
Dieser Abend dürfte allen Beteiligten noch lange in Erinnerung bleiben. Und zwar in ziemlich guter. Denn das, was die Bundesliga-Floorballer des TV Lilienthal im ersten Heimspiel der neuen Saison ihrem restlos begeisterten Publikum präsentierten, taugte ohne Übertreibung dazu, der Auftakt einer neuen Ära gewesen zu sein. Sicher, nach nur einem Spiel mit Superlativen um sich zu schmeißen, mag unseriös wirken. Doch dieses 10:4 (4:0, 3:1, 3:3) gegen die hochgehandelten Red Hocks aus Kaufering war einfach zu dominant, zu beeindruckend, zu begeisternd gewesen.
Es gab nicht wenige unter den knapp 200 Zuschauern, die hinterher von der besten Leistung sprachen, die die „Wölfe“ je in der Schoofmoorhalle gezeigt haben. „Wir dürfen das jetzt nicht überbewerten“, versuchte Lilienthals Trainer Remo Hubacher, den Ball flach zu halten. Doch auch er wusste: „Viele Sachen, die wir machen wollten, haben geklappt.“ Und das oftmals sogar nahe der Perfektion.
Die Gastgeber übernahmen von Beginn an das Kommando, zeigten sich extrem ballsicher und ließen das Spielgerät immer wieder direkt durch die eigenen Reihen laufen. Die Bayern, bei denen mit Kapitän Maxi Falkenberger ein ganz wichtiger Akteur fehlte, wirkten regelrecht überfordert. Als die „Wölfe“ dann auch noch durch einen Doppelschlag von Neuzugang Janos Bröker und Kapitän André Heißenbüttel innerhalb von nur 25 Sekunden mit 2:0 in Führung gingen, gab es kein Halten mehr.
Wie ein stürmischer Orkan fegten die Lilienthaler durch die Halle, spulten mit ihren drei Blöcken ein unfassbares Laufpensum ab und spielten sich phasenweise in einen Rausch. Mark Oliver Bothe nutzte eine Überzahlsituation elf Sekunden vor Ende der Zeitstrafe zum 3:0. Und als sich Bröker kurz nach einer Behandlungspause direkt mit dem 4:0 zurückmeldete, stand die Halle zum ersten Mal Kopf. Dieser Treffer war aber auch zu beeindruckend: Fast von der gegnerischen Hintertorbande war der Nationalspieler im höchsten Tempo zurückgezogen, drehte sich erst auf Höhe der Mittellinie blitzschnell herum und feuerte den Ball wie eine Kanonenkugel ins Netz.
Zu Beginn des zweiten Drittels überstanden die Hausherren dann ihrerseits eine Unterzahlsituation unbeschadet. Mit zwei weiteren Treffern schraubte Bröker das Ergebnis auf 6:0, ehe der bärenstarke Miro Siljamo nach einer einstudierten Freischlag-Variante sogar auf 7:0 erhöhte. Am Ende ging es mit 7:1 ins Schlussdrittel.
Die Partie war längst entschieden, doch das Tempo blieb auch im letzten Abschnitt hoch. Hubacher schickte mit Luke Dämpfert einen jungen Nachwuchstorwart aufs Feld und ließ auch die blutjungen Tjard Osmers und Felix Stierle immer wieder ran. Dennis Heike, Mark Oliver Bothe und der enorm rackernde Klaas Minnermann erzielten die Treffer im Schlussdrittel. Insgesamt hatten sich am Ende also sechs verschiedene Torschützen in die Liste eingetragen. Diese enorme Ausgeglichenheit über drei Blöcke hinweg könnte sich in dieser Saison noch einmal richtig bezahlt machen für die „Wölfe“.
Das schönste Tor des Tages hatte übrigens nicht einmal gezählt. Kurz vor Ablauf des zweiten Durchgangs hatte Dennis Heike am Ende eines herrlichen Spielzuges den Ball von außen in die Mitte gelupft. Dort stand – wer auch sonst – Janos Bröker und beförderte das Spielgerät volley aus der Luft ins Tor. Der Treffer wurde zwar zu Recht aberkannt, da der neue Mann den Schläger über Hüfthöhe gehabt hatte. Doch die Szene machte noch einmal eindrucksvoll deutlich, warum Bröker schon im Vorfeld der Saison von Coach Remo Hubacher als „Waffe“ bezeichnet worden war. Der junge Angreifer spielt auf einem völlig anderen Niveau – und zumindest gegen Kaufering hob er seine Teamkollegen gleich mal kollektiv mit auf diesen neuen Level. Die „Wölfe“ haben die Latte gleich im ersten Heimspiel enorm hochgelegt. Für Co-Trainer Daniel von der Heyde überhaupt kein Problem, im Gegenteil: „An diesem Maßstab lassen wir uns gerne messen.“
TV Lilienthal: Fidelak, Dämpfert; Kleinhans, Bothe, Minnermann, Brinkmann, Gersdorf, Lubes, Waldmann, Stierle, Appenrodt, Bröker, Diaz, Osmers, Rautio, Siljamo, Heißenbüttel, Seitz, Heike, Bauer
Eine Fotostrecke zum Spiel finden Sie unter www.weser-kurier.de/sport
Herr Bröker, wie war das heute, zum ersten Mal vor eigenem Publikum für den TV Lilienthal aufzulaufen?
Janos Bröker: Eine ganz neue Erfahrung und ganz anders als in Bonn. Ich habe mich hier wirklich gut eingelebt.
Wie viele Zuschauer hatten sie in Bonn?
Da war weniger los. Da habe ich auch schon immer gestaunt, als ich mit Bonn hier hergekommen bin, was hier los ist. Das war schon immer ein Hexenkessel.
Beinahe hätten Sie diese tolle Stimmung aber verpasst. Sie wurden kurz nach Spielbeginn behandelt, was war da los?
Bei einem Ausfallschritt habe ich im Ansatz einen Krampf bekommen. Unser Physio Michael Rothgeber hat das dann rausmassiert. Und scheinbar hat er heilende Hände, danach ging es ja erst so richtig los.
Richtig, ein tolles Spiel von Ihnen und der Mannschaft. Sagen Sie etwas zu dieser Leistung.
Wir haben absolut verdient gewonnen, waren das dominierende Team. Am Ende haben wir ein bisschen die Spielweise von Kaufering übernommen, aber der Sieg war zu keiner Sekunde in Gefahr. Wir haben heute nach dem Spiel letzte Woche in Berlin die richtige Antwort gehabt.
Zur Person
Janos Bröker (21) ist deutscher Nationalspieler und kam von Erstligaabsteiger Dragons Bonn zum TVL. Der Offensivmann war in der vergangenen Saison der erfolgreichste deutsche Scorer der Bundesliga.
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