
Begeisterungsstürme löste Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius beim zweiten von insgesamt 23 Schaulaufen der Kandidaten um den SPD-Bundesvorsitz am Freitagabend in Hannover nicht gerade aus. Gemeinsam mit seiner Duo-Partnerin Petra Köpping, der sächsischen Integrationsministerin, präsentierte sich Pistorius den rund 900 Genossen im großen Saal eines Hotels. „Wir wollen, dass die Sozialdemokraten wieder dichter an die Menschen rankommen“, sagte der frühere Oberbürgermeister von Osnabrück. „Seit 43 Jahren brenne ich für diese Partei.“
Das gab freundlichen Applaus, aber nicht viel mehr. Nur am Schluss der fünfminütigen Vorstellungsrunde wurde das Publikum munterer. Als neuer Parteichef, versprach Pistorius da, werde er nicht in das schwarz-rote Bundeskabinett eintreten. „Ich will mich mit voller Kraft für diese Partei einsetzen.“ Schon bei Bekanntgabe seiner Kandidatur hatte Pistorius angekündigt, dass er bei einer erfolgreichen Wahl seinen Posten als Innenminister räumen werde.
Andere Kandidaten trafen das Herz der Basis in der niedersächsischen Landeshauptstadt deutlich leidenschaftlicher. Karl Lauterbach, linker Gesundheitsexperte, löste mit seinen Attacken auf Zweiklassenmedizin und Kinderarmut geradezu Jubelstürme aus. Wirklich echte SPD-Politik, rief der Fliegenträger, „werden wir niemals in dieser Großen Koalition umsetzen können“. Da kochte der Saal. Erklärte Lauterbach-Gegner wie Hannovers Regionspräsident Hauke Jagau rieben sich irritiert die Augen. Selbst der als krasser Außenseiter geltende Einzelbewerber Karl-Heinz Brunner, Bundestagsabgeordneter aus Bayern, konnte mit launigen Sätzen im Norden punkten.
Einen niedersächsischen Automatismus für Pistorius gebe es eben nicht, hatte zuvor schon eine junge Genossin aus Hannover klargestellt. Auch alte Kämpen wie der frühere Verdi-Landesvorsitzende Wolfgang Denia sahen dies so. „Ich will mir erst selbst ein Bild machen.“ Am Sonntag können dies die Genossen in Bremen tun.