Grasberg. Nadine Koitka ist ein Mensch, der sich nicht wegduckt, wenn es um Verantwortung geht. Darum hat der Förderverein der Integrierten Gesamtschule (IGS) Lilienthal nach monatelanger Suche eine neue Vorsitzende. Allerdings hinterließ sie an anderer Stelle eine Lücke. Nach acht Jahren Vorsitz des Freundeskreises im Kindergarten Grasberg wollte sie dieses Amt räumen, für neue Eltern mit neuen Ideen. Und was zuvor an der IGS geschehen war, wiederholte sich im Kindergarten. Die Werbung um eine Nachfolgerin oder einen Nachfolger erwies sich als mühselig. Am Ende fand sich auch da eine Frau, die sagt: „Wenn keiner will, ich mach' das!“ Ende November wurde Jennifer Brechler neue Vorsitzende des Kindergarten-Freundeskreises.
Ende Februar wandte sich Marlies Köster, die damalige Vorsitzende des Fördervereins der IGS Lilienthal, an die Redaktion. Das Gründungsmitglied wollte nach sechs Jahren im Amt aufhören. Bis dahin hatte sich trotz Elternbriefe und anderer Werbung noch kein Nachfolger gemeldet. Die Zeit drängte. Im Mai sollte ein neuer Vorstand gewählt werden. Sollte sich niemand finden, müsse der Verein aufgelöst werden, sagte Köster damals. Zu dieser Zeit war auch Nadine Koitka bereits klar, dass ihre Lebenswelt sich längst verändert hatte. Die eigenen Kinder gehen zur Schule, der Kontakt zum Kindergarten war nicht mehr so eng wie früher. Wie ihre Kollegin verschickte Koitka Elternbriefe, warb auf Elternabenden für den Freundeskreis und für einen Nachfolger. Ohne Resultat.
Ein gutes Team
Im September besuchte Koitka eine Versammlung des Fördervereins der IGS. Wieder stand dort die Nachfolge der Vorsitzenden auf der Tagesordnung. Sie habe sich den Verein nur mal angucken wollen, erzählt Koitka. Daheim witzelte der Partner schon: „Die kommst sowieso mit einem Amt zurück.“ Das der Schriftwartin hätte sie auch sofort übernommen. Denn, so sagt sie: „Ich kann doch nicht in einen Verein kommen, den ich überhaupt nicht kenne und dann Vorsitzende werden.“ Für den Schriftwart gab es fünf Bewerber. Für den Vorsitz keinen. Wenig später stand fest, Nadine Koitka würde an diesem Abend tatsächlich mit einem neuen Amt nach Hause gehen, mit der Vorgabe: „Ich mache das nur, wenn Leute hinter mir stehen, die mich leiten und mit denen ich Entscheidungen treffen kann.“ Jetzt schwärmt sie von dem guten Team und ist seit wenigen Tagen auch notariell als Vorsitzende des IGS-Fördervereins eingetragen.
Ende September intensivierten Koitka und andere Vereinsmitgründer die Nachfolgersuche für den Freundeskreis des Kindergartens. 26 Jahre besteht dieser schon und er sollte auch weiter bestehen, so Koitkas Wunsch. Aber je näher die Wahlversammlung Ende November rückte, umso mehr machte sich in Grasberg die Sorge breit, dass dem Verein mangels Vorstandsnachfolge die Auflösung drohen könnte. Eine außerordentliche Mitgliederversammlung sollte die Weichen doch in Richtung Zukunft stellen. Jennifer Brechler saß mit im Raum und begriff: „Wenn es keiner macht, dann war es das.“ Auch ihr Partner hatte orakelt, sie werde an diesem Abend mit einem Amt nach Hause kommen.
Koitka, Brechler und andere Mütter trafen sich nochmals, tauschten Informationen aus und Ende November wurde Brechler zur Vorsitzenden gewählt. Hätte ein anderer Kandidat auf der Mitgliederversammlung Interesse bekundet, sie hätte ihm den Vortritt gelassen. Aber keiner habe sich gemeldet. Ein gutes Team an der Seite hatte auch sie zur Wahlbedingung gemacht und Koitka sagte: „Ich bin nicht weg.“ Sie habe nicht als Vereinsmitglied aufgehört, nur als Vorsitzende.
Kurz vor Weihnachten lag dann schon ein großer Geschenkeberg in der Wohnung der neuen Freundeskreis-Vorsitzenden Brechler. Diese zu verteilen, das sollte ihre Amtshandlung werden. Weil aber Nadine Koitka strahlende Kinderaugen ebenso liebt, schloss sie sich noch einmal an. Gemeinsam verteilten sie die Geschenke an die Kita-Gruppen, vom Sandspielzeug und Teppich, Magnetbausteinen bis zu einer Spielwand für eine Krippengruppe.
Die alljährliche Weihnachtsaktion ist nur ein Beispiel für die Arbeit des Freundeskreises. Flohmärkte, gemeinsame Gartenaktionen von Kindern und Eltern, das Anschaffen von Spielgeräten für den Spielplatz sowie die Verwaltung von Spendengeldern gehören auch dazu. Die stellvertretende Kita-Leiterin, Birgit Bodendorf-Tienken sagt an Brechler gewandt: „Ihr könnt Spenden annehmen, wir nicht.“ Das erlaube dem Freundeskreis Anschaffungen für die Kita jenseits des knappen Gemeindehaushaltes, wie die neuen Holzpferde, die noch im Büro stehen. 900 Euro kostet das Paar. Der Freundeskreis hat sie bezahlt und ein zweites Paar für die Außenstelle im Pastorenhaus.
„Alle sind froh, dass es den Freundeskreis gibt, aber keiner will in den sauren Apfel beißen“, resümiert Bodendorf-Tienken über die bangen Wochen der offenen Vorstandsnachfolge. Sie weiß, andere Vereine plagen sich mit ähnlichen Problemen. Jennifer Brechler versucht sich an einer Antwort, warum Eltern heutzutage offenbar schwer zur Mitarbeit zu motivieren sind: „Viele sind zu sehr mit sich beschäftigt.“
„Menschen legen sich heute ungern fest“, mutmaßt Karina Kögel-Renken, Leiterin der IGS Lilienthal, über die lange Suche einer Nachfolge. Eine Tendenz der Zeit sei das. Dabei ist für sie klar: „Die Schule braucht einen Förderverein.“ Er sei ein großer Teil des aktiven Schullebens und der Elternbeteiligung. Er unterstütze wichtige Projekte, wie die finanzielle Unterstützung von Kindern bei Klassenfahrten oder das Alpen-Projekt des zehnten Jahrgangs. An Festen und Schnuppertagen ist er gefragt. Künftig sollen die Mitglieder dabei noch besser zu erkennen sein: Die neue Vorsitzende will T-Shirts mit einem Logo einführen. Damit hat sie in der Kita schon gute Erfahrungen gemacht.