
Rund 3500 Menschen aus ganz Deutschland, aber auch aus dem Ausland hat es in den vergangenen Tagen wieder nach Oyten auf den Backsberg verschlagen. Denn das Gelände zwischen Sagehorn und Fischerhude wurde für die dritte Ausgabe des Moyn-Moyn-Festivals erneut in einen Ort mit einer ganz eigenen Atmosphäre verwandelt.
Etwa 400 Crew-Mitglieder haben dafür in liebevoller Kleinarbeit in den vergangenen Wochen gesorgt. Denn das Festival bietet weit mehr als (hauptsächlich elektronische) Musik: ein vielfältiges Programm für die Seele, den Geist und den Körper. Seit der Premiere im Jahr 2017 kommen die Besucher, um den Alltag dort für kurze Zeit hinter sich zu lassen. Von Donnerstag bis zu diesem Sonntag ist es wieder soweit gewesen.
„Es geht bei uns nicht nur um Feiern und Party. Wir wollen den Leuten einen Freiraum geben, in dem sie sich selbst und eine neue Art zu Denken entwickeln können“, betont Til Sauerwein, Mitorganisator des Festivals. Es gehe darum, diesen Freiraum zu genießen und sich richtig austoben zu können. Ganz nach dem Motto: „Lasst die Kinder spielen.“ Eine neue Gesellschaftsstruktur würde auf dem Moyn-Moyn-Festival ausprobiert und gelebt werden, was gleichzeitig für „das unübertreffliche Flair“ sorge. Sauerwein bezeichnet diese Struktur als „Blaupause für das, was die Gesellschaft braucht“, eine Vorlage für eine persönliche und gesellschaftliche Weiterentwicklung.
Der Umweltschutz steht dabei besonders im Fokus. Nachhaltigkeit und Wiederverwertung sind daher wichtige Puzzleteile des Ganzen. So können auf dem Festival-Gelände beispielsweise statt der gewöhnlichen Dixis auch Komposttoiletten genutzt werden. „Wir haben hier einen Ort, den wir schön finden, machen und lassen“, erzählt Sauerwein. Dass die Besucher achtsam damit umgehen, spiegelt sich in der eher untypischen Sauberkeit des Areals wider. Müllsäcke stehen für jeden zur freien Verfügung, Mülltrennung wird ernst genommen. „Ein Festival macht natürlich immer viel Müll, aber Nachhaltigkeit ist unser Ansatz hier“, sagt Sauerwein.
Auch die Gestaltung des Geländes verfolgt mit viel Liebe zum Detail den nachhaltigen Ansatz. Ein Teil der Festival-Philosophie: Aus Müll etwas „Schickes und Neues“ machen. Bemalte Holzpaletten werden zu Sitzgelegenheiten, alte Stoffreste zu bunten Girlanden, Holzplanken zu (Baum-)Häusern oder Hängebrücken.
Schärft man den Blick, so gibt es an allen Ecken etwas zu entdecken. Zudem hat jeder der Dancefloors sein eigenes Thema und ist dementsprechend individuell gestaltet. Aufgeschnittene Fahrzeuge, Kutterboote, alte Rutschstangen von der Feuerwehr – all das ist auf dem Gelände zu finden. „Muss man nicht haben, kann man aber. Das ist dieses Flair, das die Leute anlockt, das ist unbezahlbar“, sagt Sauerwein.
Neben den vier Dancefloors gibt es ein sogenanntes „Dorf“ auf dem weitläufigen Gelände. Dort können den ganzen Tag über verschiedenste künstlerische und spirituelle Angebote wahrgenommen werden. Darüber hinaus zählen Performances zu den Programmpunkten. „Alles Dinge, die man mit einem Techno-Festival erst mal gar nicht verbinden würde. Aber es gibt hier wirklich viel jenseits der Musik“, bemerkt Sauerwein. Neben eher sportlichen Aktivitäten wie Hula-Hoop oder Jonglage wird auch Wert auf Austausch und Dialog gelegt. So finden auf dem Backsberg etwa Diskussionsrunden und Vorträge statt. Unter anderem werden Meditation und Yoga sowie Workshops zu „intuitivem Malen“ oder zum Bauen von Insektenhotels angeboten. „Wer hier Langeweile hat, der muss sich schon wirklich anstrengen“, meint der Organisator.
Ebenso bunt wie die Dekorationen sind auch die Festivalbesucher selbst. Ausgefallene und ungewöhnliche Kleidung ist überall zu sehen, nicht selten in knalligen Farben oder mit viel Glitzer. Dazu fallen die zahlreichen bemalten Gesichter genauso auf wie die vielen nackten Füße. Bunte Accessoires und Kleidung können auch direkt auf dem Festivalgelände erworben werden. „Es ist abgefahren, was hier an Feeling rüberkommt“, beschreibt Sauerwein die Atmosphäre. Jedem Besucher, so sagt er, sei der Spaß direkt am Gesicht abzulesen.
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