Verden. Das Gymnasium am Wall hat seit gestern eine neue Leiterin: Petra Gilson- Sehrt ist offiziell in ihr Amt eingeführt worden. Die 52-Jährige war zuletzt zehn Jahre als Koordinatorin am St. Viti-Gymnasium in Zeven tätig und davor zehn Jahre am Ratsgymnasium in Rotenburg.
Sehrt ist Nachfolgerin von Jürgen Budig, gegen den seit Monaten wegen des Verdachts der Untreue ermittelt wird. Er soll Geld der Schule in die eigene Tasche gesteckt haben. Wie Lutz Gaebel von der Verdener Staatsanwaltschaft gestern auf Anfrage sagte, würden wegen "neuer Erkenntnisse" derzeit Nachermittlungen angestellt.
Budig hatte seine Stelle am GaW im August 1999 im Alter von 48 Jahren angetreten. Seit einer schweren Erkrankung im Frühling 2009 hat er nicht mehr im Schuldienst gearbeitet. Sein Stellvertreter Uwe Spannhake hatte seitdem das Gymnasium am Wall kommissarisch geleitet. Ob das Verfahren gegen Budig negative Folgen fürs GaW hatte, dazu wollte Spannhake gestern bei der Einführungsfeier für Petra Gilson-Sehrt keine Stellung nehmen. "Das ist ein Strafverfahren, das hoffentlich bald abgeschlossen ist."
Die neue GaW-Leiterin lebt mit ihrer Familie in Scheeßel, wo die beiden Kinder (16 und 18 Jahre alt) auch zur Schule gehen. Bis zum Abitur der Kinder will die Familie auf alle Fälle in Scheeßel bleiben. Sehrt: "Dann werden mein Mann und ich über einen eventuellen Umzug nach Verden nachdenken."
1334 Schüler besuchen derzeit das Gymnasium am Wall. Sehrt, die neben ihrer Tätigkeit als Leiterin zwei Stunden die Woche auch unterrichten wird ("Deutsch und Englisch, meine Mutter- und meine Vatersprache"), sagte, dass guter Unterricht der Dreh- und Angelpunkt einer Schule bleiben müsse. Sehrt: "Ich begreife Schule als einen Ort, an dem das Denken nie zum Stillstand kommt."
Uwe Spannhake war gestern erleichtert, dass die Schulleiterstelle wieder besetzt ist. "Es war doch eine anstrengende Zeit." Für ihn und die Koordinatoren sei die zusätzliche Arbeit "an der Grenze dessen gewesen, was man schaffen konnte". Insgesamt 20 Monate war die Schulleiterstelle unbesetzt.
Für Spannhake und Klaus-Jürgen Maiwald, der in der Zeit der Vakanz als stellvertretender Schulleiter fungierte, gab?s gestern Nachmittag in der Aula denn auch lang anhaltenden Applaus, als Volker Wrigge, Dezernent bei der Landesschulbehörde, sie aus ihren kommissarischen Ämtern entließ. Wrigge: "Sie haben das Schiff GaW gut auf Kurs gehalten." Anschließend versetzte er Sehrt vom Gymnasium in Zeven offiziell nach Verden und ließ sie gleich an Ort und Stelle das entsprechende Schriftstück unterschreiben.
Bürgermeister Lutz Brockmann erinnerte in seinem Grußwort daran, dass auch die Frauenrechtlerin Anita Augspurg auf das Gymnasium am Wall gegangen ist. Brockmann: "Deshalb freue ich mich, dass das GaW nun eine Schulleiterin hat."
Einen kollegialen Gruß gab es von Detlev Lehmann, dem Leiter des Domgymnasiums. Hatte es noch bis vor wenigen Jahren zwischen DoG und GaW einen regelrechten Konkurrenzkampf gegeben, ist die Kooperation der beiden Gymnasien laut Lehmann inzwischen sehr gut. "Wir arbeiten sehr erfolgreich zusammen." Als Leiter der "ältesten Schule der Welt - die einen Weinberg in Norddeutschland hat" brachte Lehmann seiner GaW-Kollegin eine Flasche Wein mit, einen Domsäuerling. Lehmann: "Er macht seinem Namen alle Ehre. Ich habe ihn probiert, beim Trinken gibt?s ein schmales Gesicht."