
Varrel/Shenzhen/Bremen. Rund 9000 Kilometer waren die Tänzerinnen Tabea und Berit Horstmann vom Grün-Gold-Club Bremen von ihrer Heimat entfernt. Im chinesischen Shenzhen kämpfte die Formation Anfang Dezember noch um den Weltmeistertitel, den sie zum neunten Mal wieder an die Weser holte. Aber nicht nur das sorgte bei den beiden Geschwistern aus Varrel für ein unvergessliches Erlebnis: „Das Land und die Kultur waren für uns völlig neu. Dazu sind wir mit einer neuen Formation gestartet. Das war schon ziemlich aufregend“, erinnert sich die 20-jährige Tabea zurück.
Als Vizemeister reisten die Bremer nach China, der Druck war groß. „Wir hatten eigentlich nichts zu verlieren. Alle Blicke richteten sich aber nur auf uns. Das hatte man schon die ganze Zeit im Hinterkopf“, berichtet Berit. Die Bremer starteten in China mit vielen neuen Tänzern, die sich während der Vorbereitung erst einmal finden mussten. „Einige waren dabei, die keine Meisterschaftserfahrung hatten und dementsprechend mit dem Druck noch nicht so umgehen konnten“, sagt Tabea, die gemeinsam mit ihrer Schwester während der Vorbereitung zu den wichtigsten Stützen der Formation gehörte.
Viel Zeit blieb Berit, Tabea und ihrem Team nicht. Die Vorbereitung war sehr kurz. Das lag unter anderem an der Europameisterschaft im Juni vergangenen Jahres, die aus Sicht der Geschwister zu spät kam. „Normalerweise starten wir mit der neuen Choreo im Sommer. Das hat im vergangenen Jahr aber nicht funktioniert,“ sagt die 22-jährige Berit, deren Team gerade mal drei Wochen Zeit für die neue Choreografie hatte, danach aber vier Wochen pausieren musste aufgrund der Sommerferien. Es folgten stressige, aber auch erkenntnisreiche Wochen, in denen das zum Teil neugeformte Team noch enger zusammenrückte. „Wir haben oft mit den Neulingen gesprochen. Über die Jahre lernt man, wie man mit der Nervosität umgehen muss, und das haben wir versucht, weiterzugeben,“ erklärt Berit, die zu den „alten Hasen“ der Formation gehört.
In der Zwölf-Millionen-Metropole Shenzhen wurde es für das 39-köpfige Team dann ernst. Obwohl die Tänzer zwei Tage vor dem Turnier angereist waren, hing ihnen der zwölfstündige Flug noch in den Knochen. Bei der Stellprobe am Tag vor der WM sorgte zusätzlich die Tanzfläche für etwas Verwirrung. „Wir konnten uns nicht so richtig koordinieren, da das Parkett aus Linoleum bestand. Am Wettkampftag haben wir das aber ausblenden können“, berichtet Berit. Kurz vor dem Tanz herrschte bei den Horstmann-Schwestern wenig Aufregung. „Es ist wie in einem Film. Sobald ich auf der Fläche stehe, vergesse ich alles um mich herum und tanze einfach los“, beschreibt Tabea ihre Gefühlslage. Ähnlich erging es auch ihrer Schwester Berit: „Ich nehme zwar das Publikum wahr, bin aber voll in meiner Routine drin.“
Der Weltmeister aus Bremen überzeugte in Vor-, Zwischen- und Finalrunde mit seiner tänzerisch höchst anspruchsvollen Choreografie „This is me“, bei der vor allem die Bildentwicklung überaus kompliziert und zugleich sehr sehenswert ist. Bei den Wertungsrichtern lag die Formation nach jeder Runde vorn, am Ende geriert der Triumph trotz eines Fehlers einer Tänzerin, die weggerutscht war, nicht mehr in Gefahr. „Natürlich war es in diesem Moment sehr ärgerlich. Die Wertungsrichter haben es Gott sei dank nicht so streng genommen“, sagt Berit. Dennoch war die Anspannung bei der Punktevergabe groß. „Nach unserem Tanz waren die Russen dran, die eine nahezu perfekte Leistung abgeliefert haben“, erzählt Tabea, deren Team am Ende mit 37,000 Wertungspunkten den Titel in der Tasche hatte. Und eben dieser neunte WM-Titel wurde dann im Anschluss auch gebührend gefeiert. Nach dem Bustransfer zurück zur Unterkunft war die Hotelbar das erste Ziel. „Wir haben gemeinsam mit den Niederländern und den Österreichern gefeiert, das ging bis in die frühen Morgenstunden“, erzählt Tabea, deren Team die Nacht von Shenzhen zum Tag machte.
Danach folgten weitere aufregende Tage, unter anderem in Hongkong und auf der anderen Seite des Perlfluss-Deltas in Macao, wo es bei einem Showevent in einem Hotelcasino noch einmal sportlich zuging. Das Grün-Gold-Team trat gleich zweimal auf und präsentierte neben der aktuellen auch die alte Choreografie „Noises, Voices, Melodies“. „Viele Leute wollten Fotos mit uns machen. Wir haben uns wie Stars gefühlt“, sagt die 20-Jährige schmunzelnd.
Im Bundesliga-Alltag blicken die Tänzerinnen und Tänzer des Grün-Gold-Clubs auf eine aufregende und auch etwas ungewöhnliche Saison zurück. Viermal wurden sie Zweiter, im März, am letzten Turniertag in eigener Halle, landeten sie auf Rang eins. Am Ende landete der Weltmeister aus Bremen auf Rang zwei. Die A-Formation des TSZ Velbert sicherte sich knapp den ersten Rang. Enttäuscht ist Tabea aber nicht: „Wir sind jetzt zufrieden mit dem, was dabei rausgekommen ist, und werden auf jeden Fall so weitermachen. Wir haben ja auch ein großes, neues, junges Team. Da dauert es dann auch einfach mal etwas länger, bis sich das alles so eingespielt hat“, sagt sie und schaut zuversichtlich in die neue Saison. Die Horstmann-Geschwister werden auch dann wieder für den Grün-Gold-Club auf das Parkett gehen. Doch erst einmal wird die 20-jährige Tabea für drei Monate nach Afrika gehen und dort ein Praktikum absolvieren. „Ab Mitte August bin ich dann wieder dabei“, kündigt Tabea an.
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