
Wolfgang Wenzel: Ich halte es für unfair und falsch, wenn ich da detailliert Stellung beziehen würde. Ich kenne letztlich nur eine Seite wirklich im Detail und es wäre einfach nicht gerecht, wenn ich mich da äußern würde.
Aber es sind jüngst vier Personen aus dem Vorstand oder dessen direkten Umfeld zurückgetreten. Das bekommen Sie ja auch mit. Wie wirkt so etwas auf Sie?Der Verein wirkt zurzeit etwas orientierungslos, das ist wohl so.
Können Sie das konkretisieren?Na ja, dieser Klub besitzt eine Anlage der absoluten Spitzenklasse, eine Halle, die ihresgleichen sucht. Der TC Lilienthal hat ein Umfeld, das einmalig ist im Landkreis Osterholz. Wenn es in diesem Verein zukünftig ausschließlich Breitensport geben würde, dann würde etwas Essenzielles fehlen.
Befürchten Sie denn, dass das die Ausrichtung des aktuellen Vorstands ist?Noch einmal: Ich werfe da niemandem etwas vor, alle, die sich im Vorstand und in dessen Umfeld engagieren, bringen dort viel Zeit ein und machen das ehrenamtlich. Aber zu meiner Zeit war es immer das Gesamtpaket, mit dem der TCL gepunktet hat. Es gab für jeden ein Zuhause. Der Breitensport war dabei immer die Basis. Aber es war eben auch sehr wichtig, der Leistungsspitze gerecht zu werden.
Sie sprechen es an, der Leistungsbereich wurde zuletzt mehr und mehr zurückgefahren. Die erste Herren, jahrelang ein überregionales Aushängeschild, spielt nur noch in der Verbandsliga. Die Suche nach einem Nachfolger für Trainer Tim Nekic entpuppt sich zudem als extrem schwierig.Was ja auch völlig logisch ist. Alle unsere Trainer, angefangen von Gerrit Strehl über Dimitri Kostin und Mauro Piras, Tim Richter bis hin zu Tim Nekic hatten immer zwei Standbeine. Alle konnten hier selbst noch hochklassig spielen und damit etwas Geld dazu verdienen. Das ist ein ganz entscheidendes Argument gewesen für die Entscheidung pro TCL. Dieses Standbein gibt es nun nicht mehr. Deshalb findet man auch keinen entsprechenden Ersatz für Tim Nekic.
Die erste Herren spielt nur noch Verbandsliga, ein adäquater Ersatz für Tim Nekic ist nicht in Sicht, vier zum Teil langjährige Vorstandsmitglieder haben ihre Ämter abgegeben. Wird der TC Lilienthal zu einem 08/15-Klub?Es wäre unheimlich schade, wenn es wirklich so kommen würde. Und meine persönliche Meinung ist auch tatsächlich, dass der Verein als reiner Breitensportverein auf lange Sicht den Bach runtergehen wird. Beim TC Lilenthal muss es immer das Ziel sein, mehr als nur ein Verein von ganz vielen zu sein.
Wie könnte das zukünftig funktionieren?Der Verein muss sich wieder eine Vision setzen. „TC Lilienthal 2025“ beispielsweise und ein entsprechendes Konzept dazu erarbeiten. Und ganz wichtig: Es muss ein 1. Vorsitzender oder eine 1. Vorsitzende her, der oder die den Hut aufhat und sich in den Wind stellt. Das muss in meinen Augen nicht einmal ein Tennis-Zwölfender sein, eigentlich braucht so eine Person null Vorkenntnisse, was das Tennis angeht. Ich war damals auch Handballer und hatte keine Ahnung, wie man Tennis schreibt. Aber der Verein ist da wirklich klasse aufgestellt. Die aktuellen Vorstandsmitglieder leisten da super Zuarbeit und kennen sich im Sportlichen bestens aus. Die Anlage sieht so gut aus wie noch nie, die Kassenlage ist besser denn je. Jetzt wäre es wichtig, einen Menschen zu finden, der in der Wirtschaft gut vernetzt ist und eine entsprechende Vision transportieren kann.
Klingt nach der perfekten Stellenbeschreibung für Sie?(lacht) Nein, das wäre nicht richtig, das noch einmal aufzuwärmen. Mit einem 78-Jährigen die Zukunft zu planen, wäre nicht wirklich glaubhaft. Andererseits würde ich einem neuen Vorsitzenden oder einer neuen Vorsitzenden selbstverständlich mit Rat und Tat zur Seite stehen, falls das gewünscht ist. Das bin ich dem Klub als Ehrenvorsitzender schuldig und dafür hängt mir der Verein auch viel zu sehr am Herzen.
Haben Sie denn die konkrete Hoffnung, dass sich bis zur Jahreshauptversammlung entsprechende Personen finden und wählen lassen?Die habe ich definitiv. Natürlich reißen die jüngsten Rücktritte ein großes Loch, da muss man ja nicht drumrum reden. Aber ich bleibe optimistisch, dass sich der Verein neu aufstellen wird. Der TC Lilienthal hat immer eine Art Leuchtturmfunktion für die ganze Region gehabt und er täte gut daran, diese nicht herzugeben.
Das Gespräch führte Tobias DohrWolfgang Wenzel (78)
war 18 Jahre lang 1. Vorsitzender beim TC Lilienthal und machte den Klub zum Aushängeschild der regionalen Tennisszene. Unter seine Regie zog der Verein im Jahr 2003 auf die moderne, neue 9-Feldanlage Am Sportpark um. Wenzel ist Ehrenpräsident des TC Lilienthal.
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