
Hannover. Wenn das Wetter mitspielt, kommt schon Mitte Februar die Abrissbirne für Riegers letztes Projekt in der Gemeinde Faßberg: Mit einer gemeinsamen Abbruchparty wollen Gegner des im vergangenen Herbst verstorbenen Neonazianwalts Jürgen Rieger aus Hamburg und die Investorin das endgültige Aus für die geplante Neonazi-Begegnungsstätte in der Südheide feiern.
Fast zwei Jahre lang hatte Rieger mit seinen Plänen für das marode Hotel 'Landhaus Gerhus' die Region in Atem gehalten. Mitte Dezember ersteigerte dann eine Unternehmerin aus Celle das mehr als vier Hektar große Gelände. Dort soll ein sozialtherapeutisches Zentrum mit rund 80 Betten entstehen.
An kaum einem anderen Ort in Niedersachsen war Rieger der Verwirklichung seiner Pläne für eine braune Begegnungsstätte so nahe gekommen wie in Faßberg. Im niedersächsischen Innenministerium nahm man die Pläne so ernst, dass sie zur Chefsache erklärt wurden und ein ganzer Stab von Mitarbeitern mit der Abwehr von Riegers Vorhaben beschäftigt war.
Bei anderen Immobilienplänen des Neonazis sind Sicherheitsexperten der Ansicht, dass Rieger bewusst ein Pokerspiel betrieben hatte, um die Preise in die Höhe zu treiben. Das gilt auch für das sogenannte 'KdF-Museum' in Wolfsburg, das im Sommer vergangenen Jahres Schlagzeilen machte.
Mit dem 'Museum' in einem abgetakelten Möbelhaus gegenüber dem VW- Stammsitz wollte die rechte Szene angeblich an die Nazi-Organisation 'Kraft durch Freude' erinnern. Insider der Sicherheitsbehörden gehen aber davon aus, dass es sich um einen Propagandatrick Riegers handelte - auch, um sich wieder einmal ins Gespräch zu bringen.
Um zu verhindern, dass die rechte Szene mit dem abgetakelten Möbelhaus in Wolfsburg nach Riegers Tod doch Schindluder treiben könnte, hat jetzt die Stadt Wolfsburg das Haus erworben. Dort soll ein Sozialkaufhaus entstehen. Außerdem ist geplant, dass dort die weit über Niedersachsen hinaus bekannte 'Arbeitsstelle gegen Rechtsextremismus und Gewalt' einzieht, die ihren Sitz noch in Braunschweig hat.
Als Pokerspiel erscheinen in der Rückschau auch Riegers Pläne für das 'Hotel am Park' in Delmenhorst, dass er angeblich von Günter Mergel erwerben wollte. Die Angst vor einem braunen Zentrum mitten in Delmenhorst war so groß, dass besorgte Bürger eine bundesweit einzigartige Spendensammlung lostraten, bei der mehr als eine Million Euro zusammen kamen. Die Stadt stocke den Betrag auf - Pleitehotelier Mergel erhielt rund drei Millionen Euro. Rieger dürfte für seine Aktivitäten als Panikstifter eine satte Belohnung kassiert haben. Das Hotel wurde im vergangenen Jahr abgerissen - auf Kosten der Stadt Delmenhorst.
Dasselbe Schicksal dürfte in absehbarer Zeit den berüchtigten 'Heisenhof' im Kreis Verden ereilen, den Rieger für 250000 Euro bei einer Versteigerung erworben hatte. Der Landkreis hat mittlerweile fünf Abrissverfügungen erlassen. Zwar hatte Rieger dagegen noch zu Lebzeiten Berufung beim Oberverwaltungsgericht Lüneburg eingelegt - doch die Kreisverwaltung ist optimistisch , dass das Gericht in ihrem Sinne entscheiden wird.
Unklar ist dagegen die Zukunft des Kinos in Hameln, das Rieger vor Jahren für rund zwei Millionen Euro erworben hatte. Auch hier wollte er ein braunes Zentrum errichten, und auch hier bewies der als 'Immobilienkenner' gepriesene Rieger beim Kauf wenig Sachverstand. Denn das frühere 'Hotel Monopol', einst ein Schmuckstück der Rattenfängerstadt, ist seit Jahren baufällig.
Aus handbreiten Rissen im Mauerwerk wachsen Birkenzweige. Die Stadt Hameln untersagte deshalb vor Jahren die Nutzung großer Teile des Gebäudes
Jetzt müssen die Erben, die keinen Bezug zur rechten Szene haben, über das weitere Schicksal des Kinos entscheiden. 'Sie werden versuchen, das Gebäude zu verkaufen', sagt der Hamburger Anwalt Wolf- Dieter Hauenschild, der Riegers Nachlass verwaltet. Weil Rieger es viele Jahre unterließ, das Gebäude vor dem Verfall zu retten bezweifeln Verfassungsschützer dessen immer wieder behauptete finanzielle Potenz: 'Vermutlich war er doch nicht mehr als ein Zampano.'
Der Autor Stefan Schölermann ist Redakteur bei NDRInfo