
Wer beim TC Lilienthal eine offizielle Aussage eines Vorstandsmitglieds bekommen möchte, hat es nicht so leicht in diesen Tagen. Das liegt zum einen daran, dass bei dem Lilienthaler Großverein mit seinen über 500 Mitgliedern die Position des 1. Vorsitzenden seit nunmehr fast zwei Jahren vakant ist. Auch einen 2. Vorsitzenden gibt es schon lange nicht mehr. Und nun ist mit Eva John auch noch ein langjähriges Vorstandsmitglied zurückgetreten. Und nicht nur sie.
Mit Sabine Pein, Alexandra Stüble und Dino Zirwes (Beisitzer) haben drei weitere Mitglieder des erweiterten Vorstands ihre Posten mit sofortiger Wirkung niedergelegt. Pein und Stüble hatten ihre Ämter als Jugend- beziehungsweise Jüngstenwartin ohnehin nur kommissarisch ausgefüllt, weil auch diese Posten zuvor unbesetzt waren. Deshalb waren Pein und Stüble noch nicht offiziell gewählte Vorstandsmitglieder. Es haben sich beim TCL in den vergangenen Wochen also reichlich Löcher aufgetan, die es zu stopfen gilt. Das größte – ebenfalls noch ungestopfte – Loch ist übrigens der nahende Abschied von Tim Nekic. Für den zum TC Alfeld wechselnden Cheftrainer (wir berichteten) hat der Klub noch immer keinen Nachfolger gefunden.
Der externe Beobachter stellt sich angesichts der jüngsten Ereignisse rund um den TC Lilienthal also beinahe zwangsläufig einige brisante Fragen. Was hat es auf sich mit den ganzen Rücktritten? Wie soll der Nekic-Abgang denn nun aufgefangen werden? Und wie will sich der Klub personell eigentlich neu aufstellen?
Wenn man als Presse diese mehr als berechtigten Fragen beantwortet haben möchte, dann läuft das in der Regel so ab: Man richtet eine offizielle Anfrage an den 1. Vorsitzenden des Vereins. Doch der ist beim TCL wie gesagt nicht vorhanden, Pech gehabt. Also der oder die 2. Vorsitzende? Nicht vorhanden. Die Sportwartin, die in der Vergangenheit lange Zeit für solche Presseanfragen verantwortlich war (Eva John)? Zurückgetreten. Der vom Verein erst vor wenigen Monaten neu bestimmte Mann für Öffentlichkeitsarbeit (Dino Zirwes)? Zurückgetreten. Und die 3. Vorsitzende, laut BGB-Recht übrigens einzig verbliebenes und verantwortliches Vorstandsmitglied? Nicht zu erreichen.
Mehrfach und über verschiedene Kanäle hat die Sportredaktion versucht, Tamara Kettler, ihres Zeichens 3. Vorsitzende des Vereins, zu kontaktieren, um mit ihr über die jüngsten Ereignisse zu sprechen. Doch sowohl die telefonische Anfrage blieb letztlich unbeantwortet, und auch auf Mails, die an verschiedene Adressen geschickt wurden, erhielt die Sportredaktion keinerlei Antwort. Wie in dieser ebenso müßigen wie ungewöhnlichen Recherche allerdings bekannt wurde, ist Paul Hollwedel aktuell das offizielle und vom Vorstand legitimierte Sprachrohr des Vereins. Hollwedel ist seit vielen Jahren Trainer bei TC Lilienthal, bekleidet aber im Vorstand keinerlei Posten. Warum spricht also nun ausgerechnet Hollwedel und nicht eines der immerhin ja noch fünf verbliebenen Vorstandsmitglieder?
„Es war ohnehin angedacht, dass ich im Vorstand eine Aufgabe übernehme. Jetzt ging es eben etwas schneller als geplant“, sagt der 31-Jährige. Hollwedel sieht die jüngsten Entwicklungen relativ entspannt. Für Anfang Juni soll die im vergangenen Jahr ausgefallene Jahreshauptversammlung endlich nachgeholt werden. Dann dürften auch einige der vakanten Positionen neu besetzt werden, glaubt Hollwedel.
„Ansonsten hat sich eigentlich nicht so viel verändert“, sagt der Mann, der einen Großteil der Aufgaben von Eva John übernommen hat. Die anfallenden Arbeiten seien allesamt verteilt, das Training laufe, die Anlage sei in bestem Zustand. Und auch der Nekic-Rücktritt ist am Ende halb so wild, sagt jedenfalls Hollwedel: „Die frei werdenden Stunden von Tim bekommen wir relativ problemlos umverteilt, weil Johannes Gildemeister mehr Stunden geben wird. Und am Ende muss man sich als Verein dann eben auch fragen, ob ein Cheftrainer wie Tim Nekic oder früher Mauro Piras wirklich notwendig ist.“ Hollwedel rechnet vor, dass von den 160 Stunden, die Nekic im Schnitt monatlich gegeben hat, 130 Stunden für reine Hobbyspieler waren – und nur der kleine Rest wirklich den ambitionierten Leistungssport im Blick hatte. „Und mit Yannick Staschen haben wir ja weiterhin einen absoluten Topmann für diese Leistungsspitze beim TC Lilienthal“, ergänzt Hollwedel, der gemeinsam mit Maren Tiedjen und Johannes Gildemeister das hauptsächliche Trainergespann bildet.
