
Unfälle mit Autos sind die häufigste nicht natürliche Todesursache bei Wölfen in Niedersachsen. Trotz der in Richtung Südwesten zunehmenden Verkehrsdichte hat es ein bei Cuxhaven geborener Jungwolf im Frühjahr bis nach Rösrath im Rheinisch-Bergischen hinter Köln geschafft. Das belegen Untersuchungen des Senckenberg-Instituts. Bei dem nahe Munster offenbar von einem Auto angefahrenen Tier handle es sich um einen Jährling, teilte das NLWKN mit. Für weitere Untersuchungen sei der Kadaver bereits ins Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung nach Berlin gebracht worden. Über die Ergebnisse werde das beim NLWKN angesiedelte niedersächsische Wolfsbüro berichten.
Ende April war ein auffällig gewordener Wolf aus dem Munsteraner Rudel im Auftrag des Umweltministeriums erschossen worden. Das Kurti genannte Tier, das Experten unter dem Kennung MT6 registriert hatten, war immer wieder ohne Scheu auf Menschen zugegangen und hatte sich ihnen bis auf wenige Meter genähert. Zuletzt soll er den angeleinten Hund einer Familie angegriffen haben.
Der zweite in Niedersachsen mit einem Senderhalsband versehene Wolf, eine als „ortstreu“ geltende Schwester Kurtis, wurde im Mai bei Munster tot aufgefunden. Die Fähe mit der Kennung FT10 war an den Folgen einer Bissverletzung verendet, wie Untersuchungen ergaben.
Auch das Jungtier von der B 71 stammt offenbar aus dem Munsteraner Rudel. Es ist der elfte Wolf, der seit Anfang des vergangenen Jahres in Niedersachsen nach dem Zusammenstoß mit einem Auto starb. Immer wieder werden Wölfe Opfer von Verkehrsunfällen.
Ein Cuxhavener Jungwolf hingegen schaffte es, unbeschadet Hunderte Kilometer bis ins Rheinland zu wandern, wo er mehrere Ziegen riss. Die Untersuchung der Kadaver hatte den Wolf eindeutig identifiziert. Das junge Tier, so vermuten Experten, sei ein durchziehender Einzelgänger, weil der Rheinisch-Bergische Kreis und dessen Umgebung einem Wolfsrudel schlicht nicht genügend Raum bieten könnten. Das Auftauchen des Wolfs in der Region wurde vom Nabu als „Sensation“ gewertet.
Niedersachsens Umweltminister Stefan Wenzel (Grüne) wies unterdessen im Umweltausschuss des Landtags Berichte über „Geheimfotos“ erneut zurück, die zeigen oder gar beweisen, wie im Frühjahr 2015 Wölfe aus dem Munsteraner Rudel an die Nähe zu Menschen gewöhnt wurden. Solche Fotos lägen dem Ministerium nicht vor. Förster, Feuerwehrleute und Soldaten hatten sich nach Berichten auf dem Truppenübungsplatz angeblich zusammen mit Wölfen fotografiert und gefilmt. Die Tiere seien demnach angelockt und gefüttert worden. Beides sei strengstens zu unterlassen, bekräftigte der Minister ein weiteres Mal.
Wenzel war vorgeworfen worden, nicht erst, wie durch die Auswertung des Senderhalsbandes nachgewiesen geworden war, seit dem Sommer 2015 von Kurtis auffälligem Verhalten gewusst zu haben. Der Minister hatte sich schon im vergangenen Monat darauf berufen, „kontinuierlich informiert“ zu haben. Auch vor Wochen hatte Wenzel die Existenz geheimer Fotos verneint. Das Ministerium berief sich allerdings auch darauf, der Bildautor habe einem Wolfsberater gegenüber geäußert, er stimme der Veröffentlichung nicht zu.
Neben Verkehrsunfällen, die möglicherweise auch durch nachlassende Scheu der Wölfe geschehen, werden auch immer wieder widerrechtlich Tiere erschossen. In Sachsen-Anhalt war vergangene Woche am östlichen Elbufer im Landkreis Stendal ein toter Wolf entdeckt worden. Er sei wahrscheinlich durch zwei Schüsse aus einer Jagdwaffe getötet worden, teilte die Polizei mit. Die Ermittlungen in dem Fall laufen noch. In Niedersachsen wurden, abgesehen von der legalen sogenannten letalen Entnahme Kurtis, nach Angaben des Wolfsbüros zuletzt in den Jahren 2003 und 2007 Wölfe erschossen – soweit bekannt ist.