
Die Kassenärztliche Vereinigung Niedersachsen (KVN) und das Bremer Gesundheitsressort gehen davon aus, dass Hausärzte erst in einigen Wochen in ihren Praxen gegen das Coronavirus impfen können. „Aktuell steht leider noch nicht genügend Impfstoff bereit, um auch flächendeckend über die niedergelassenen Ärzte zu impfen“, sagt Lukas Fuhrmann, Sprecher der Bremer Behörde. In Niedersachsen, so KVN-Sprecher Detlef Haffke, werde es kurzfristig ebenfalls nicht zu Impfungen in Arztpraxen kommen.
Bis auf Weiteres bleibt das Impfen damit Angelegenheit der Impfzentren, auch wenn die Einrichtungen in Niedersachsen nur sehr langsam an den Start kommen. Im Bremer Umland hat am Dienstag als erste Einrichtung das Impfzentrum in Bassum im Kreis Diepholz seinen Dienst aufgenommen. Die Ärzte nahmen ab acht Uhr morgens bis Schichtende 110 Impfungen vor. Bis Ende der Woche sollen weitere 440 Impfungen folgen. Am Impfzentrum in Brake sollen ab Donnerstag bis zum 10. Februar die ersten 480 Menschen über 80 aus dem Landkreis Wesermarsch geimpft werden.
In den anderen Landkreisen rund um Bremen müssen sich die Impfberechtigten gedulden. Zum Beispiel in Verden: Dort rechnet das Impfzentrum Ende der Woche zwar mit der nächsten Lieferung von Impfdosen. Allerdings werden diese noch für Erstimpfungen in bisher unversorgten Pflegeheimen benötigt. Auch die Impfzentren in Wildeshausen (für den Landkreis Oldenburg), in Zeven (für den Landkreis Rotenburg), in Osterholz-Scharmbeck und in Delmenhorst warten auf Lieferungen. Grundsätzlich startklar sind die Zentren seit Längerem.
Geimpft wird seit dieser Woche in Niedersachsen erst an acht der insgesamt 50 Impfzentren, unter anderem auf dem Messegelände in Hannover, im Emsland in Papenburg und Lingen und im Osnabrücker Land in Wallenhorst und Georgsmarienhütte. Allerdings sind die Zahlen der Geimpften auch hier überschaubar. In Lingen und Papenburg beispielsweise sollen bis Ende der Woche je 300 Dosen gespritzt werden.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte am Montag im Anschluss an den sogenannten Impfgipfel mit Vertretern des Bundes, der Länder und der Pharmaindustrie erklärt, dass Impfungen auch in Hausarztpraxen stattfinden könnten, sobald es mehr Impfstoff gebe. Rund 45 Millionen Menschen in Deutschland gehörten nicht in eine der drei Gruppen, die mit Vorrang geimpft werden. Vor allem diese Menschen, so die Kanzlerin, könnten jenseits der Impfzentren mit weniger Aufwand geimpft werden.
In den vergangenen Tagen hatten in einigen Bundesländern mehrere Berufsverbände gefordert, schneller auf die Dienste der Hausarztpraxen zurückzugreifen. „Anstatt Ärzte aus ihren Praxen abzuziehen, um sie in Impfzentren einzusetzen, sollten sie dort belassen werden, wo sie impfen und in der Regelversorgung arbeiten können“, sagte etwa Hajo Pohle, Vorsitzender des Ärzteverbandes Hartmannbund in Brandenburg. In Nordrhein-Westfalen hatte der Hausärzteverband Nordrhein bemängelt, dass Aufwand und Nutzen von Impfungen in Impfzentren in keinem Verhältnis stünden.
Etwas weniger forsch äußern sich die Mediziner in Niedersachsen. „Die Berufsverbände der Ärztinnen und Ärzte haben der KVN signalisiert, dass sie auch Impfungen in den Praxen vornehmen können und wollen“, sagt KVN-Sprecher Haffke, „allerdings müssen dafür drei Voraussetzungen erfüllt sein.“ Erstens: Es müsse genügend Impfstoff zur Verfügung stehen. Zweitens: Der Impfstoff müsse ohne Probleme in den Praxen gelagert werden können. Schließlich drittens: Eine Priorisierung von Bürgerinnen und Bürger in der Praxis durch Ärztinnen und Ärzte werde abgelehnt. Mit anderen Worten: „Die Politik muss klare Priorisierungsvorgaben machen“, sagt Haffke. Darauf legt auch Bremen großen Wert. „Auch wenn die Niedergelassenen eingebunden werden, wird erst einmal strikt nach der Priorisierung des Bundesministeriums für Gesundheit geimpft werden“, sagt Fuhrmann.
Aktuell laufen in Bremen, Niedersachsen und den übrigen Bundesländern die Impfungen von Menschen, die über 80 sind. In Niedersachsen hatte vergangene Woche die Vergabe der Impftermine, die zentral über eine Hotline und ein Portal des Landes läuft, für Chaos und Frust gesorgt. Telefonleitungen waren zusammengebrochen, nur ein Bruchteil der Anrufer hatte überhaupt einen Termin bekommen. Für viele Impfzentren werden im Moment gar keine Termine vergeben.
Einen Sonderweg geht das Land Mecklenburg-Vorpommern im Landkreis Nordwestmecklenburg. Dort sollen Impfungen ab Ende dieser Woche auch in acht Hausarztpraxen durchgeführt werden können, um kürzere Anreisewege für die berechtigten Senioren zu gewährleisten. In Niedersachsen hatte zuletzt die CDU in der Region Hannover dezentrale Lösungen gefordert. Tatsächlich ist die Erreichbarkeit der Zentren in einem Flächenland wie Niedersachsen nicht zu unterschätzen. Beispiel Bassum: Wer aus dem südlichen Landkreis Diepholz kommt, etwa aus Lemförde, muss mehr als 50 Kilometer bis zum Impfzentrum im Bassumer Krankenhaus zurücklegen.
Die radikale ...