
Bei Niedersachsens Brandbekämpfern brodelt es. Das kurzfristige Umfunktionieren der beiden Feuerwehrschulen in Celle und Loy (Kreis Ammerland) zu Notunterkünften für Flüchtlinge sorgt landesweit für Unmut.
„Wer an der Feuerwehr spart, spart an der Sicherheit aller“, warnt Feuerwehrmann Martin Martens. Der 35-jährige künftige Gruppenführer aus Delmenhorst hat am Wochenende eine Online-Petition gegen die „Schließung“ der Schulen gestartet und binnen weniger Stunden mehrere Dutzend Unterschriften gesammelt. „Das geht nicht gegen die Flüchtlinge“, betont Martens im Gespräch mit dem WESER-KURIER. „Aber unsere Leute müssen vernünftig ausgebildet werden.“
Erst am Donnerstag hatte das Innenministerium die Umwidmung der beiden Standorte der Niedersächsischen Akademie für Brand- und Katastrophenschutz (NABK) verfügt. Am Freitag waren bereits die ersten Asylbewerber eingezogen; inzwischen sind die vorgesehenen Plätze – 500 in Celle und 200 in Loy – fast vollständig belegt. Der normale Ausbildungsbetrieb für Feuerwehrleute wurde komplett eingestellt. Die NABK bildet jährlich rund 10.000 Feuerwehrangehörige zu Führungskräften aus; ein Ortsbrandmeister muss dort etwa einen Gruppenführerlehrgang absolvieren.
„Ich weiß sehr genau, welch tiefer Eingriff dieser Schritt darstellt“, bat Innenminister Boris Pistorius (SPD) den Präsidenten des Landesfeuerwehrverbandes, Karl-Heinz Banse, schriftlich um Verständnis. „Dennoch gab es für uns leider keine Alternative zur temporären Umnutzung der NABK“, heißt es in dem Schreiben, das dem WESER-KURIER vorliegt. Niedersachsen müsse täglich 700 bis 1000 Asylsuchende unterbringen. In Celle und Loy hätten zeitnah und kurzfristig sowohl Gebäude als auch Landespersonal für den Betrieb zur Verfügung gestanden.
Gleichzeitig betonte Pistorius, dass es sich nur um eine vorübergehende Notlösung handele: „Oberstes Ziel ist daher auch die schnellstmögliche Wiederaufnahme des Ausbildungsbetriebs der NABK.“ Doch wann genau das sein könnte, vermag das Innenministerium angesichts des immer noch wachsenden Bedarfs an Notunterkünften nicht zu sagen. Mindestens ein halbes Jahr werde die Nutzung der Schulen als Notunterkunft dauern, befürchtet dagegen der Northeimer Kreisbrandmeister Bernd Kühle. Von ein bis zwei Jahren spricht sogar Feuerwehrmann Martens. Die Verantwortlichen bei den Wehren warnen vor einem akuten Führungskräftemangel; schon bisher hätten die beiden Schulen den Bedarf nicht decken können.
CDU-Fraktionschef Björn Thümler sprach von „Missmanagement“ der rot-grünen Landesregierung. Pistorius müsse die „völlig inakzeptable Schließung“ umgehend wieder rückgängig machen. Gerade die Feuerwehr habe doch das Land in den vergangenen Wochen bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise maßgeblich unterstützt. Den kompletten Lehrgangsbetrieb einzustellen, sei ein „schwerer Fehler“, schimpfte Thümler. Er kritisierte, dass ausschließlich Liegenschaften des Innenministeriums für Unterkünfte herangezogen würden. Auch andere Ressorts müssten sich beteiligen. Als alternative Standorte nannte der CDU-Fraktionschef die Pädagogische Hochschule in Hannover sowie die ausgemusterte Polizeischule in Wennigsen am Deister.
Bei den Freiwilligen Feuerwehren befürchtet man zudem negative Auswirkungen auf die ehrenamtliche Arbeit. „Sehr viele Kameraden nehmen sich für die Lehrgänge extra Urlaub und planen diesen weit im Voraus“, berichtet der Delmenhorster Martens. „Das ist jetzt alles hinfällig.“ Viele Verantwortliche stört auch die Art und Weise, wie die Schließung der Schulen „einfach von oben herab und holterdiepolter angeordnet“ worden sei.
Es gibt freilich auch Verständnis für den Schritt des Innenministers. Die Entscheidung sei „sehr, sehr hart, aber unumgänglich“, meinte NABK-Vizechef Carsten Prellberg in einem Interview. Und ein Kommentator auf Thümlers Facebook-Seite meint: „Es sollte eigentlich dem tiefsten Selbstverständnis der Feuerwehr entsprechen, Räumlichkeiten für Hilfsbedürftige zur Verfügung zu stellen.“