
Landkreis Osterholz. Es war Sonnabend, der 22. April 2017, und eigentlich war alles angerichtet für eine Scharmbeckstoteler Meisterfeier. Eigentlich. Denn der ATSV Scharmbeckstotel tat sich im Kreisliga-Derby bei der TuSG Ritterhude II lange Zeit mehr als schwer, lag 0:2 hinten und hätte sich über einen höheren Rückstand nicht beschweren dürfen. Dennoch war es nach Abpfiff für ATSV-Trainer Rolf Bauer der große Wurf – und rückblickend das Spiel seines Lebens.
„Diese Momente vergesse ich nie, so was erlebst du nur einmal“, sagt Bauer heute, der damals mit seiner Mannschaft im Ritterhuder Jahnstadion den Rückstand drehte und mit einem 3:2-Sieg die Meisterschaft in der Kreisliga Osterholz und den Aufstieg in die Fußball-Bezirksliga eintütete. Aber der Reihe nach: Der ATSV hatte in der Kreisliga-Saison 2016/2017 noch fünf Spiele vor der Brust und bereits 12 Punkte Vorsprung auf die TSG Wörpedorf-Grasberg-Eickedorf, die nur noch vier Partien zu bestreiten hatte. Die Bauer-Elf war das Maß aller Dinge, und das kam aus Sicht des Trainers nicht von ungefähr.
„Wir hatten Charaktere in der Mannschaft, die dich richtig weiterbringen“, erinnert sich Bauer. Zum einen war da Innenverteidiger Justin Hülsmann, der laut Bauer mit seinen 22 Jahren ein unglaublicher Rückhalt war, „auch menschlich“. Dazu kam ein Magnus Siewert, der im Mittelfeld durch Körperlichkeit und Technik überzeugen konnte, und ein Armin Prasuhn: „Armin ging immer voran“, so Bauer über seinen Defensivspieler. Im Tor zeigte sich Nils Linus Sievert als bärenstarker Rückhalt.
„Um Nils vom VSK Osterholz-Scharmbeck nach Scharmbeckstotel zu holen, hat es einige Gespräche gebraucht. Er hatte auch andere Angebote“, erinnert sich Bauer, der bei Sievert vor allem die Willensstärke heraushebt. Als Ersatzmann stand Gabriel-Tassilo Hildebrand bereit, der in Ritterhude Sievert vertrat. Neben den Jungspunden hatte Bauer aber auch gestandene Akteure in seiner Elf. Johann Boger zum Beispiel: „Bei Johann ist es nicht nur so, dass er spielerisch stark ist und seine Tore schießt. Er ist auch ein unglaublich starker Mensch und hat eine große Präsenz auf dem Platz.“ Hinzu kamen die „Säulen“ Eike Pupat und Pascal Blaak. Und all diese Spieler ergaben ein leistungsstarkes Gesamtgefüge. So leistungsstark, dass am Ende der Saison 68 Punkte aus 28 Spielen auf dem Konto standen. Zudem stellte das Bauer-Team mit 90 geschossenen Toren die beste Offensive der Liga und kassierte gerade einmal 23 Gegentreffer.
Dieses für Kreisligaverhältnisse eigentlich überqualifizierte Gesamtgefüge ließ sich an jenem Sonnabend aber zunächst ziemlich ablenken: „Am Abend wollte Hendrik Wulff, unser Betreuer, seinen 30. Geburtstag feiern. Manche waren schon mit dem Kopf bei der Party“, berichtet Bauer. Und dies zeichnete sich auch deutlich ab. Hülsmann fälschte einen Schuss von Kristof Grahl unglücklich zum 0:1 ins eigene Tor ab (38.). Boger traf auf der anderen Seite nur den Pfosten (28.). Und als Marcus Acolatse den Scharmbeckstotelern sogar noch das 2:0 einschenkte (58.), drohte der erste Matchball zur Meisterschaft vergeben zu werden, zumal die Leistung des ATSV „richtig schlecht“ (Bauer) war. Seine Mannschaft konnte die Räume im eigenen Ballbesitz nicht so besetzen, wie Bauer es sich wünschte, und ließ der TuSG in der eigenen Defensive zu viel Platz. „Ich habe dann Lucas Gley von der rechten Abwehrseite auf die Zehn gestellt“, berichtet Bauer. Und dies zahlte sich aus. Gley erzielte das 1:2 (73.), ehe Boger kurz danach im Nachsetzen den Ausgleichstreffer erzielte (74.). Und als Gley auf Vorlage von Boger den 3:2-Siegtreffer erzielte, kehrte die Siegessicherheit zurück.
„Es war mein Traum, als Herrentrainer Meister in der Kreisliga zu werden und in die Bezirksliga aufzusteigen“, verrät Bauer, der zuvor jahrelang Jugendtrainer in Scharmbeckstotel und bei der JSG Ritterhude/Scharmbeckstotel war – und aus dieser JSG zog Bauer auch Spieler wie Hülsmann, Gley, Prasuhn und Siewert mit in die erste Mannschaft und letztlich in die Bezirksliga hoch. „Das ist ein starkes Gefühl, wenn du das mit deinen ehemaligen Jugendspielern erreichst“, so Bauer. Und so ergaben sich viele Faktoren, die für Bauer das Spiel des Lebens ausmachen: Der gewonnene Meistertitel, die Mannschaft, die Emotionen, aber auch, wie Bauer in diesem Spiel gefordert wurde: „Ich muss wirklich sagen, dass mich dieses Spiel so sehr mitgenommen hat. Man war total dabei und hat die Jungs gepusht. Und dann macht man tatsächlich noch das 3:2 und wird Meister. Das hat mich für eine lange Zeit richtig mitgenommen.“ Und so war dann auch der 30. Geburtstag von Hendrik Wulff mehr als gerettet. „Ich war irgendwann früh morgens zu Hause“, verrät Bauer, der von einem entsprechenden Zustand berichtet. Eine Meisterfeier mit Bierdusche auf dem Platz, Sekt in der Kabine und anschließender Geburtstagsparty hinterlässt halt ihre Spuren.
Rolf Bauer (54)
ist Vertriebsleiter und lebt zusammen mit seiner Frau sowie seinen beiden Hunden, einem Schäferhund und einem Labrador. Der Vater zweier Töchter war von 2014 bis 2017 Trainer der ersten Herren des ATSV Scharmbeckstotel. In der Saison 2018/2019 betreute Bauer den SV Lilienthal/Falkenberg als Co-Trainer. Zuletzt war Bauer beim 1. FC Osterholz-Scharmbeck als Trainer aktiv.
Sonnabend, 22. April, 2017
Punktspiel der Kreisliga Osterholz
TuSG Ritterhude II – ATSV Scharmbeckstotel 2:3 (1:0)
TuSG Ritterhude II: Rode; Nerhoff, Philipp Reimann, Felix Reimann, Schütte (14. Abataev), Czempik, Plasa, Schrage (58. Lünsmann) (84. Friedrichsen), Grahl, Arenthold (76. Porsch), Acolatse
ATSV Scharmbeckstotel: Hildebrand; Pupat, Eti (57. Mawi), Gley, Hülsmann, Arkenau (55. Schindler), Siewert, Scheper, Blaak, Boger (84. Wilken), Cakmak
Tore: 1:0 Justin Hülsmann (38./ET), 2:0 Marcus Acolatse
(58.), 2:1 Lucas Gley (73.), 2:2 Johann Boger (74.), 2:3 Lucas Gley (82.)
Schiedsrichter: Heiko Pankoke
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Ansonsten hat das ...