
Experten glauben, dass der Wolf aus der Wingst stammt. Dort ist im August 2011 ein Tier aus dem Zoo ausgebüchst. Die Wolf-Beauftragte des niedersächsischen Umweltministeriums, Britta Habbe, folgt der Fährte bis in den Landkreis.
Landkreis Osterholz. Hans-Jürgen Gieschen ist ein erfahrener Jäger. Mit wilden Tieren kenne er sich aus, sagt er. Gleich zweimal beobachtete er am 16. Januar einen Wolf in seinem Oldendorfer Jagdrevier - zunächst gegen 7.45 Uhr: Vom Ansitz aus erlebte er das hochbeinig laufende Tier aus nächster Nähe. Der Wolf schlich etwa 40 Meter von ihm entfernt aus der Deckung auf die Lichtung, erzählt Gieschen. Mit tippelnden Schritten folgte er einem aufgeschreckten Rudel Damwild. "Das war kein Hund, das habe ich sofort gesehen. Der Kopf mit den spitzen Ohren, die Fellfarbe, die Rute und der eigenartige Gang fielen mir auf", erinnert sich Gieschen, der in Polen schon Wölfe in freier Umgebung gesehen hat. Etwa eine Stunde später habe er Meister Isegrim ein zweites Mal aus etwa 80 Metern Distanz beobachtet. "Da war er hinter einem Hirsch her."
Für Britta Habbe besteht an der Sichtung kein Zweifel. Der geschnürte Trab des Tieres, also das Aufsetzen der Pfoten in einer Reihe, unterscheide den einsamen Jäger deutlich vom Gang der Hunde, erklärt die Diplom-Biologin. Wölfe liefen oft und lange in dieser kräfteschonenden Gangart. Die Hinterpfoten wandern dabei in das Trittsiegel der Vorderpfoten. Der Pfotenabdruck eines Wolfes betrage etwa die Größe einer Handfläche, also acht bis zehn Zentimeter in der Länge.
Bei Kreisjägermeister Heiko Ehing sind in den vergangenen Tagen vier Meldungen über Sichtungen eingegangen. "Alle kommen aus zuverlässiger Quelle", betont er. Der Wolf sei nördlich von Osterholz-Scharmbeck im Bereich Steden unterwegs. Nach dem zweifachen "Auftritt" im Gieschens Revier ist er andernorts in Oldendorf aufgetaucht. "Ein Landwirt hat ihn am Mittwoch, 18. Januar, beim Holzmachen in einem Birkenwald erspäht", erzählt Ehing. Dort sei er hinter einem Sprung Rehe her gewesen. Außerdem haben Jäger in Lübberstedt auffällige Fährten gesichtet. "Das letzte Mal ist er am Sonntagabend in Axstedt aufgetaucht", berichtet Ehing. Seitdem habe sich die Spur verloren.
Wild, Mäuse und Hasen stehen auf dem Speiseplan
Die Beobachter beschreiben das Tier als gut genährt. "Wölfe ernähren sich unter anderem von Schalenwild wie Reh, Dam- und Schwarzwild", erläutert Thorsten Wischhusen von der Jägerschaft Osterholz. Auch Mäuse und Hasen stehen auf dem Speiseplan. "Einige fressen auch das Aas überfahrener Tiere", ergänzt Habbe. Sie geht davon aus, dass der jetzt gesichtete Wolf derjenige ist, der im August 2011 aus dem Zoo in der Wingst entwischt war. Dabei handelt es sich um ein Jungtier vom Mai vergangenen Jahres. Mittlerweile habe der entlaufene Wolf die Größe eines Schäferhunds. "Die Wölfe müssen wesentlich schneller wachsen als Haustiere. Nach etwa zehn Monaten ist ein Wolf ausgewachsen", so Habbe.
Ein Wolf suche nicht die Nähe zu Menschen, ist die Biologin überzeugt. Er sei zwar durch die Aufzucht im Wingster Gehege an menschliche Strukturen gewöhnt, verbinde aber unangenehme Erfahrungen mit den Menschen. Unter anderem musste er gefangen werden, um einen Chip unter das Fell zu bekommen. Dieses negative Erlebnis werde das Tier mit geprägt haben.
Für den Normalbürger sei es nahezu ausgeschlossen, den Wolf zu Gesicht zu bekommen. Die Tiere bleiben auf Distanz. Lediglich Jäger, die auf der Pirsch und außerhalb der Witterung des Tieres sind, hätten eine vage Chance. Die Geschichte, dass Wölfe besonders im Winter und bei Kälte die Nähe zum Menschen suchen, gehöre indes ins Reich der Fabel, sagt sie. "Im Winter sehen die Menschen die Spuren im Schnee, daher rührt der Glaube, das Tier suche die Nähe zum Menschen." Spaziergänger mit Hund hätten nichts zu befürchten. "Der Wolf geht den Menschen eher aus dem Weg", weiß Habbe.
Wer das Tier gesehen hat, wird gebeten, die Wolf-Beauftragte des Landes unter der Telefonnummer 0511 / 8567791 zu informieren. Die Ergebnisse werden protokolliert. Eine DNA-Probe aus der Losung könnte auf die Spur eines bestimmten Tieres führen. Wolfslosung rieche weniger stark als Hundekot. Außerdem könnten Knochenreste, Zähne und Fell an der Losung haften, erläutert Habbe.
Weitere Informationen gibt es im Internet auf den Seiten der Landesjägerschaftund der Kreisjägerschaft Osterholz.
Welcher Verein wann in Bremen oder der Region spielt und wie die Begegnung ausgegangen ist, erfahren Sie in unserem Tabellenbereich. Auch die Ergebnisse der Spiele der höheren Ligen finden Sie dort.
...