
Hendrik Meyerholz sagt, dass er sich noch gut daran erinnern könne, wie er im August 2017 den ersten Verkaufsautomaten auf seinem Hof in Achim installiert habe. Als er mitten in den Arbeiten für einen kurzen Moment weg war, um einen Schraubenzieher zu holen, traf er bei seiner Rückkehr bereits den ersten Kunden an. „Eigentlich wollten wir erst ein paar Tage später öffnen“, sagt Meyerholz, „aber in dem Moment haben meine Frau und ich gedacht: ,Okay, wenn die Nachfrage so groß ist, machen wir doch gleich auf‘.“ Gesagt, getan.
Heute, gut dreieinhalb Jahre später, ist aus der Hoffnung Gewissheit geworden. Die Anschaffung der Hofautomaten hat sich für Nadine und Hendrik Meyerholz gelohnt. Drei Exemplare sind es inzwischen, einer mit Eis, zwei mit Lebensmitteln aus der Region bestückt. Mehrmals täglich müssen Nadine und Hendrik Meyerholz die verschiedenen Fächer nachfüllen. Und in Zeiten von Corona erst recht.
Die Niedersächsische Landwirtschaftskammer registriert die Entwicklung zufrieden. „Nach unserer Wahrnehmung ist die Nachfrage nach dem Angebot der Hofläden und Direktvermarkter zu Beginn der Corona-Pandemie stark gestiegen“, sagt Wolfgang Ehrecke, Sprecher der Kammer, „zeitweise überstieg die Nachfrage das lokale Warenangebot.“
Auch Familie Meyerholz, die konventionelle Landwirtschaft mit Hühnern, Schweinen und Ackerbau betreibt, spürte im ersten Lockdown im März und April einen deutlichen Anstieg. Und das Nachfrage-Hoch hielt an. Das klassische Sommerloch fiel längst nicht so stark aus wie sonst. Im Herbst zog die Nachfrage erneut an und blieb auch im zweiten Lockdown und in der Weihnachtszeit über dem Vorjahresniveau. „Wir haben rund 20 Prozent mehr Umsatz als vor Corona, würde ich schätzen“, sagt Meyerholz.
Das Angebot ist gefragt: täglich frische Eier von den eigenen freilaufenden Hühnern. Hausgemachte Marmelade. Fleisch vom eigenen Schwein. Kartoffeln von Röpers Hof aus Scheeßel. Eis vom Intscheder Bauernhof. Honig aus Achim. Oder Käse aus der Bünkemühler Hofkäserei. Wer wissen will, woher das kommt, was er isst, muss bei Meyerholz nicht das Kleingedruckte lesen, es reicht schon ein flüchtiger Blick auf die Etiketten, die auf den Gläsern, Tüten und Verpackungen kleben.
Gerade in Zeiten von Corona liegen die Vorteile vom Kauf am Automaten auf der Hand. Viele Automaten stehen draußen, geschützt und an der frischen Luft. Anders als im Supermarkt stehen die Kunden in der Regel nicht in der Schlange. Sie brauchen keinen Einkaufswagen, es gibt keinen direkten Kontakt zum Verkaufspersonal. Hinfahren, auswählen, Tastenkombination drücken, bezahlen, Produkt aus der Lade nehmen. Einkauf erledigt.
Bei vielen Anbietern funktioniert das rund um die Uhr, bei Meyerholz im Hofladen an 15 Stunden täglich. Kernzeiten sind von 6 Uhr morgens bis 21 Uhr abends, und manchmal sogar noch einen Tick länger. Das Angebot ersetzt nicht den klassischen Einkauf im Supermarkt, dafür ist es schlicht zu überschaubar. Aber für viele Kunden und auch für die Landwirte selbst ist der Hofautomat mindestens eine attraktive Ergänzung geworden. Meyerholz sagt, dass man mit den Automaten, die in der Anschaffung um die 10.000 Euro, aber auch mehr kosten können, ein „nettes Zubrot“ verdiene.
Deutlich mehr Umsatz an seinen Hofautomaten macht seit der Corona-Pandemie auch Cord Meyer rund 30 Kilometer weiter nordöstlich im Landkreis Rotenburg. Meyer betreibt mit seiner Frau in Bötersen Klangens Hof. Die Direktvermarktung ist ein wichtiges Standbein geworden. Restaurants und Gaststätten haben geschlossen, viele Menschen arbeiten seit Wochen oder Monaten im Homeoffice. „Die Leute haben Zeit, es wird wieder mehr zu Hause gekocht“, sagt Meyer, der Masthähnchen, Freilandschweine und 800 Legehennen in Mobilställen hält. „Die Leute sagen sich in diesen manchmal trüben Zeiten: Wir gönnen uns etwas.“ Davon profitiert auch Klangens Hof.
Die Automaten, die nahe der Straße stehen, sind reich bestückt. Weidehähnchen, ganze und halbe, Schenkel und Keulen. Vom Weideschwein gibt’s Kotelett und Gulasch, Geschnetzeltes und Schnitzel und seit dem Sommer in Einweckgläsern auch Hühnersuppe, Bauerntopf oder Frikassee, alles vom eigenen Hof und aus der eigenen Herstellung. Meyer ist so selbstbewusst, dass er sagt: „Unser Angebot geht an Besser-Esser, und deren Erwartungen lösen wir auch ein.“
Er merke das am Feedback der Kunden: Viele kämen wieder, „Wiederholungstäter“ nennt er sie scherzhaft. Sein Kundenstamm insgesamt sei gewachsen. Mit einigen der neuen Kunden ist er auch schon ins Gespräch gekommen. Schnell geht es dann oft um Grundsätzliches. Kein Wunder in diesen Zeiten: Spätestens seit den Bauernprotesten in den vergangenen eineinhalb Jahren sind die Themen Landwirtschaft und Lebensmittel in der Mitte der Gesellschaft angekommen.
„Wir haben zwei Trends zurzeit“, sagt Meyer, „Corona treibt uns neue Kunden in die Arme. Gleichzeitig stellen wir ein Umdenken in Sachen Ernährung fest. Vielleicht wird aus diesen zwei Trends ja ein Megatrend und die Menschen entwickeln eine neue Wertschätzung für die Produkte, die wir Bauern anbieten.“ Dafür kämpfen sie schon lange.