
Ritterhude. Einmal an diesem Montagabend fiel das Wort. Dieses eine Wort, das wieder einmal deutlich machte, in welchen Kategorien sie bei den Ritterhude Badgers denken. Jugendtrainer Marcus Meckes war es, der es aussprach. Beinahe beiläufig. Als er über die mittel- und langfristigen Pläne des Ritterhuder Football-Vereins sprach, da fiel es plötzlich: "Die Planungen hier gehen ja eindeutig in Richtung 2. Liga. Und vielleicht dann ja irgendwann auch einmal Richtung Bundesliga."
Die Bundesliga – die Beletage des deutschen Footballs, die GFL. Momentan ist diese natürlich so weit weg wie die Kicker des SV Werder Bremen von der Champions League. Unvorstellbar ist sie aber offenbar ganz und gar nicht. Am vergangenen Montagabend war das jedoch nur am äußersten Rande beziehungsweise in den fernsten Zukunftsszenarien ein Thema. Eine Vision, von denen sie bei den Badgers jedoch schon so einige gehabt und in die Tat umgesetzt haben. Die letzte lautete: Drittligaaufstieg. Und der wurde in beeindruckender Manier im vergangenen Sommer geschafft.
Nach dem zweiten Aufstieg in Folge betreten die Badgers wieder einmal Neuland. Sportlich, aber auch organisatorisch und finanziell. Auf 60000 Euro beläuft sich der aktuelle Etat für Liga drei. Das Trainerteam wurde erneut aufgestockt, mit Timo Boelkes steht ab sofort ein ausgebildeter Physiotherapeut zur Verfügung. Und natürlich wurde mit Jonathan George erstmals in der Vereinsgeschichte ein US-amerikanischer Spieler verpflichtet.
Der Quarterback, der im vergangenen Sommer die Basel Gladiators in den Swiss Bowl geführt hatte, soll der neue Kopf der Badgers werden. "Er ist definitiv ein Leader und natürlich ein entscheidender Faktor", sagt Headcoach Benjamin Crljenkovic. "Aber selbst der weltbeste NFL-Quarterback nützt nichts, wenn die Jungs davor nicht blocken." Teamwork ist gefragt, beim Football ohnehin noch stärker als in mancher anderer Sportart. Und genau da drückt der Schuh. Denn dieses ganz spezielle Wir-Gefühl, das bei den Badgers bisher immer vorherrschte, es ist offenbar noch nicht so ausgeprägt, wie es sich Crljenkovic wünscht. "Vielleicht, weil der harte Kern aus Ritterhude nicht mehr so zahlreich vertreten ist", mutmaßt der Headcoach. Die Ritterhuder haben sich – wie auch schon im vergangenen Jahr – verstärkt. Es wäre fahrlässig gewesen, das nicht zu tun. Die Ziele sind groß, somit mussten auch Spieler her, die diesen Anforderungen entsprechen. Aus Oldenburg kamen welche, aus Bremerhaven auch.
Doch die Trainingsbeteiligung und auch die allgemeine Euphorie entspricht ganz und gar nicht dem, was sich das Trainerteam erhofft hatte. "Wir sind tatsächlich ein wenig ratlos. Vielleicht kommen die Jungs auch mit dem Druck nicht klar", sagt Crljenkovic. Er meint den Druck, den er selbst – und auch der Verein – durch seine Ambitionen aufbaut. Unter die ersten drei will Crljenkovic es dieses Jahr schaffen. "Das Potenzial haben die Jungs allemal." So ist am Ende nicht nur die Liga eine große Unbekannte, auch die aktuelle Form und mentale Verfassung der Badgers ist (noch) ein Geheimnis. Für Julian Altmann, 1. Vorsitzender und Teil der Defense, ist in erster Linie der außergewöhnlich lange Winter Schuld an der momentanen Situation.
"Die Jungs müssen einfach nur checken, dass es jetzt wieder richtig Bock bringt, draußen zu trainieren." Wochen-, ja, monatelang war nur ein eingeschränktes Hallentraining möglich. Etliche Einheiten fielen wegen des langen Winters komplett aus. "Aber das ging letztlich ja allen Teams so", sagt Altmann. Sorgen um die spezielle Badgers-Atmosphäre macht er sich keine: "Die Jungs werden zusammenfinden. Im Trainingslager waren wir 55 Mann, da war die Stimmung richtig gut. Und es ist ja auch nicht so, dass da nur die alten Ritterhuder zusammen auf dem Zimmer hocken."
