
Björn Schierenbeck: Die Aufgaben in einem Leistungszentrum sind sehr vielfältig. Hier versuchen 36 hauptamtliche und mehr als 70 nebenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eine bestmögliche Ausbildung für die Talente der U8 bis zu U23 zu gewährleisten. Hierbei bin ich für den organisatorischen und wirtschaftlichen Part zuständig und Thomas Schaaf als Technischer Direktor für den sportlichen Bereich.
Und wie sieht ein typischer Arbeitstag ohne Corona bei Ihnen aus?Wir lassen am Montag das Wochenende Revue passieren. Dann tauschen wir uns mit allen Trainern und Experten aus. Was ist passiert? Gab es Verletzungen? Wie war die Leistung der einzelnen Spieler? Was gibt es zu beachten und zu berücksichtigen für die Woche? Freitags haben wir einen weiteren festen Termin. Dann wird das Wochenende vorbereitet. Ob es beispielsweise Verschiebungen gibt, weil sich jemand in der Woche über verletzt hat. Innerhalb der Woche finden interne Fortbildungen, Mitarbeitergespräche oder allgemeine Projekte statt. Das macht das Ganze so abwechslungsreich und dadurch auch sehr interessant. Das Gute ist, dass wir mit Menschen zu tun haben. Meistens bereitet es einem große Freude, aber manchmal ist es auch nicht immer einfach, wenn ein Spieler beispielsweise eine schwere Verletzung erlitten hat.
Neben der Leitung des Nachwuchsleistungszentrums haben sie 2016 die Verantwortung für Werders U23 übernommen und sind als Sportlicher Leiter fester Ansprechpartner für Mannschaft und Trainerteam.Seitdem Thomas Schaaf dabei ist, hat er die Sportliche Leitung der U23 übernommen. Mein Schwerpunkt sind hier die Budgetplanung und die Vertragsgespräche. In Absprache mit Frank Baumann, Clemens Fritz und Thomas Schaaf bin ich für die Kaderplanung verantwortlich. So entscheiden wir in der Diskussion mit dem Trainer, wie wir in die neue Saison gehen wollen.
Angefangen hat es damals beim TSV Leeste (lachend). Der SC Weyhe ist aus dem TSV Leeste und dem ETSV Kirchweyhe entstanden. Ich habe zwar nie in einem Leistungszentrum gespielt, dennoch habe ich dort eine sehr gute Ausbildung genossen. Ich habe in meiner Freizeit viel Fußball und auch viel Tennis gespielt. Ich war also sehr sportinteressiert.
Haben Sie auch im Verein Tennis gespielt?Ja, auch beim SC Weyhe und später beim FTSV Jahn Brinkum.
Was war aus sportlicher Sicht Ihr schönster Moment in dieser Zeit?Wir haben im Bremer Landespokal-Finale mit unserer A-Jugend gegen Werder gespielt. Das war schon ein Highlight. Ich bin mir zwar nicht mehr sicher, aber ich glaube wir haben nach Verlängerung knapp mit 0:1 verloren. Das war beim SC Weyhe eines meiner Highlights.
Da Sie ja in Wehye wohnen, haben Sie noch Verbindungen zum Verein oder vielleicht sogar zu ehemaligen Spielern?Ich kenne noch einige aus dem Verein und auch aus den anderen Vereinen Weyhes. Die verteilen sich natürlich auch. Dann sind da einige beim TuS Sudweyhe oder beim TSV Weyhe-Lahausen. Also die Verbindungen zu früheren Mitspielern sind durchaus noch vorhanden.
Im Jahr 1995 zog es Sie dann zum SV Werder Bremen. Wie kam dieser Wechsel zustande?Wir sind damals von der Landes- in die Verbandsliga aufgestiegen. Und in dieser Saison habe ich als Defensivspieler relativ viele Tore gemacht und damit für Aufmerksamkeit gesorgt. Unter Rolf Behrens, den damaligen Nachwuchsmanager von Werder, habe ich bei zwei, drei Einheiten mittrainiert. Er hat dann gesagt: Junge, das können wir durchaus mal probieren. So habe ich mit 21 Jahren beim SV Werder Bremen angefangen.
Dort spielten Sie zunächst für die zweite Mannschaft, standen aber im Bundesligakader. Außerdem gab es 1998 ein kurzes Intermezzo bei Greuther Fürth. Wie würden Sie diese Zeit beschreiben?Also, den Lifestyle als Bundesligaprofi zu leben, ist schon attraktiv. Wenn man sein Hobby zum Beruf machen kann, ist das etwas Besonderes. Das war schon mit die schönste Zeit als aktiver Sportler. Am Wochenende in vollen Stadien zu spielen ist ein großes Privileg.