Staschen wird auch die neue Lilienthaler Herrenmannschaft als Spielertrainer in der Verbandsliga anführen (siehe nebenstehender Bericht). Zudem richtet der Verein am 25. April ein großes Ranglistenturnier für die Altersklassen 30 und 40 aus und hat sage und schreibe 30 Teams für die anstehende Sommersaison gemeldet. „Die Junioren B sogar in der höchsten Liga Niedersachsens“, sagt Hollwedel und fügt stolz hinzu: „Das sucht im Landkreis immer noch seinesgleichen.“ Und die vielen Rücktritte im Vorstand? „Na ja, wenn man es ganz nüchtern sieht, dann ist mit Eva John lediglich ein gewähltes Vorstandsmitglied zurückgetreten, ansonsten ist nicht viel passiert“, sagt Hollwedel.
Jene Eva John begründet ihren Rücktritt in erster Linie mit beruflichen Gründen. Die im Lebensmitteleinzelhandel arbeitende Außendienstmitarbeiterin ist oft auf Reisen: „Das ist ohnehin schon immer sehr anstrengend gewesen, durch Corona und eine Knie-Operation Ende des vergangenen Jahres ist es nun aber noch deutlich intensiver geworden“, sagt John. Gleichwohl hatte die für den Leistungsbereich zuständige Sportwartin aber zuletzt auch keinen Hehl aus ihrer Enttäuschung gemacht, als es um den Rückzug der ersten Herren aus der Nordliga, sowie den Rücktritt von Tim Nekic ging.
Laut Informationen aus dem Vereinsumfeld gestaltete sich die Nachfolgersuche zuletzt zu einer echten Problemangelegenheit. Offenbar hatte der Verein zwischenzeitlich bereits einen Nachfolger, doch der zog seine Zusage wieder zurück. Inwieweit auch das alles zu den Rücktritten führte, will Eva John nicht öffentlich kommentieren. Stattdessen sagt sie: „Ich werde Paul Hollwedel so weit und gut es geht unterstützen und bin wirklich froh, dass da so ein junger Mann ist, der mitgestalten will.“
Für die Organisation der Lilienthaler Volksbank Open, die es auch in 2021 geben soll, wird John weiterhin verantwortlich sein. „Eigentlich wollte ich ja ohnehin schon letztes Jahr auf der Jahreshauptversammlung zurücktreten, doch die ist dann ja ausgefallen“, fügt Eva John noch hinzu. Also habe sie mit Blick auf die schwierige Phase der Corona-Pandemie natürlich zunächst noch weitergemacht. Warum sie dann ausgerechnet jetzt zurückgetreten ist, und nicht noch zweieinhalb Monate bis zur Jahreshauptversammlung warten konnte, um dann ganz unspektakulär ihr Amt abzugeben? Das ist nur eine von vielen Fragen, die am Ende des Tages irgendwie immer noch unbeantwortet bleiben.
Ranglistenturnier sofort ausgebucht
Immerhin eine Frage, die im Zuge der jüngsten Ereignisse beim TC Lilienthal ganz klar beantwortet werden konnte, war die nach den Lilienthaler Volksbank Open: „Die finden auf jeden Fall statt, das hat der Vorstand auf seiner letzten Sitzung gerade erst abgesegnet“, sagt Paul Hollwedel. Darüber hinaus freut sich der Verein auf ein großes Ranglistenturnier, das am Sonntag, 25. April, gemeinsam mit dem TC Falkenberg auf den Lilienthaler und Falkenberger Plätzen ausgetragen werden soll. Dort sind die Konkurrenzen Herren 30 sowie Damen und Herren 40 ausgeschrieben - und die Nachfrage ist riesig, wie Hollwedel verrät: „Wir haben überall jeweils schon um die 20 Meldungen und überlegen deshalb, eventuell noch einen anderen Verein mit ins Boot zu nehmen.“
Die neue Ausrichtung bei den ersten Herren, früher ein überregionales Aushängeschild des Klubs, und in diesem Sommer in der Verbandsliga spielend, sieht vor, dass dort Yannick Staschen (Leistungsklasse 1) als Spielertrainer ein junges Team in die Saison führt. Auf den weiteren Position folgen Johannes Gildemeister (LK7), Nicolai Jurys (LK7) und Jannis Ritter (LK7). Außerdem sind Elias Heine (Jahrgang 2007/LK14), Benotto Schmidt (2008/LK17) und Adrian Root (2006/LK19) für Einsätze in der ersten Mannschaft vorgesehen. „Besonders diese drei Spieler sollen gefördert werden und bekommen möglichst viele Einsatzzeiten“, sagt Paul Hollwedel. Heine, Schmidt und Root spielen zudem mit den Junioren B auch noch in der Verbandsliga, der höchsten niedersächsischen Spielklasse in dieser Altersstufe.
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