Rein sportlich scheinen die Badgers ihre Hausaufgaben jedenfalls gemacht zu haben. Der Kader ist mittlerweile auf über 60 Spieler angewachsen. Das ist nötig, sagt Crljenkovic, denn: "Die 3. Liga ist schon gewaltig schneller und athletischer."Als Coaches stehen fast nur noch ehemalige GFL-Profis an der Seitenlinie, jedoch: "Schlimmer als gegen die Huskies wird es definitiv in keinem Spiel werden", sagt der Badgers-Headcoach. Gegen die Hamburger hatten die Ritterhuder bei der 0:45-Testspielniederlage vor zwei Wochen eindrucksvoll gezeigt bekommen, wie man als Erstliga-Anwärter spielen muss. Doch das ist noch nicht die Badgers-Kragenweite. Vorerst geht es darum, Lübeck und Hildesheim Paroli zu bieten.
Die zählen zu den größten Konkurrenten. Auch dem morgigen Gegner, den Elmshorn Pirates, wird einiges zugetraut. Sie gewannen das Saisoneröffnungsspiel vergangenen Sonntag gegen die Hamburg Pioneers mit 27:24. "Wir konnten sie dadurch ein wenig besser beobachten als sie uns", sagt Crljenkovic. Auch wenn mit Mike Lohse, Christoph Kreie und Lukas Horn wichtige Akteure fehlen, dennoch ist sich Crljenkovic sicher: "Wir haben uns einiges ausgedacht für Elmshorn. Das wird ein sehr interessantes Spiel."
Erstes Date mit der großen Unbekannten
Für Erfolg muss man sich nicht schämen. Im Gegenteil. Sofern mit fairen Mitteln erreicht, ist er die ultimative Bestätigung eigener Arbeit. Dabei geht es auch in keinster Weise darum, wie schnell dieser Erfolg erreicht wird, sondern vielmehr darum, wie nachhaltig er ist.
Ist die Basis solide, das Fundament stabil – warum sollte der Erfolg dann künstlich verlangsamt werden? Erst Recht, wenn das nächste Ziel längst formuliert und der Ehrgeiz ungebrochen ist.
Allen Kritikern, die den Ritterhude Badgers diesbezüglich eine zu rasante, ja, gar ungesunde Entwicklung attestiert haben, fehlte bisher jegliche Grundlage einer konstruktiven Kritik. Und sie fehlt ihnen auch aktuell, zur Drittliga-Premiere.
Denn bislang ist beim besten Willen nichts von Übermotivation, nichts von unkontrolliertem Aktionismus oder gar Größenwahn zu erkennen. Das Umfeld der Badgers wurde ebenso stetig weiterentwickelt, wie die Bereiche Sponsoring und Finanzen. Und natürlich muss auch eine Mannschaft, die sich Jahr für Jahr in einer höheren Liga beweisen muss, verändert, sprich: verstärkt werden. Man könnte sagen: Alle Ziele, die sich die Badgers in den vergangenen drei Jahren gesteckt haben, wurden erreicht. Und dennoch ist in diesem Jahr ein neuer – durchaus kritischer – Punkt erreicht.
Denn nun geht es darum, dieses besondere Wir-Gefühl, jene ganz spezielle Badgers-Atmosphäre, eben das, was diesen Klub seit jeher auszeichnet, schnellstmöglich wiederzufinden. Ein US-Quarterback oder Spieler aus Oldenburg sind nur dann sinnvoll, wenn sie sich als Teil der gelb-schwarzen Familie fühlen und sich voll mit der Sache identifizieren. Andernfalls wäre es nicht das erste Mal, dass den idealistischen Machern im Hintergrund die Motivation genommen wird. Für Söldner, die sich in der Krise wegducken, lohnt kein Aufwand dieser Welt.
