
Brinkum. Die Fußstapfen, in die er treten wird, „sind riesig“, weiß Mike Owsianowski. Er wird beim Handball-Landesligisten HSG Stuhr auf Sven Engelmann folgen, der am Ende dieser Saison nach dann 14 Jahren sein Amt niederlegen wird. Mit Owsianowski hat die HSG einen Nachfolger in den eigenen Reihen gefunden. Der 36-Jährige ist bereits Co-Trainer der ersten Herrenmannschaft. Seine seine neue Aufgabe wird er selbstbewusst angehen. Erst einmal aber steht der Klassenerhalt im Fokus.
Leicht ist die Situation nicht. Für die HSG nicht, für Engelmann nicht und für Owsianowski schon gar nicht. Der Abstieg schwebt wie ein Damoklesschwert über den Stuhrern. Die Landesklasse droht – ein Szenario, dass sie unbedingt verhindern wollen. Die HSG will mit dem Klassenerhalt weiter auf gutem sportlichen Niveau spielen, für Engelmann wäre der Ligaverbleib dagegen ein schöner Abschluss seiner Ära. Und für Owsianowski ein wichtiger Teil der sportlichen Zukunftsplanung. „Natürlich möchte ich lieber in der Landesliga anfangen“, bekräftigt er.
Bei der HSG gibt es einiges zu tun, auch im Falle des Klassenerhalts. Das ist dem zukünftigen Trainer bewusst. Für ihn ist die HSG, die es seit 2016 gibt, „ein Stück Heimat“. Owsianowski Elternhaus steht in Stuhrbaum, er selbst wohnt in Groß Mackenstedt. Er ist ein Kind der Region und ein Kind des Handballs, des Sports, mit dem er in Stuhr begann. Im vierten Jahr ist er nun bei Engelmann und der HSG, zuvor spielte er bei der SG Bremen-Ost, beim TuS Komet Arsten, bei der HSG Hude/Falkenburg und in Seckenhausen. Unter Engelmann kam der gelernte Linksaußen auch am Kreis zum Zug. „Eine ganz andere Welt, aber ich mag es, wenn es zur Sache geht“, sagt Owsianowski und grinst. Er weiß, was ihm gefällt. Und dazu gehört auch die Trainerarbeit. Bei der HSG Hude/Falkenburg war er eine Saison lang Spielertrainer, mit der ersten Frauenmannschaft der Stuhrer führt er momentan die Regionsliga an. „Auf lange Sicht wollte ich immer schon in den Herrenbereich“, schildert Owsianowski, warum er nicht allzu lange zögerte, als die Möglichkeit bestand, bei den Männern vom Co-Trainer zum Chef aufzusteigen. „Ich hatte natürlich gehofft, dass ich an der Reihe bin, wenn Sven irgendwann mal aufhört. Deshalb ist es sehr, sehr schön, dass ich jetzt diese Chance bekomme, und ich hoffe, dass ich dem Verein und den Jungs gerecht werden kann.“
Owsianowski nimmt in der neuen Serie die nächste Entwicklungsstufe als Trainer. Bis dahin will er noch möglichst viel von Engelmann lernen. Seit er an dessen Seite arbeite, habe er bereits enorm viel mitgenommen. „Wie Sven sich auf Gegner vorbereitet, ist schon einzigartig. So viel Akribie habe ich selten erlebt. Er hat für jeden Gegner die richtige Philosophie. Sein Training ist stark durchstrukturiert. Sven macht einen besser, wenn man besser werden will. Deshalb hat er den Respekt der gesamten Handballregion und in jeder Halle.“ Diesen Respekt will sich auch Owsianowski verdienen. Auch er will zum Bessermacher werden. Doch wie schnell kan das gehen bei einem, der kaum älter ist als einige seiner Spieler? „Es ist ganz klar, dass ich mir das erarbeiten muss. Da muss ich auch ein bisschen mehr Abstand gewinnen, momentan bin ich noch zu sehr Spieler“, weiß er. Als Trainer durften ihn die HSG-Akteure aber bereits in der Vorbereitung erleben oder dann, wenn Engelmann einer Einheit aus beruflichen Gründen fernblieb. „Mir geht es darum, die Jungs weiterzubringen– mit Spaß und Struktur. Ich will zeigen, dass ich mich mit ihnen und dem Sport auseinandersetze und einen Plan habe“, hat Owsianowski hohe Ansprüche an sich selbst. Unter ihm soll die HSG Stuhr ein Verein bleiben, der leistungsorientierten Handball anbietet.
Wie dieser aussehen soll, hat der neue Coach bereits für sich definiert. Schnell und dynamisch, dazu eine offensiv Verteidigung. Moderner Handball am Traditionsstandort Brinkum. „Ob das klappt, hängt auch von den Spielern ab“, weiß der 36-Jährige, ein kommunikativer Typ, der mit seiner Meinung nicht hinter den Berg hält. Natürlich brauche die HSG einen breiteren Kader: „Fünf neue Spieler wären ideal“, meint der Coach. Außerdem gelte es, die Mannschaft zu verjüngen, am liebsten auch mit Kräften aus den eigenen Reihen. Bei den B-Jugendlichen gebe es zum Beispiel „zwei, drei richtig gute Jungs“. Allgemein passiere gerade recht viel in der Jugend. „Wir wollen den Jungs eine Perspektive geben“, lautet Owsianowskis Plan. Unvorbereitet stürzt er sich nicht in die neue Aufgabe. Er hat noch ein paar andere Eisen im Feuer: „Ich bin gut vernetzt und habe mich mit einigen Spielern schon mal ausgetauscht, ob sie sich vorstellen könnten, unter mir zu spielen, wenn ich mal Trainer bin. Das Telefon stand nicht oft still in den letzten Tagen.“ Owsianowski schiebt die Zukunft an, ohne sich in den Vordergrund zu drängen. Dabei gilt: Jeder Neue müsse nicht nur Lust auf die Mannschaft haben, sondern auch auf die HSG. Der jetzige Kader bleibe zu größten Teilen zusammen. Einen Start bei Null wird es für Owsianowski, der sich selbst einen positiv Bekloppten nennt, nicht geben.
Erleichtern würde seinen Start als Cheftrainer der Klassenerhalt. Der Übergang wäre einfacher für ihn, wenn Stuhr im Mittelfeld stünde und Planungssicherheit hätte. „Aber darum geht es jetzt nicht. Wir müssen uns erst einmal auf den Klassenerhalt konzentrieren“, setzt Owsianowski Prioritäten. Trotz des letzten Platzes schätzt er die Chancen auf den Ligaverbleib durchaus gut ein. „Wir müssen einfach mal eine Serie starten“, weiß er und glaubt, dass das alsbald gelingt: „Wir haben einen breiteren Kader als noch in der Hinrunde, dadurch ist die Qualität im Training und im Spiel höher. Und die Moral der Jungs ist ohnehin herausragend.“ Die HSG ist laut Owsianowski also gewappnet für den Abstiegskampf.
Er selbst wird an der Seite Engelmanns alles dafür tun, dass die Spielgemeinschaft die Klasse hält – um als Chef in der Landesliga richtig durchzustarten. Das wäre auch im Sinne Engelmanns und der HSG.
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