Die Landesregierung will dem Handel helfen: Sobald die Läden wieder öffnen dürfen, sollen Projekte greifen, damit Kunden schnell wieder in die Geschäftsstraßen kommen. Alle Kaufmannschaften und Marketingvereine konnten Ideen vorstellen und Geld beantragen. Doch nicht alle haben das getan. Oder so viele Vorhaben vorgeschlagen wie Vegesack. Warum Burglesum nur ein Konzept eingereicht hat und Blumenthal keins – und was das Senatsprogramm für die Nordbremer Stadtteilzentren unterm Strich bedeutet. Ein Überblick.
Burglesum: 10.000 Euro
Christa Dohmeyer und Florian Boehlke haben hin und her überlegt, welche Projekte die Läden nach dem Lockdown voranbringen würden. Die Vorsitzende der Interessengemeinschaft der Kaufleute und der Ortsamtsleiter kamen auf sieben Vorhaben. Dass am Ende nur eins bei der Behörde eingereicht wurde, erklären beide gleich: damit, dass für mehr die Kapazitäten nicht gereicht haben. Dohmeyer ist Unternehmerin, Mutter zweier Kinder und ihr Posten beim Bündnis der Einzelhändler ein ehrenamtlicher.
Sie sagt, dass sie am liebsten alle sieben Projekte eingereicht hätte, es aber nicht konnte: Wer ein Vorhaben vorschlägt, muss es auch umsetzen, wenn es Geld geben soll – und für alle fehlten ihr zufolge sowohl die Zeit als auch das Personal. Darum gibt es für Burglesum jetzt ausschließlich einen Betrag für einen Einkaufsführer. Ortsamtschef Boehlke spricht von den Gelben Seiten für den Stadtteil. Und davon, es zu bedauern, dass für das Geschäftszentrum nicht mehr drin war. Zumindest diesmal nicht.
Boehlke will jetzt Gespräche darüber führen, dass Burglesum bekommt, was Vegesack hat: hauptamtliche Hilfe beim Marketing. Oder dass aus dem Vegesacker ein Nordbremer Marketing wird. Er weiß, dass der Nachbarstadtteil das Mittelzentrum ist und darum eine andere Stellung hat. Boehlke findet aber, dass eine weitere Vollzeitkraft angebracht wäre – eine, die sich nicht nur um Burglesumer Belange kümmert, sondern auch um Blumenthaler, wo die Kaufleute ebenfalls ehrenamtlich vertreten werden.
Blumenthal: 0 Euro
Dass es im Stadtteil niemanden gibt, der sich im Hauptberuf um die Händler kümmert, ist auch der Grund dafür, dass kein einziges Projekt eingereicht wurde, um das Stadtteilzentrum nach dem Lockdown aufzuwerten. So steht es jedenfalls im Programm des Senats. Oliver Berger sagt es etwas anders. Der Chef der Gewerbe-Allianz Blumenthal Aktiv spricht von Zeit, die kein Ehrenamtlicher für die Arbeit an einem Konzept aufbringen kann, wenn er nicht weiß, ob es wegen Corona jemals umgesetzt wird.
Und weil die Wirtschaftsbehörde nichts zusichern konnte, hat Berger eben auch kein Vorhaben vorgeschlagen. Er sagt, dass zu einem Konzept schließlich mehr gehört als bloß eine Idee. Zum Beispiel das Einholen von Angeboten. Zum Beispiel die Absprache mit Projektpartnern. Und darum manchmal Wochen vergehen, bis ein Konzept steht. Und die, meint er, hat eine hauptamtliche Kraft, aber keine ehrenamtliche. Zumindest keine, die noch einen Hauptberuf hat. Berger ist Anwalt.
Er findet, dass sich das Vegesack Marketing in den vergangenen Jahren immer wieder um Blumenthaler Belange gekümmert hat – aber auch, dass es sich noch mehr kümmern könnte. Oliver Fröhlich sieht das ähnlich. Der Ortsamtsleiter sagt, dass es jedem Stadtteil möglich werden muss, Projekte für den Handel zu planen und umzusetzen. Und dass er sich wie sein Burglesumer Amtskollege für eine zusätzliche Marketingkraft einsetzen will, die einen Gewerbeverein wie den Blumenthaler unterstützt.
Vegesack: 481.000 Euro
Jörn Gieschen sagt, dass er sich freut: Der Senat hat zwar nicht allen Projekten zugestimmt, die der Geschäftsführer des Vegesack Marketings und sein Team eingereicht haben, aber vielen – 14 von 24. Für Gieschen ist das ein guter Schnitt. Dass es mehr Geld für das Stadtteilzentrum gibt als für andere, verwundert ihn kaum. Gieschen sagt, was auch andere sagen: dass Vegesack als Mittelzentrum mit 100.000 Einwohnern und den meisten Geschäften im Bremer Norden eine herausragende Stellung einnimmt.
Er kann verstehen, dass andere Interessengemeinschaften gerne so arbeiten würden, wie es das Vegesack Marketing kann. Und dass sie aus dem Verein genauso gerne einen Verein für den Norden machen würden. Gieschen sagt aber auch, dass das Marketing nicht nur für den einen Stadtteil arbeitet, sondern ebenso für Blumenthal und Burglesum. Als Beleg nennt er eine Umfrage, die bei allen Gewerbetreibenden im Norden gemacht wurde. Und Projekte, die das Marketing für alle Stadtteilzentren beantragt hat.
Gieschen kündigt an, sich einer Neuordnung des Vegesack Marketings nicht verschließen zu wollen. Genauso wenig wie Heiko Dornstedt. Der Ortsamtsleiter spricht allerdings von bestimmten Voraussetzungen, die für diesem Fall dann erfüllt werden müssten: Die eine Bedingung hat mit einem größeren Budget fürs Marketing zu tun, die anderen mit mehr Personal. Momentan besteht das Team aus drei Vollzeit- und zwei Teilzeitkräften, inklusive Gieschen als Geschäftsführer.
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Die Projekte des Marketing
Bremen-Nord. Fast ein halbe Million Euro will der Senat für Projekte in Vegesack ausgeben, die das Stadtteilzentrum attraktiver machen sollen. Manche hat das Marketing des Stadtteils vor Wochen angekündigt, andere sind neu dazugekommen.
Auf der Liste stehen neue Bänke für die Fußgängerzone, aber auch Lichtshows, die es an Tagen geben soll, an denen die Geschäfte länger geöffnet haben. Außerdem will der Senat in Vegesack machen, was er in der Innenstadt bereits macht: die Mieten von Läden übernehmen, um es sogenannten Start-up-Firmen und Pop-up-Stores zu ermöglichen, die Lücken leichter zu schließen. Und weil die Menschen momentan an keinen Kulturveranstaltungen teilnehmen können, soll die Kultur zu den Leuten kommen – im Internet.
Mit Technik hat auch eine neue Rundtour durch Vegesack zu tun: QR-Codes sollen auf Sehenswürdigkeiten hinweisen. Den Stadtteil draußen erleben wird künftig auch anders gehen – mit XXL-Brettspielen, auf Sportbühnen und bei Veranstaltungen, die auf einen kleinen Publikumskreis ausgelegt sind. Auch Picknicks, Vorführungen auf einer Großbildleinwand und Radtourismus gehören zum Programm. Genauso wie eine neue Art von Gästeführungen und eine Neuauflage des Vegesacker Adventskalenders.
Koordinieren wird alles ein größeres Team als bisher: Das Marketing bekommt eine zusätzliche Managementstelle auf Zeit.