
Im Grunde war alles gesagt. Andree Höttges hatte nach dem 2:1-Erfolg seines SV Tur Abdin bei GVO Oldenburg über vergebene Großchancen gesprochen, er hatte seine Mannschaft als „spielerisch besser“ beschrieben, den Gegner gelobt, den Sieg aber dennoch „absolut verdient“ genannt. In dem Moment, als das Gespräch so gut wie beendet war, fiel dem Trainer aber plötzlich noch etwas ein. „Finn Dreyer hat ein ganz starkes Spiel gemacht“, sagte Höttges, eigentlich nicht dafür bekannt, einzelne Akteure hinterher besonders hervorzuheben. Ein Lob des autoritären Fußballtrainers muss man sich eben hart erarbeiten, und genau das tut Finn Dreyer seit Saisonbeginn. In der Innenverteidigung des Bezirksliga-Dritten ist der 22-Jährige gesetzt, weil er Qualitäten mitbringt, die ihn für diese Position prädestinieren.
Anfang Dezember 2013 hat Höttges das Traineramt bei Tur Abdin von Servet Zeyrek übernommen, der kurz zuvor entlassen worden war. In den ersten 17 Saisonspielen hatte die Mannschaft bis zum Winter erst elf Punkte gesammelt und dabei 36 Gegentreffer kassiert – aus Sicht der Verantwortlichen war der eine Wert deutlich zu niedrig, der andere viel zu hoch. Höttges nahm damals mit dem Ansatz seine Arbeit auf, Tur Abdins wackelige Abwehr zu stabilisieren, was ihm gelang: Bis zum Saisonende kamen nur noch 17 Gegentore hinzu. Finn Dreyer, damals noch vornehmlich als rechter Außenverteidiger eingesetzt, sagt: „Andree hat hart durchgegriffen, er achtet sehr auf Disziplin und entwickelt die Mannschaft weiter.“ Bis dato hat Tur Abdin in der laufenden Serie erst elf Gegentore zugelassen, das ist der drittbeste Wert in der Liga. Dreyer selbst trägt daran einen großen Anteil. Auch ihn hat Höttges weiterentwickelt und in seinem System zum unverzichtbaren Innenverteidiger gemacht. „Ich sehe mich in einer Führungsrolle, und das gefällt mir sehr gut“, sagt Dreyer, der in Oldenburg wohnt und als Soldat in der Adelheider Kaserne stationiert ist.
Der 22-Jährige spielt in der Regel an der Seite von Daniel Karli, einem groß gewachsenen und körperlich sehr präsenten Verteidiger. Während der Kollege seine Rolle – Standards ausgenommen – eher defensiv interpretiert, ist Dreyer bei Abdin oftmals derjenige, bei dem der Spielaufbau beginnt. „Ich versuche, mich in die Offensive mit einzuschalten“, sagt er. Experimente seien unter Höttges allerdings strengstens verboten. „Klare Bälle hinten raus“, beschreibt Dreyer seine Anweisung. Der schnelle und technisch versierte Rechtsfuß profitiert dabei von seinen Erfahrungen, die er – trotz seines jungen Alters – schon bei sieben verschiedenen Vereinen gesammelt hat. Für Werder Bremen lief er in der C-Jugend-Regionalliga auf, für den VfL Oldenburg in der A-Jugend-Oberliga. Weitere Stationen waren Heidkrug, Wildeshausen, Wahnbek und der TSV Oldenburg, ehe es im Sommer 2013 zu Tur Abdin ging. „Wenn alles passt, würde ich gerne über die Saison hinaus bleiben“, beteuert Dreyer, dem nach eigener Aussage Anfragen von Oldenburger Klubs vorliegen. „Bisher ist aber nichts dabei, was mich reizt.“
Bei Tur Abdin dürften sie ohnehin alles versuchen, um den Abwehrspieler längerfristig zu binden. Nachdem ihn Verletzungen in der Vergangenheit zurückgeworfen haben, kommt er nun schließlich immer besser in Form. Die Zusammenarbeit mit Andree Höttges könnte am Ende ein Argument sein, das Dreyer an seinen jetzigen Verein bindet. „Unter Andree hat sich viel verändert. Alle arbeiten jetzt nach hinten. Das macht meinen Job viel angenehmer“, sagt er. „Der Trainer hat aus guten Einzelspielern eine gute Mannschaft geformt.“
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