
Es war eine Zäsur. Eine, in deren Vorfeld es durchaus kritische, vor allem aber besorgte Stimmen gab. Nach vielen Jahren stellte im Februar 2017 die erste Vorsitzende Monika Böttjer ihren Posten zur Verfügung. Und das sorgte für Unbehagen, hatte Böttjer doch lange Zeit den Reit- und Fahrverein Scharmbeckstotel in verschiedenen Positionen entscheidend geprägt. „Es gab durchaus einige, die vor drei Jahren dachten, dass es nun bergab geht mit dem Verein“, erinnert sich Marcus Schlösser, der damals als erster Vorsitzender übernahm. Doch das genaue Gegenteil war der Fall.
Als großer Glücksgriff erwies sich dabei die Zusammenstellung des neuen Vorstands. Der ist nämlich seit Februar 2017 deutlich verjüngt, beinahe alle Mitglieder sind zwischen 30 und 40 Jahren alt – und sind auch privat zum Teil eng miteinander befreundet. „Wenn wir uns zu Vorstandssitzungen treffen, dann ist das meist irgendwas zwischen Freundschaft und Vereinsleben“, sagt Marcus Schlösser und Kassenwartin Maike Beuermann fügt vielsagend hinzu: „In jedem Fall fühlt sich das nie wie eine ungeliebte Pflichtaufgabe an.“
Man kennt sich, man schätzt sich, man verbringt privat viel Zeit miteinander. Sogar in den Urlaub fahren sie gemeinsam. Wo bei anderen Vereinen die Vorstandsposten oftmals nur widerwillig besetzt werden, damit es überhaupt jemand macht, war es in Scharmbeckstotel nicht mehr schwer, die Vorstandsposten entsprechend zu besetzen. Diese Herangehensweise ist vermutlich das aktuelle Erfolgsrezept des Vereins.
Während bei anderen Vereinen auch schon mal Pferdeboxen leerstehen, gibt es beim RuF Scharmbeckstotel eine Warteliste – und zwar sowohl für interne als auch externe Mitglieder. Man profitiere dabei eben auch und vor allem von der Altersstruktur. „Das ist zumindest das, was wir so im Gespräch mitkriegen“, sagt Marcus Schlösser, „die Menschen, die aktiv reiten, sind schließlich oftmals genau in diesem Alter, können sich deshalb wunderbar mit uns identifizieren.“ Andernorts sei es mit alteingesessenen Vorständen oftmals schwer, neue Dinge anzuschieben und zu verändern. Beim 110 Mitglieder starken Reitverein aus Scharmbeckstotel sieht das anders aus. Da wird eine kaputte Schubkarre nicht ersetzt, sondern repariert. Und durch die Einigkeit im Vorstand funktionieren solche Dinge meist auch noch ziemlich schnell.
Auf der anderen Seite müsse eben auch jeder mitanpacken. Wo große Reitvereine noch größere Maschinen organisieren können, um die Plätze aufzubereiten, rücken in Scharmbeckstotel Dutzende Mitglieder mit Schaufel und Spaten an. „Deshalb ist unser Verein auch ziemlich bodenständig“, umschreibt es Marcus Schlösser mit einem Schmunzeln. Er könne sich an eine sehr gut betuchte Reiterin erinnern, die auf genau solche Dinge eigentlich überhaupt keine Lust hatte. „Die war dann nach kürzester Zeit auch wieder verschwunden“, erzählt Schlösser.
Mittlerweile ist Marcus Schlösser, eigentlich Fußballer durch und durch, „nur“ noch zweiter Vorsitzender. Mittlerweile steht Janina Speer dem Reitverein vor. Schlösser bleibt somit noch ein bisschen mehr Zeit für sein ganz persönliches Tätigkeitsfeld. „Ich habe mir jetzt die Platzpflege so ein bisschen auf die Agenda geschrieben und möchte versuchen, einen der schönsten Plätze in der Umgebung hinzubekommen“, sagt Schlösser. Und er kann sich dabei jederzeit auf mentale Unterstützung verlassen: Denn wann immer es geht, sitzt die zweijährige Tochter Thea mit auf dem Aufsitzrasenmäher oder dem Trecker.
„Jeden Tag mulche ich, ziehe die Halle oder die Außenplätze ab. Oft wirklich nur, weil Thea Trecker fahren möchte“, sagt Schlösser und fügt hinzu: „Wenn wir dann mit dem Trecker durch sind, will sie sofort auf den Rasenmäher. Das ist wirklich schon ein Running Gag im Verein. Viele philosophieren schon, wann Thea wohl das erste Mal ganz alleine mulcht.“
Nach der frühen Absage des traditionellen Turniers im Sommer haben Schlösser und Co. die Zeit genutzt, um einige Dinge anzuschieben. Der Springplatz wurde nachgesäht, der Spring-Abreiteplatz zusätzlich begradigt. Der Dressurplatz wird zum Turnier 2021 komplett saniert und mit frischem Hackschnitzel ausgestattet, alle Grasflächen zudem gedüngt. „Mit ein bisschen Wetterglück können wir da 2021 Golf spielen“, sagt Marcus Schlösser. Allerdings sei man dabei auch sehr auf das Wetter angewiesen, denn eine kostenaufwendige Bewässerungsanlage gibt es nicht.
Schlösser selbst hat mit seiner Frau Hannah ganz in der Nähe des Reitvereins ein Haus gebaut, mit angrenzender Pferdekoppel für die eigenen drei Pferde. Von seiner eigentlichen Leidenschaft, dem Fußball, kann und will sich der Schalke-Fan aber noch immer nicht lossagen. Als Torwarttrainer ist er aktuell beim SV Blau-Weiß Bornreihe II aktiv, meist dreimal die Woche. Die restliche Freizeit widmet er aber fast ausschließlich dem Reit- und Fahrverein Scharmbeckstotel, der nicht nur für Schlösser längst zu so viel mehr geworden ist als einem netten Hobby.
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ja so lange debattieren, darin sind wir ganz groß.