Schon als aktiver U23-Spieler hat mir der damalige Präsident und Geschäftsführer Klaus-Dieter Fischer eine Perspektive aufgezeigt. So habe ich das interne Stützpunkttraining geleitet und dort Trainererfahrung gesammelt. Durch ein Trainee-Programm habe ich aber mehr Gefallen an den organisatorischen und wirtschaftlichen Prozessen eines Fußballklubs gefunden.
Wie würden Sie ganz allgemein die Nachwuchsarbeit beim SV Werder Bremen beschreiben?Insgesamt ist die Nachwuchsarbeit in Deutschland und auch bei Werder Bremen auf einem hohen Niveau. Im Rahmen der Lizenzierung ist jeder Bundesliga-Klub verpflichtet, ein Leistungszentrum mit gewissen Standards zu unterhalten. Unabhängig davon hat die Nachwuchsarbeit bei Werder Bremen seit jeher einen hohen Stellenwert.
An den Plänen eines neuen Nachwuchsleistungszentrums hält Werder weiterhin fest. Ist das gerade in dieser Zeit ein wichtiges Zeichen?Ja, aber in der Prioritätenliste ist das jetzt leider nach hinten gerückt. Da hat uns Corona doch einen Knüppel zwischen die Beine geworfen. Auch wenn dieses Thema eine hohe Dringlichkeit hat, haben wir momentan andere Herausforderungen, die gelöst werden müssen. Für den Klub ist es enorm wichtig, dass wir in Sachen Nachwuchsarbeit konkurrenzfähig bleiben. Viele andere Vereine haben eine Menge in die Infrastruktur investiert und dort jetzt einen kleinen Vorsprung. Trotzdem bin ich der Überzeugung, dass man die schönsten Gebäude und die schönsten Umkleidekabinen haben kann, wenn die Menschen dort aber keinen guten Job machen, bringt einem das auch nicht viel. Wir haben sehr gute Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die aus der doch in die Jahre gekommenen Infrastruktur viel rausholen.
Mit Eren Dinkci, Jean-Manuel Mbom oder Nick Woltemade setzt Werder Bremen immer mehr auf den eigenen Nachwuchs. Ist das der Weg der Zukunft?Das ist der Weg der Zukunft und war auch der Weg der Vergangenheit. Ich glaube, wir haben zu jeder Zeit immer wieder Nachwuchsspieler in die erste Mannschaft eingebaut. Vom Anfang der 2000er-Jahre mit Tim Borowski, Simon Rolfes bis hin zu Max Kruse, Maxi Eggestein und Davie Selke war die Nachwuchsarbeit immer eine wichtige Säule bei Werder Bremen, die vielleicht jetzt umso wichtiger wird, da uns Einnahmen fehlen, um auf dem Transfermarkt tätig zu werden. Somit müssen wir das nun durch eine gute Ausbildung kompensieren und hoffen, dass wir das eine oder andere Eigengewächs zum Bundesligaspieler machen können.
Wenn Sie denn irgendwann etwas mehr Zeit haben sollten, könnten Sie sich dann vorstellen, wieder zum SC Weyhe zurückzukehren und dort Fußball zu spielen?(lacht) Also ich spiele immer noch sehr gerne Fußball. Wir haben auch eine Art Betriebssportmannschaft. Aber man sollte im Leben ja niemals nie sagen, also kann das durchaus sein.
Das Interview führte Nastassja Nadolska.Björn Schierenbeck (46)
ist Leiter des Nachwuchsleistungszentrum von Werder Bremen und parallel Sportlicher Leiter der U23. Seine fußballerische Laufbahn begann er beim SC Weyhe. Dort spielte er bis 1995 und wechselte in die zweite Mannschaft des SV Werder Bremen. Nach einem Jahr bei den Amateuren wechselte er in den Profikader. Im Sommer 1998 zog es ihn zur SpVgg Greuther Fürth in die 2. Bundesliga, doch bereits im Januar 1999 kehrte der gelernte Abwehrspieler nach Bremen zurück. Auch bei seinem zweiten Engagement bei Werder Bremen spielte Schierenbeck hauptsächlich für die zweite Mannschaft. 2007 beendete er seine Karriere.
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