
Landwirte in Niedersachsen können ab 2015 im Internet Ernteprognosen für ihre Felder abrufen, die mit Hilfe von Satellitenbildern erstellt werden. Forscher des Julius Kühn-Instituts in Braunschweig entwickeln das System. Es soll später für ganz Deutschland genutzt werden.
Braunschweig (dpa/lni) - Satelliten im Weltraum machen es möglich: Künftig können Landwirte im Internet für ihre Felder eine Prognose der Ernte-Erträge abrufen. Forscher des Julius Kühn-Instituts (JKI) in Braunschweig arbeiten an einem Prognosesystem. Dabei werden Satellitenbilder mit detaillierten Wetterdaten und Wachstumsmodellen für Agrarpflanzen kombiniert. "Wir planen, ab 2015 Ertragsprognosen für Felder, Regionen und später für ganz Niedersachsen ins Netz zu stellen", kündigt JKI-Forscher Holger Lilienthal an.
Ab Mitte nächsten Jahres könne man sich auf hochwertige Bilder des Satelliten "Sentinel 2" stützen, der im April 2015 im Rahmen des europäischen "Copernicus"-Programms ins All geschossen werden soll. "Bisher nutzen wir noch Aufnahmen des amerikanischen Satelliten Landsat 8", erläutert seine Kollegin Heike Gerighausen. Der Satellit überfliegt Niedersachsen alle 16 Tage in 705 Kilometer Höhe.
Mit den jeweils neuesten Bildern werden die Ertragsschätzungen dann aktualisiert. Je näher eine Prognose am Erntetermin liegt, desto genauer wird sie. Solche Prognosen sind nicht nur für Landwirte interessant, die große und verstreut liegende Flächen bewirtschaften, sondern auch für Ministerien in Bund und Ländern, deren Statistiken und Ernteschätzungen dadurch verbessert werden können.
Derzeit wird das System in Zusammenarbeit mit sechs Landwirten in Norddeutschland getestet, die mit moderner Technik - etwa Mähdrescher mit GPS-Ertragskartierung - ausgestattet sind. "Das ist die Zukunft, es ist ein weiterer Beitrag zur Präzisionslandwirtschaft mit ihren modernen Informations- und Kommunikationstechnologien", meint Bernd Köhling, Leiter der Hessischen Staatsdomäne in Beberbeck, nahe der Grenze zu Niedersachsen. Er erfasst in diesem Sommer GPS-genau die Ernte auf jedem seiner Felder und bereitet sie zu Ertragskarten auf. Diese Karten vergleichen die JKI-Forscher mit ihren geschätzten Erträgen.
Der geplante "Sentinel 2"-Satellit liefert Bilddaten über 13 Kanäle in verschiedenen Farbspektral-Bereichen. Diese Daten werden dann im Rechner mit Wetterdaten des Deutschen Wetterdienstes kombiniert und die Wachstumsentwicklung verschiedener Kulturen vorhergesagt. Lokale Prognosen, die so ermittelt wurden, zeigen derzeit Abweichungen von rund zehn Prozent zum späteren Ernte-Ergebnis, stellt Lilienthal fest. Wenn das System weiter verfeinert werde, seien noch geringere Abweichungen möglich.
Lilienthal kann sich noch andere Anwendungsmöglichkeiten seines Modells vorstellen: Versicherungen könnten nach Wetter-Katastrophen die Schäden unabhängig schätzen, in dem sie auf frühere Prognose-Daten für die betroffene Region zurückgreifen.