
Er ist warm, gemütlich und voll mit Büchern aller Genres, der Bus der Fahrbücherei im Landkreis Cuxhaven. Draußen in Kehdingbruch ist die Luft kalt, die Blätter auf den Bäumen sind zum Teil schon gelb gefärbt, und der Himmel über der ländlichen Gegend ist mit grauen Wolken bedeckt. Doch drinnen, im Bücherbus, ist die Stimmung fröhlich und gelassen. Hans-Albrecht Eickmeyer, der zugleich Fahrer und Bibliothek-Aushilfe ist, sitzt vor dem Computer am rechten Tisch, an dem ein Schild mit der Aufschrift „Zurück“ hängt. Er scannt zurückgegebene Bücher, eines nach dem anderen. Am nebenstehenden Tisch mit der Aufschrift „Mitnehmen“ ist die Fachangestellte Sandra Krämer mit dem Ausleihen der Bücher beschäftigt. Dem Bus entlang reihen sich die Regale mit Fachschriften, Bestsellern, Filmen und Hörbüchern. Auch ein kleines Sofa und eine Toilette sind vorhanden.
Eickmeyer und Krämer kennen offenbar alle Nutzer der Fahrbibliothek. Mit jedem tauschen sie ein Wort oder einen Kommentar über die zuletzt ausgeliehenen Bücher aus. „Es ist doch toll, wenn man sich kennt“, sagt Busfahrer Eickmeyer. Die gute Stimmung und der Austausch mit den Kunden gefallen ihm an der Arbeit am meisten. Mit den Älteren spreche er gleich auf Plattdeutsch. „Das habe ich mit der Muttermilch aufgesogen“, sagt er. Auch die Kinder, die vormittags die Fahrbibliothek besuchen, machen ihm Freude. „Sie sind immer so begeistert. Das kostet für sie nichts, und sie freuen sich immer darauf“, sagt der große Mann mit den grauen Haaren.
Bücherparadies auf Rädern
Drei Frauen warten schon seit einer Viertelstunde an der Haltestelle der Busbibliothek. „Für uns ist der Bus schon wichtig, sonst müssten wir zehn Kilometer weiterfahren, zur nächstgelegenen Bibliothek in Otterndorf“, sagt Bibliotheksnutzerin Anja Meyer. Wer zu spät kommt, riskiert den Bus zu verpassen. Schließlich ist der Fahrplan ziemlich lang, länger als 20 Minuten bleibt der Bus nicht stehen. „Es sind weite Wege, der Landkreis ist groß“, sagt Eickmeyer.
Der 69-Jährige macht zurzeit nur eine Krankheitsvertretung. Er hat jedoch sein Leben lang als Busfahrer gearbeitet, seit 1991 in der Fahrbücherei Cuxhaven. Der etwas zurückhaltend wirkende Mann war sich schon immer sicher, dass er Busfahrer werden wollte. Das habe ihm immer gelegen, sagt er. Vor dem Bücherbus habe er einen Reisebus und einen Schulbus gefahren. Wenn man ihn fragt, was das Kurioseste sei, das er auf der Fahrt je erlebt hat, muss er kurz nachdenken. Dann leuchten seine Augen, und er erzählt, dass ein Kollege einmal lange Zeit hinter einer Kuh her fahren musste, die gerade auf der Straße spazierte.
In Midlum, einer kleinen Ortschaft im Landkreis Cuxhaven, ist Eickmeyer aufgewachsen. „Das Dorf mit der Windmühle“, lacht er. Mit dem Leben auf dem norddeutschen Land sei er vertraut. Auch kenne er manche Kunden der Fahrbibliothek seit Jahren. Viele bestellen ihre Bücher online vor, lesen dann aber lieber auf Papier.
Langsam steigen alle Kunden aus; es ist an der Zeit, weiterzufahren. Eickmeyer und Krämer räumen ihr „Büro auf Rädern“ auf und setzen sich vorne hin – er ans Steuer, sie auf den Beifahrersitz. „Wir fahren jetzt los“, sagt Eickmeyer. Die nächsten Kunden warten schon an der Haltestelle im benachbarten Dorf.