Grambke. Lässt sich die geplante Klärschlamm-Verbrennungsanlage im Industriehafengebiet noch verhindern? Diese Frage stellen sich Bürger in Oslebshausen und Burg-Grambke. Sie befürchten vor allem gesundheitliche Schäden. Rolf Vogelsang, Sprecher der Bürgerinitiative Oslebshausen und umzu und SPD-Mitglied im Beirat Gröpelingen: „Es gibt 23 Firmen im Industriehafen, die Müll entsorgen oder verarbeiten. Gegen die 24. werden wir mit allen rechtlichen und politischen Mitteln zu Felde ziehen.“
Klärschlamm ist der Abfall, der nach der Reinigung des Abwassers in Kläranlagen wie Seehausen und Farge übrig bleibt. In ihm sind Mikroplastik, Schwermetalle und Arzneimittelrückstände enthalten. Um Böden und Grundwasser zu schützen, dürfen die Schlämme ab 2029 nicht mehr auf Äckern, Feldern und Wiesen verteilt werden. Als Alternative preisen der Oldenburg-Ostfriesische Wasserverband, die Hansewasser Ver- und Entsorgungs GmbH, die Stadtwerke Bremen sowie EWE Wasser GmbH die Verbrennung beziehungsweise thermische Verwertung an. Die Unternehmen haben sich zur Klärschlamm-Entsorgungsgesellschaft Kenow zusammengeschlossen und wollen möglichst bald jährlich rund 200 000 Tonnen getrockneten Klärschlamm aus ganz Nordwestdeutschland im Schatten des Kraftwerks Hafen verbrennen.
Dort sind nach den Worten von Hansewasser-Pressesprecher Oliver Ladeur wichtige Voraussetzungen für den Betrieb der Anlage wie zum Beispiel Personal, Werkstatt, Strom, Kühlwasser und Lkw-Stellflächen vorhanden. Ladeur bezeichnet die thermische Entsorgung des Klärschlamms als Zukunftsweg. Und nur durch die sogenannte Monoverbrennung, bei der keine anderen Brennstoffe verwendet werden, könne der im Klärschlamm enthaltene Wertstoff Phosphor gezielt zurückgewonnen werden. Ohne dieses chemische Element würde es übrigens kein Leben auf dem Planeten Erde geben.
Während der jüngsten Sitzung des „Bürgerschnacks“ im Begegnungszentrum Luise Morgenthal hatten sich mehr als 70 Bürger eingefunden, die sich besorgt über wahrscheinlich zusätzliche Schadstoffbelastungen aus dem Industriehafengebiet zeigten. Manche Wohnhäuser an der Hafenrandstraße, so Vogelsang, lägen nur rund 350 Metern vom Kraftwerk Hafen entfernt. Befürchtet werden insbesondere Emissionen bei der Anlieferung des Klärschlamms und dem Abtransport der giftigen Asche. Allerdings verwies Hansewasser-Pressesprecher Oliver Ladeur während der von Rainer Tegtmeier moderierten „Bürgerschnack“-Veranstaltung auf besondere Vorsichtsmaßnahmen. Danach erfolgt die Anlieferung des Klärschlamms auf Lastwagen, die mit Planen abgedeckt sind. Anschließend gelangt er über Schleusen mit Abluftabsaugung in den Verbrennungsofen. Und die Reststoffe werden in geschlossenen Silos gesammelt und anschließend mit Lastwagen zu einer unterirdischen Deponie im Osten der Republik transportiert. Insgesamt, so Ladeur, würden täglich 30 Lkw den Klärschlamm anliefern und zehn die Asche abfahren beziehungsweise Betriebsstoffe bringen. Damit erhöhe sich das Verkehrsaufkommen im Bereich Beim Industriehafen/Südweststraße/Oslebshauser Landstraße um 0,3 Prozent.
Nach den Worten des Hansewasser-Pressesprechers gelten für die geplante Monoverwertungsanlage die schärfsten Umweltgesetze und -bestimmungen. Ziel sei es, schädliche Umwelteinwirkungen zu vermeiden. Darüber hinaus gehe das Kohlekraftwerk Block sechs eines Tages vom Netz, womit sich die Emissionen am Standort Hafen erheblich reduzierten. Was nach den Worten von Rolf Vogelsang auch ohne die Klärschlamm-Verbrennungsanlage passiert, muss der Kraftwerkblocks wegen Schäden doch über kurz oder lang abgeschaltet werden.
Die Bürgerinitiative Oslebshausen und umzu, so Vogelsang, will versuchen, den Bau des geplanten Hochofens mit allen parlamentarischen und rechtlichen Mitteln zu stoppen. Für die nächste Sitzung des Beirats Gröpelingen habe er einen Antrag vorbereitet, um zunächst einmal eine Veränderungssperre für Baumaßnahmen im Industriehafengebiet zu erwirken. Daraus folge, den bereits hundert Jahre alte Bebauungsplan zu aktualisieren. Vogelsang unterstreicht zwar, das die Gespräche mit den Firmenvertretern von Kenow in guter Atmosphäre stattgefunden hätten. Doch im Gegensatz zu ihnen, halte die Bürgerinitiative den Standort für die Klärschlammverbrennungsanlage weiterhin für ungeeignet. Vogelsang: „Die Grenze der Belastung für die Bevölkerung ist längst erreicht.“