase des Rückraumspielers ist dick bandagiert. Denn eine Woche zuvor hatte er sich in Diepholz einen Bruch seines Riechorgans zugezogen. Aus diesem Grund ist im Hintergrund ein Mann zu erkennen, der lange Zeit nicht im Kader der SG stand – Jan Mühlbrandt.
Irgendwann musste dieser Tag kommen, an dem Mühlbrandt sein Comeback im Trikot der Spielgemeinschaft feiert. Seit Beginn der Saison 2019/2020 haben die Achimer mit Personalproblemen zu kämpfen. Als zur „Krönung“ für Steffen Fastenau das Sportjahr 2019 im Auswärtsspiel gegen die HSG Barnstorf/Diepholz frühzeitig endete, war der Zeitpunkt für die Rückkehr von Jan Mühlbrandt schließlich gekommen.
Bereits vor der Partie bei der HSG Delmenhorst hatte SG-Trainer Tobias Naumann angedeutet, dass er eine Lösung bezüglich der Personalprobleme gefunden habe. Verraten wollte er diese aber nicht. Schlussendlich war diese Lösung Jan Mühlbrandt. Der reaktivierte Rückraumspieler sollte schließlich auch seinen Anteil daran haben, dass die SG Achim/Baden in Delmenhorst einen Überraschungserfolg (32:26) einfuhr, den zweiten Saisonsieg einsackte und obendrein die Abstiegszone der Oberliga Nordsee fürs Erste verlassen hat.
Dass er eine Unterstützung für das Team war, weiß Mühlbrandt. In den Vordergrund wollte er seine Leistung aber nicht drängen. „Wegen des Ausfalls von Steffen war Bedarf da. Ich habe mich einfach nur gefreut, dass ich den anderen Jungs helfen konnte, zwischendurch mal auf der Bank Luft zu holen“, erklärte Mühlbrandt. Er sei nicht mit dem Plan zurückgekehrt, jemandem seinen Platz im Kader wegzunehmen. Vielmehr betrachtet er sich als Aushilfe. „Da stelle ich mich voll und ganz in den Dienst der Mannschaft“, erzählt der 29-jährige Rückraumspieler, der gegen Delmenhorst rund zwölf Minuten auf dem Feld stand und einen Treffer zum Auswärtssieg beisteuerte.
Die Rolle als Aushilfsspieler – auch gerne als Stand-by-Spieler bezeichnet – hat Mühlbrandt schon seit Längerem inne: nämlich seit dem Ende der Saison 2017/2018. Aus beruflichen Gründen musste sich der Shooter, der im Sommer 2013 von der HSG Schwanewede/Neuenkirchen nach Achim gewechselt war, damals zu diesem Schritt entscheiden. Aufgrund seines Berufs ist er bundesweit unterwegs. Für ihn sei es daher nicht vorstellbar, fest zum SG-Kader zu gehören. „So etwas Halbgares, das ist nichts für mich. Und es wäre unfair den anderen Spielern gegenüber, wenn sie mehr trainieren, aber dann wegen mir weniger spielen“, sagt der 29-Jährige.
Wenn es darauf ankommt, sei er aber immer bereit – so wie in der vergangenen Saison. Dreimal griff Naumann auf seinen Stand-by-Spieler zurück. Unter anderem war er auch im Hinspiel gegen die HSG Delmenhorst dabei. Damals mit einem weniger guten Ausgang für die SG Achim/Baden. Dass er nun ausgerechnet gegen die Delmestädter sein Comeback nach rund einem Jahr feierte, löst in Mühlbrandt ein Schmunzeln aus. Eine Partie gegen die HSG pro Saison müsse er wohl einfach mitnehmen: „Außerdem sind das immer ganz besondere Begegnungen. Entweder spielen wir gegen die HSG richtig gut oder wir bekommen auf den Deckel.“
Dass Jan Mühlbrandt das Wort „wir“ in den Mund nimmt, wenn er über die SG spricht, kommt nicht von ungefähr. Sportlich ist er zwar kein volles Kadermitglied, „aber menschlich schon“, sagt er. Daher hat Mühlbrandt gelitten, als die SG Achim/Baden die ersten acht Partien der laufenden Spielzeit allesamt verloren hat. „Da blutet natürlich das Herz, wenn ich die Lage als Zuschauer beobachte. Da leide ich genauso mit den Jungs mit“, bestätigt er.
Doch nun geht es bei der SG aufwärts. Seit drei Spielen hat die Naumann-Sieben nicht mehr verloren. Da wächst das Selbstvertrauen – auch bei Jan Mühlbrandt. „Der HC Bremen kann sich schon mal warm anziehen“, spricht Mühlbrandt eine Warnung an den kommenden Gegner aus.
Er selbst kann gegen die Hansestädter beweisen, ob sich die SG tatsächlich im Aufwind befindet: „Denn auch gegen den HC stehe ich im Kader.“
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