
Freude und Erleichterung brachen sich Bahn, als die Verteidigung der HSG Delmenhorst den Ball fünf Sekunden vor Schluss eroberte und Lennart Witt das Spielgerät kurz darauf in den leeren Kasten des TuS Rotenburg warf. Es war das 32:30 (13:15). Die Mannen von Trainer Jörg Rademacher hatten damit die Partie in der Handball-Oberliga für sich entschieden. Knapp zehn Minuten davor hatte die Heim-Sieben beim 27:23 noch wie der klare Sieger ausgesehen, zumal sie zuvor ihrerseits die Partie gedreht hatte, denn nach 43 Minuten lag die HSG mit 22:20 in Front. „Das ist Handball. Und das ist die HSG Delmenhorst. Die Mannschaft hat immer an sich geglaubt und ist beim 23:27 nicht eingebrochen. Ich bin total stolz auf die Jungs“, sagte Rademacher direkt nach der Partie.
Es war ein stetiges Auf und Ab am Sonntagabend: Grundsätzlich war allen Beteiligten bei den Delmenhorstern klar, dass sie mit ihrem normalen Spiel nicht zum Erfolg kommen würden. Da in Rotenburg ohne Backe gespielt wird, funktionieren die normalen Abläufe nicht und gerade aus dem Rückraum fehlt den Schützen die Wurfkraft, da es an Griffigkeit am Spielgeräts mangelt. Tore aus dem Rückraum gab es daher auch eher wenige. Das bekam vor allem Jörn Janßen von Beginn an zu spüren.
Dieser führt die Torjägerliste der Liga mit 119 Treffern an. Im ersten Durchgang hatte er nach wenigen Minuten bereits den Pfosten getroffen, einen Siebenmeter an die Latte gesetzt und war einmal mit einem freien Wurf am starken Schlussmann Yannick Kelm – der insgesamt ein gutes Dutzend Paraden zeigte – gescheitert. Im gesamten ersten Durchgang gelang ihm kein Treffer. Ähnlich erging es Spielmacher Frederic Oetken. Auch er blieb vor der Pause ohne Tor. Doch diese beiden Akteure sollten noch ihren Auftritt bekommen.
Eine weitere sportliche Hiobsbotschaft erreichte die HSG nach knapp sieben Minuten, als Kreisläufer Marcin Markowski auf den Rücken knallte und fortan nicht mehr mitwirken konnte. Damit erlitt der HSG-Plan, viel über den Kreis zu spielen, einen Dämpfer. Doch Witt sprang ein und markierte im ersten Durchgang vier Treffer bei vier Versuchen von dieser Position. Die Partie wog hin und her: Zunächst führte der TuS 5:2 (10.), dann die HSG 11:10 (24.) und zur Pause wieder der TuS mit 15:13.
Die Rotenburger erlaubten sich über die gesamte Partie viele Ballverluste, da Kelm jedoch mehrere Tempogegenstöße gegen einen frei vor ihm auftauchenden Delmenhorster hielt, bekam die Heimsieben das Spielgerät schnell zurück. Bei HSG-Ballverlusten versuchten es die Rotenburger immer wieder mit langen Pässen auf den sehr schnellen Lukas Misere, der insgesamt siebenmal traf. Bassam Farasha im ersten Durchgang – und auch Silas Schumacher und Sönke Schröder in der Schlussviertelstunde der Partie – hingegen bekam nur selten seine Hände an den Ball.
Ähnlich lief es zunächst nach der Pause. Alles in allem war die Partie ausgeglichen. Die Delmenhorster glichen zum 18:18 (38.) aus und gingen ihrerseits mit 22:20 in Front (43.). Jeweils zeichnete Mario Reiser per Siebenmeter verantwortlich. Er traf alle seine vier Versuche vom Punkt. Die Gäste hatten nun die Chance, davonzuziehen, doch diverse schwache Versuche und eine auf einmal passive Deckung ermöglichten den Gästen die 26:23-Führung (49.), ehe Rademacher die Auszeit zog. Direkt im nächsten Angriff spielte Janßen einen Fehlpass und Lukas Misere traf im Gegenstoß zum 27:23. Doch das war nicht der Genickbruch. „Die Jungs haben auch hier nicht den Kopf verloren und dann sehr druckvoll gespielt. Die Kreuzbewegungen funktionierten in dieser Phase“, berichtete Rademacher. Tim Coors verkürzte zweimal auf drei Treffer und Janßen zeigte nun seine Klasse, setzte sich mehrfach im Eins-gegen-eins durch und traf dreimal in zwei Minuten. Nach 58 Minuten lag die HSG nun nur noch mit einem Tor zurück, was vor allem an der nun wieder funktionierenden Defensive lag. „Wir haben die Deckung aufgemacht. Das war der Schlüssel zum Sieg. Rotenburg wusste nicht, was es machen sollte“, erklärte der HSG-Coach. In der Tat liefen sich die flinken Heimakteure nun immer wieder fest und prallten von Coors und Janßen ab.
Knapp zwei Minuten vor Schluss nahm sich Oetken ein Herz und markierte mit zwei Würfen zwei Treffer und holte dabei noch eine Zeitstrafe gegen Rotenburg heraus. 15 Sekunden vor Schluss nahm der TuS seinen Keeper heraus und versuchte, den Ausgleich zu erzielen. Doch die Delmenhorster Deckung hielt. „Wir haben uns die ganze Woche akribisch auf dieses Spiel vorbereitet. Wir wollten hier unbedingt etwas mitnehmen. Man hat den Biss und den Willen schon in der Kabine gespürt“, bilanzierte Rademacher.
Die Schwierigkeit der Aufgabe in Rotenburg lässt sich an den Ergebnissen ablesen: In der vergangenen Spielzeit siegte der TuS bei zehn von 13 Heimauftritten und gewann hingegen auswärts nur eine Partie bei zwölf Niederlagen. Auch in dieser Spielzeit siegte Rotenburg daheim bereits fünfmal und verlor nun erst zum dritten Mal. Auswärts holte der TuS bislang keinen Punkt.
Durch den Sieg rückte die HSG auf den fünften Tabellenplatz vor und hat nur noch zwei Zähler Rückstand auf den Dritten, die SG VTB/Altjührden. Auf diesen Gegner trifft die Rademacher-Sieben am kommenden Sonnabend, 19.15 Uhr, in der Stadionhalle.
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Und so sehr ich das wünschte, so wenig glaube ich, dass das Verfassungsgericht ...