
Nun soll es losgehen – allerdings erst einmal probeweise und auf den Süden Niedersachsens beschränkt. Ab Montag starten an weiterführenden Schulen die seit Langem angekündigten Corona-Selbsttests. Dies kündigte Kultusminister Grant Hendrik Tonne (SPD) am Mittwoch im Landtag an. Unter Aufsicht einer Lehrkraft sollen die Schüler im Klassenraum vor Beginn des Unterrichts einen Nasen-Abstrich machen. Positive Ergebnisse übermittelt die Schule an das örtliche Gesundheitsamt. Der oder die Betroffene wird dann mit einem PCR-Test untersucht; bei einer positiven Bestätigung folgt die Quarantäne.
„Nur gemeinsam können wir es schaffen, die Schulen zu einem noch sichereren Ort für alle zu machen“, sagte Tonne auf eine Anfrage der Grünen-Fraktion. „Das setzt insbesondere auch voraus, dass eine Vielzahl von Lehrkräften und Schülerinnen und Schülern an den Tests teilnimmt.“ Doch dieses Ziel muss bis nach Ostern warten. Bislang sind 400.000 von den fünf Millionen bestellten Testkits aus China und zu einem kleineren Teil aus Österreich angekommen; diese werden derzeit über ein Logistikzentrum in Hann. Münden (Kreis Göttingen) ausgeliefert. Man wolle in der nächsten Woche Erfahrungen sammeln, vor allem mit Blick auf die Anwendbarkeit bei jüngeren Kindern, meinte der Minister.
Der reguläre Betrieb ist erst nach den Osterferien vorgesehen, dann auch möglicherweise in den Grundschulen. Tests soll es einmal pro Woche geben, sofern an den Schulen Präsenz- oder Wechselunterricht stattfindet. „Die Teilnahme ist freiwillig“, betonte Tonne. Nach Ferien, bei regionalen Inzidenzwerten über 100 sowie bei konkreten Infektionsfällen soll es zusätzliche Tests geben. Schulen und Lehrkräfte würden intensiv auf die Durchführung vorbereitet, versicherte der Minister. Für Kindergärten sind dagegen vorerst keine Reihentests geplant.
Von „einer herben Enttäuschung“ für Schüler, Eltern und Lehrkräfte sprach Grünen-Fraktionschefin Julia Willie Hamburg. „Auch ein Jahr nach Beginn der Corona-Pandemie rennt die Landesregierung den Entwicklungen an den Schulen noch immer hinterher. Das Risiko tragen die Betroffenen.“ Hamburg forderte, den Rhythmus auf zwei verbindliche Tests wöchentlich zu erhöhen und die Kitas einzubeziehen. Die Lehrergewerkschaft GEW warnte angesichts der Dokumentationspflichten der Schulen vor einem „bürokratischen Ungetüm“, das nur Scheinsicherheit erzeuge. „Warum finden die Tests nicht statt, bevor potenziell Infizierte die Schulen betreten?“, fragte GEW-Landeschefin Laura Pooth. Der Lehrkräfteverband (VNL/VDR) beklagte zusätzliche Belastungen und Risiken, wenn medizinisch nicht geschulte Lehrer ihre Schüler anleiten müssten.
Inzidenzwert: Ministerpräsident Stephan Weil und Sozialministerin Daniela Behrens (beide SPD) wiesen Rufe vom Koalitionspartner CDU und der Kommunen nach einer Abkehr von den reinen Ansteckungszahlen für Lockerungen zurück. „Die Landesregierung arbeitet auf der Basis des geltenden Rechts“, betonte Weil und verwies auf das Infektionsschutzgesetzes des Bundes, in dem die maßgeblichen Inzidenzwerte festgeschrieben seien. Über lokale Öffnungskonzepte mit strengen Hygienekonzepten und Schnelltests könne man aber reden.
Corona-Regeln: Golf ist erlaubt, Mini-Golf verboten. „Verstehen kann das kein Mensch“, kritisierte Grünen-Parlamentsgeschäftsführer Helge Limburg die zahlreichen Widersprüche in den Corona-Verordnungen. FDP-Fraktionschef Stefan Birkner warf der Landesregierung mangelnde Strategien und ein Desaster bei den Vorschriften vor. Damit verspiele man das Vertrauen der Bevölkerung.
Der Konter aus der Koalition ließ nicht lange auf sich warten: „Mit geht die Debatte über Lockerungen absolut auf den Geist“, polterte SPD-Sozialexperte Uwe Schwarz mit Blick auf eine dritte Welle. „Es ist völlig fahrlässig, den Leuten vom Urlaub auf Mallorca oder sonst wo zu erzählen.“ Einmal in Rage wetterte der Abgeordnete auch über Nebenwirkungen der anderen Impfstoffe wie Biontech und das Geschäftsgebaren seiner privaten Hersteller. Es sei besser, wenn die Produktion in staatlicher Hand läge, meinte Schwarz und verwies auf den russischen Impfstoff. „Ich bin mir relativ sicher, dass wir bei einer Zulassung von Sputnik keine Lieferengpässen bekommen.“