
Am vergangenen Mittwoch hat der Amateurfußball ein unschönes Jubiläum erlebt: Seit 100 Tagen ruhte der Spielbetrieb. Nach Feiern war zweifelsfrei weder Spielern noch Trainern zumute, weder Spartenleitern noch Fans. Wann es weitergeht, das weiß seit dem 25. Oktober, dem Tag der letzten Punktspiele im Kreis Diepholz und im Bezirk Hannover, niemand so ganz genau. Klar ist nur: Sobald der Ball wieder rollen darf, muss es schnell gehen. Dann haben die Kicker keine Zeit zu verlieren, um die Saison noch zu einem sportlichen Ende zu führen.
Auswirkungen wird das auch auf die Vorbereitungszeit der Mannschaften haben. Maximal drei Wochen werden sie gemeinsam trainieren können. Mehr ist nicht drin, das hat Thorsten Schuschel, der stellvertretende Vorsitzende und Spielausschuss-Chef des Fußball-Bezirks Hannover, den hiesigen Bezirksliga-Vertretern im Januar klargemacht. Viele Trainer äußerten danach bereits Bedenken, diese Vorbereitungszeit sei zu kurz. Besonders nach einer so langen Pause. Sollte es im April mit dem Spielbetrieb weitergehen und Mitte März die Vorbereitung möglich sein, wären die Kicker der Region seit mehr als vier Monaten raus. Kein Mannschaftstraining, keine Spiele. Ein lange Zeit. Kann dann ein Neustart auch mit Blick auf die Gesundheit der Aktiven gelingen?
Holger Beckmann ist als Physiotherapeut eine Institution im Diepholzer Fußball. Er hat sich in Twistringen, Diepholz und Mörsen einen sehr guten Namen gemacht. Mittlerweile betreut er die Fußballer des Bezirksligisten TSV Bassum. „Wenn es wieder losgeht, stelle ich mich auf viel Arbeit ein“, blickt er dem Re-Start zwar mit Vorfreude entgegen, aber auch mit einer gewissen Sorge. „Wir müssen auf jeden Fall vorsichtig sein“, warnt er davor, zu schnell wieder hochzufahren. Belastungssteuerung werde ein entscheidender Punkt sein, um die Gesundheit der Spielerinnen und Spieler nicht zu gefährden. Zwei Wochen Vorbereitung, wie sie zuletzt beim Bremer Fußballverband Thema waren, „sind sowieso zu wenig. Aber auch drei Wochen sind knapp. Egal, wie viel die Spieler derzeit selbst machen, um sich fit zu halten. Eigentlich bräuchte man eine Sommervorbereitung.“ Also einen Monat – lieber noch zwei Wochen mehr.
Momentan halten sich die Fußballer individuell fit. Teamtraining ist nicht erlaubt. Beckmann ahnt: Der Aufwand, den die Sportler betreiben, schwankt stark. „Manche können nicht still sitzen, andere finden es auf der Couch dagegen ganz gemütlich“, weiß der Physio, dass ein Fußballer nicht unbedingt Spaß daran hat, sich abseits des Feldes und ohne Ball zu quälen. Beim TSV, das erzählt der Ellinghauser, hätten mittlerweile verpflichtende Laufeinheiten begonnen. Das sei wichtig, um mit einer gewissen Grundfitness in die Vorbereitung starten zu können. „Aber“, wendet er ein, „das Laufen ersetzt nicht den Fußball.“ Was er meint: „Das sind ganz andere Bewegungen. Beim Fußball hast du viele kurze Sprints, kurze Phasen intensiver Belastung, und dazu kommen noch die Zweikämpfe.“
Beckmann weiß, wovon er spricht. Als er beim TV Heiligenloh II nach langer Zeit sein Comeback feierte, war seine Fitness kein Problem. Vier Mal pro Woche läuft er mindestens zehn Kilometer, zudem ist er Marathon-gestählt. Ein Ausdauer-Ass. Trotzdem hatte er bei seiner Rückkehr körperlich zu kämpfen, hatte Probleme mit dem Oberschenkel und der Hüfte. Es brauchte seine Zeit, bis sich die Bänder, Kapseln und Sehnen an die Belastung beim Fußball gewöhnten. „Sie sind nicht mehr so trainiert wie zuvor. Deshalb ist man verletzungsanfälliger. Der ganze Bewegungsapparat ist nicht so stabil wie sonst“, erklärt er. Im besten Falle „drohen“ den Kickern muskuläre Probleme, die sich etwa im Muskelkater niederschlagen, deutlich schlimmer wären Faserrisse oder Schambeinverletzungen. Je größer die Steigerung der Intensität ist, desto schneller geschehe eine Verletzung, verdeutlicht Beckmann. „Wenn es wieder losgeht, werden Torsten (Klein, Trainer der Bassumer, Anm. d. Red.) und ich sicherlich einige Gespräche führen, wie wir die Belastung richtig steuern können.“ Wichtig sei, das Training behutsam zu steigern. „Von null auf hundert geht es nicht.“ Besonders vor dem Hintergrund, dass man von der Arbeit mit Amateuren spreche. „Da sind die Bedingungen ganz anders als bei Profis, die sich ausschließlich auf den Sport konzentrieren können.“
Um verletzungsfrei durch die kurze Vorbereitung zu kommen, können die Kicker der Region auch selbst einiges tun – über Läufe und sonstige Fitnesseinheiten im Privaten hinaus. „Es ist wichtig, dass die Fußballer auf ihre Ernährung und auf ihren Getränkehaushalt achten“, nennt Beckmann ein Beispiel. „Und wenn es wieder zur Belastung kommt, ist Muskelpflege angesagt.“ Dann wird er unter anderem mit Massagen zur Stelle sein. Er ahnt bereits: „Es könnte etwas mehr Arbeit für mich geben.“
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