
Wer den Namen Verein für Leibesübungen (VfL) Ohlenstedt liest, denkt an einen Turnverein mit einem breit gefächerten Angebot. Der Klub bietet tatsächlich aber in erster Linie nur Fußball an. Der Ort mit den knapp 600 Einwohnern ist vor allem für ein Fußball-Ereignis bekannt, dem Ohlenstedter Supercup. Dabei handelt es sich um die älteste Fußball-Sportwoche des Landkreises Osterholz.
Diese wäre ohne die Corona-Pandemie im vergangenen Jahr bereits zum 41. Mal ausgetragen worden. „Wir gehören immer noch zu den Top drei unter den Sportwochen im Landkreis“, versichert der ehemalige VfL-Vorsitzende Stefan Buchholz. Der 51-Jährige nahm selbst aktiv an 30 Auflagen des Supercups teil und kennt die Geschichte dieser Veranstaltung wie kein Zweiter. „Mitte der 1980er-Jahre hatten wir schon mal knapp 1000 Zuschauer zum Finale zwischen dem SV Blau-Weiß Bornreihe und dem FC Hambergen auf unserer Anlage begrüßen dürfen“, informiert Buchholz. Damals verfügten die Ohlenstedter zudem über ein starkes Damenteam, eines der ersten im Landkreis Osterholz, welches das Vorspiel zum Supercup-Finale absolvierte.
Teilnehmer des Supercups denken auch sofort an den besonders schmalen Platz in Ohlenstedt. „Da direkt daneben ein Graben kommt, konnte der Platz nicht breiter gemacht werden“, sagt Stefan Buchholz. Bei der Gründung des Vereins vor 72 Jahren hätten die Leute einfach eine Wiese von Fritz Cordes gemäht und zwei Tore aufgestellt, um Fußball spielen zu können. „1949 haben die Ohlenstedter ansonsten nicht groß darüber nachgedacht, den Platz woanders zu erstellen“, so Buchholz. Fritz Cordes versorgte den Verein nicht nur mit dem Platz, sondern auch als Wirt mit Getränken. Außerdem trat er als Mäzen des Vereins in Erscheinung und lief selbst für das Fußballteam auf. „Dabei ging Fritz mit Pfeife aufs Spielfeld“, verrät Stefan Buchholz, der Fotos davon gesehen habe.
Aber auch wenn sich so mancher Kicker wundern mag, wie schnell er von der Seitenlinie in den gegnerischen Strafraum eindringen kann, entspricht der Platz vollumfänglich den vorgeschriebenen Maßen. Die Mindestmaße für einen zulässigen Fußballplatz betragen 70 Meter in der Länge und 45 Meter in der Breite. „Unser Platz ist aber sogar 100 Meter lang und 50 Meter breit“, versichert Stefan Buchholz.
Jahrelang profitierten die Ohlenstedter bei ihren Heimspielen von der dennoch sehr überschaubaren Breite der Rasenfläche. „So lässt es sich schließlich besser gegen spielstarke Gegner verteidigen“, räumt Buchholz ein. Doch mittlerweile kickt das Ohlenstedter Urgestein in der Ü40 der SG Ohlenstedt/Hambergen/Garlstedt mit Akteuren wie Klaus von Oesen, Sascha Hölling, Jens Jacobs und Marcel Konoppa selbst in einer sehr spielstarken Mannschaft. „Deshalb tun wir uns bei Auswärtsspielen mit breiteren Plätzen leichter“, erklärt Stefan Buchholz.
Im Herrenbereich verfügen die Ohlenstedter dank der im Jahre 2019 gegründeten Spielgemeinschaft mit dem SV Garlstedt wieder über zwei Formationen mit jeweils ausreichend Akteuren. Während sich im ersten Team in der 1. Fußball-Kreisklasse Osterholz überwiegend Garlstedter versammelten, besteht die zweite Mannschaft in der 2. Kreisklasse mehrheitlich aus Ohlenstedter Spielern. Um die Spieler zu zählen, die in Ohlenstedt leben, benötigt man allerdings nicht mal eine Hand. In der ersten Formation tritt kein in Ohlenstedt wohnhafter Kicker mehr an. In der zweiten Mannschaft ist es mit Benjamin Ropers auch nur einer. „Jeremy Hinrichs möchte aber wieder nach Ohlenstedt ziehen“, berichtet der VfL-Vorsitzende Michael Baudach. Hinrichs gehört neben Sven Blendermann zu den Ohlenstedter Urgesteinen. „Zu Ehren von Sven Blendermann wird schon mal vor den Spielen ein Lied mit seinem Namen angestimmt“, verrät Baudach.
Zum VfL fand Baudach eher zufällig. Während seiner Zeit bei der Bundeswehr absolvierte Baudach eine Ausbildung zum Fahrschullehrer an der Logistikschule in Garlstedt und lernte hier seine spätere Ehefrau Jennifer Baudach kennen, die aus Ohlenstedt stammt. Um seiner damaligen Freundin näher zu sein, ließ er sich nach Delmenhorst versetzen und studierte später Betriebswirtschaftslehre mit Fachrichtung Logistik an der Bremer Universität. Vor sieben Jahren kehrte er aber in seinen ursprünglichen Beruf als Fahrschullehrer zurück und leitet inzwischen eine Fahrschule in Bremen.
Beim VfL Ohlenstedt begann Michael Baudach als Schriftführer, bevor er 2015 nach vier Jahren als Stellvertreter den Vorsitz beim VfL übernahm. In den vergangenen Jahren beklagte Baudach einen Mitgliederschwund im Verein. „Vor drei Jahren hatten wir noch knapp 150 Mitglieder. Jetzt sind es nur noch etwa 90. Wir schrumpfen also immer mehr“, informiert der 43-Jährige. Grund für die Reduzierung der Mitgliederzahl sei unter anderem die Auflösung einer dritten Herrenmannschaft gewesen. „Wenn du nicht so hochklassig spielst, ist es schwierig, den Nachwuchs für deinen Verein zu gewinnen“, urteilt Michael Baudach. Auch deshalb gibt es zurzeit keine einzige Jugendmannschaft im Verein.
Michael Baudach möchte gerne wieder eine Jugendformation aufbauen. „Vielleicht hilft uns da die in der früheren Schule eingerichtete Kindertagesstätte“, hofft Baudach. Auch für Ideen im Hinblick auf neue Sparten im Klub sei er stets offen. „Es muss nur dann auch immer jemand leiten und sich darum kümmern“, gibt der Vereinsboss zu bedenken. Ob es in diesem Jahr auch wieder einen Supercup geben wird, steht noch in den Sternen. „Grundsätzlich müssten wir jetzt bereits mit den Planungen beginnen. Da wir aber gar nicht wissen, ob und wann die Saison fortgesetzt wird, ist es sehr schwierig“, sagt Michael Baudach.
Die Organisation der Fußball-Sportwoche sei in den vergangenen Jahren nicht gerade einfacher geworden. „Wir haben schon mal eine Mannschaft eingeladen, die dann einen Tag vorher per Mail ihre Teilnahme abgesagt hat“, berichtet Baudach. Die Gastgeber hätten aber flexibel darauf reagiert und die Spieldauer in der betreffenden Vorrundengruppe kurzerhand auf jeweils 90 Minuten verlängert.
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