Das "Projekt Badgers" bleibt spannend. Man kann dem Verein, der Gemeinde und dem ganzen Landkreis nur wünschen, dass sich die gelb-schwarzen Visionen nicht als rosa-rote Luftschlösser entpuppen. Momentan sieht es nicht danach aus.
tobias.dohr@weser-kurier.de
Vorteil Alleinstellungsmerkmal
Warum es die Badgers in einer schwierigen Zeit zumindest etwas leichter haben, Sponsoren zu finden
Ritterhude (td). Die sportliche Herausforderung ist, natürlich: groß. Die logistische Herausforderung für die Ritterhude Badgers ist am morgigen Sonntag aber nahezu gigantisch, um nicht zu sagen: kaum zu bewältigen. Da zeitgleich zum ersten Punktspiel der Footballer auf dem Gelände am Moormannskamp auch der Danone-Cup für Jugend-Fußballer ausgetragen wird, dürfte es chaotisch zugehen. "Die Firma Lorenz öffnet dankenswerterweise deshalb extra ihr Gelände, um zusätzliche Parkplätze zu schaffen", sagt Badgers-Abteilungsvorstand Marco Raschke.
Mit 800 Zuschauern rechnen die Badgers wieder einmal. Dieser große Zuspruch ist ein Grund, warum der Ritterhuder Klub den Saisonetat in Höhe von 60000 Euro stemmen kann. Der andere sind die Sponsoren. "Football ist eine Sportart, an der viele unterschiedlich Spielertypen mitmachen können. Auch im Publikum sind viele Familien zu sehen, sodass der Teamgeist spürbar ist", sagt Bernhard Schomburg. Er ist Sponsor der ersten Stunde, mittlerweile ein echter Fan und bei fast allen Spielen – auch auswärts. Auch Rainer Westphal von der Kreissparkasse Osterholz will sich in diesem Jahr unbedingt ein Badgers-Spiel ansehen. Das Finanzinstitut ist in diesem Jahr als zweiter größerer Sponsor eingestiegen, Westphal war an den Verhandlungen beteiligt: "Eine außergewöhnliche Sportart, sehr publikumsintensiv, dazu äußerst angenehme Gespräche mit den Verantwortlichen", nennt er einige der Gründe für das Sponsoring-Engagement. Nun wolle man von Saison zu Saison sehen, ob und wie eine Zusammenarbeit ausgeweitet werden kann.
Die Badgers nutzen ihr Alleinstellungsmerkmal geschickt aus – und lassen sich darüber hinaus immer wieder Außergewöhnliches einfallen. Beispiel: Die große Badgers-Tafel direkt an der B74 (siehe Foto) am Ortseingang von Ritterhude. Doch mit dem Aufstieg in die 2. Bundesliga könnten neue Herausforderungen auf die Badgers zukommen. Spätestens dann ist nämlich ein Zustand wie am Sonntag absolut inakzeptabel: Morgen müssen sich die knapp 80 Jugendspieler, die 100 Herren, circa 50 Cheerleader sowie das Schiedsrichtergespann die Umkleideräume teilen. Es sind zwei Kabinen.
Erstes Date mit der großen Unbekannten
So., 28. AprilBadgers - Elmshorn Fight. Pirat.15 Uhr
Sbd., 4. Mai Hannover Spartans - Badgers16 Uhr
So., 26. Mai Badgers - Hamburg Pioneers15 Uhr
So., 2. Juni St. Pauli Buccaneers - Badgers15 Uhr
So., 9. Juni Elmshorn Fighting P. - Badgers15 Uhr
So., 23. Juni Badgers - Lübeck Seals15 Uhr
Sbd., 29. Juni Hildesheim Invaders - Badgers16 Uhr
SOMMERPAUSE
So., 11. Aug.Badgers - Hildesheim Invaders15 Uhr
Sbd., 17. Aug.Lübeck Seals - Badgers17 Uhr
So., 25. Aug.Badgers - St. Pauli Buccaneers15 Uhr
Sbd., 31. Aug.Hamburg Pioneers - Badgers16 Uhr
So., 15. Sept.Badgers - Hannover Spartans15 Uhr
Erstes Date mit der großen Unbekannten
Saison 2010
6. Liga (Verbandsliga): 3. Platz (4 Siege/4 Niederlagen)
Saison 2011
5. Liga (Landesliga): 1. Platz (8 Siege/0 Niederlagen)
Saison 2012
4. Liga (Oberliga): 1. Platz (10 Siege/2 Niederlagen)
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