
Nur die Erixx GmbH, die ab dem Fahrplanwechsel im Dezember den Personenverkehr auf den Heidekreuz-Linien wie Bremen-Uelzen aufnimmt, sieht sich gut gerüstet - mit selbst ausgebildeten Triebfahrzeugführern.
Früher war es der Traumberuf vieler Jungen, inzwischen sind Lokomotivführer zu heißbegehrten Arbeitskräften geworden, an denen es mangelt. Händeringend suchen viele Eisenbahnunternehmen Nachwuchs. Die Nordwestbahn startete bereits eine Plakatkampagne, die Arbeitsagentur organisiert Umschulungen, und die Deutsche Bahn bildet mehr Lokführer aus, als geplant. Von der Gewerkschaft durchgesetzte Lohnsteigerungen und die Annäherung des Niveaus zwischen Privaten und dem Staatskonzern alleine haben den Beruf offenbar nicht attraktiver gemacht.
Die Metronom-Bahn mit Sitz in Uelzen, die zwischen Bremen, Hamburg und Göttingen fährt, musste im Sommer kurzfristig Züge aus dem Plan nehmen. Nach Krankheit und Streik war die Personaldecke zu dünn. Gegenwärtig herrscht Friedenspflicht, bis am 20. November der Schlichterspruch fällt. Auf ein Schlichtungsverfahren haben sich gestern auch die Nord-Ostsee-Bahn (NOB, in Schleswig-Holstein) und die Gewerkschaft Deutscher Lokführer (GDL) verständigt. Damit endet der Ausstand der rund 80 NOB-Lokführer. Am heutigen Sonnabend um 2.30 Uhr sollte der wochenlange Streik beendet sein, kündigte die GDL gestern an.
Zu dem Engpass bei Metronom war es im Sommer gekommen, obwohl das Unternehmen selbst ausbildet und nach eigenen Angaben 130 Triebfahrzeugführer, darunter sechs Frauen, beschäftigt. "Es ist so, dass in Deutschland zurzeit 800 Lokführer fehlen", sagt Sprecherin Tina Allerheiligen. Sieben offene Stellen gebe es derzeit, eine Beteiligung an Umzugskosten bietet die Bahn Lokführern - und am Ende der Probezeit 1500 Euro. Auch auf Zeitarbeiter setzt die Osthannoversche Eisenbahn (OHE), Mutterunternehmen des Metronom.
Auch Erixx mit Sitz in Celle ist eine OHE-Tochter. Erixx wird zum Fahrplanwechsel, ab 11. Dezember, nach und nach mit 27 neuen Zügen auf den Heidekreuzstrecken Bremen-Uelzen und Buchholz-Soltau verkehren. Auf einen Schlag werden dafür etliche Lokführer gebraucht. Unternehmenssprecherin Nicole Knapp stellt klar: "Wir sind vom Lokführermangel nicht betroffen. 23 unserer 36 Triebfahrzeugführer haben wir selbst ausgebildet, die machen gerade ihre Prüfungen." Morgen wird der erste der neuen Züge vorgestellt - von 11 bis 13 Uhr im Bahnhof Soltau.
Plakate werben für den Job
"Der Markt ist leer gefegt, fertige Lokführer können sie nicht finden", sagt auch Nordwestbahn-Sprecherin Katrin Hofmann. Die Nordwestbahn nimmt mit dem Winterfahrplan auch die Regio-S-Bahnlinie RS 1, Farge-Vegesack-Bremen-Verden in Betrieb. Mit Plakaten warb das von Osnabrück aus auch in Nordrhein-Westfalen aktive Unternehmen bereits für seine Lokführerschulung - 300 der 400 Mitarbeiter seien im Haus geschult worden. 21 Jahre alt müssten Bewerber sein, einen Hauptschulabschluss und möglichst auch eine technische Ausbildung haben. "Lokführer müssen physisch und psychisch belastbar sein", sagt Hofmann, "sie sind quasi als Ein-Mann-Unternehmen unterwegs." Dazu kämen Wechselschichten. 2321,41 Euro Monatslohn brutto plus Zulagen sehe der Branchentarifvertrag vor.
Die Eisenbahnen und Verkehrsbetriebe Elbe-Weser (EVB) in Zeven und Bremervörde sowie ihre Tochter Mittelweserbahn (MWB, Bruchhausen-Vilsen) beschäftigten rund 200 festangestellte Triebfahrzeugführer, sagt Andreas Wolf. Der Eisenbahnbetriebsleiter der EVB setzt auf die Ausbildung zum "Eisenbahner im Betriebsdienst, Fachrichtung Lokführer und Transport". Gegenwärtig seien sieben Lokführerer-Lehrlinge im ersten Ausbildungsjahr. Die Zahl der Absolventen decke nicht einmal den EVB-Bedarf. "Die ganze Branche hat ein Problem", sagt Wolf.
Bundesweit waren bei der Agentur für Arbeit im September 430 Stellen für Lokführer registriert - fast 200 Prozent mehr als im Vorjahresmonat. teilte die Agentur mit. Die Jobaussichten für Berufseinsteiger seien gut, die Experten der Agentur rechnen damit, dass sich die Engpässe möglicherweise noch zuspitzen. "Wir schulen Arbeitslose zu Lokführern", sagt Arbeitsagentur-Sprecherin Jeanette Hoffmann am Metronom-Sitz Uelzen. 15 Anwärter seien im aktuellen Kurs. "Die Teilnehmer wechseln vom Fleck weg auf die Lokomotiven."
Die Deutsche Bahn mit ihren bundesweit rund 20000 Lokführern sieht sich recht gut aufgestellt. Regionale Schwankungen ließen sich meist konzernintern ausgleichen, sagt eine Sprecherin in Berlin. Mehr Auszubildende als geplant haben in diesem Jahr beim Branchenprimus die Ausbildung zum Triebfahrzeugführer begonnen. Trotz aller Engpässe ist die Begeisterung für den Arbeitsplatz an der Spitze des Zuges nicht ganz verflogen. Auch bei den Umschülern gebe es 40-Jährige, die sagten, "das wollte ich schon immer machen", erzählt Nordwestbahn-Sprecherin Katrin Hofmann.
Schulen, Kitas, Behörden usw. ...