
Unangenehme Post erhielten die Initiatoren der unregelmäßig etwa einmal monatlich stattfindenden Folksessions im Kulturzentrum Kleinbahnhof (KUZ): Neben zahlreichen Musikern aus dem weitläufigen regionalen Umland wurde auch die GEMA auf das Treiben im KUZ aufmerksam und sandte den Folkmusikanten einen Gebührenbescheid zu, dessen Höhe sich mit jeder weiteren Session steigern würde.
„Dabei spielen wir hier lediglich uralte Folklore, die samt und sonders gemeinfrei ist“, wundert sich Axel Viebrock, der das folkmusikalische Stelldichein gemeinsam mit Gattin Angelika maßgeblich initiierte. Nicht nur in Terminfragen stellt das Paar aus Bremervörde den Dreh- und Angelpunkt des Geschehens dar; auch musikalisch sorgen die beiden ehemaligen Fördermitglieder der verblichenen Folkinitiative Osterholz-Scharmbeck an den Sonntagnachmittagen, in denen das KUZ ganz im Zeichen irischer Folkore steht, für maßgebliche Impulse: Angelika Viebrock an der „Irish Concert Flute“, einer hölzernen Querflöte, Axel Viebrock an der Geige beziehungsweise „Fiddle“. „Das Instrument ist zwar dasselbe, ein klassischer Geiger bedient es jedoch gänzlich anders.“
Das Ziel des Paares war es von Anfang an, einen Raum zu schaffen, in dem instrumental versierte Freunde irischer Musik zusammen finden, um gemeinsam zu musizieren. „In der irischen Folkloretradition treffen sich Musiker häufig untereinander, um einfach so für sich Musik zu spielen, ohne Publikum, fernab von Konzertsituationen“, erklärt Viebrock das ideelle Vorbild des Unterfangens.
Entsprechend war das Unterfangen nie auf Umsatz ausgelegt. Die eingehenden Gebührenforderungen bedeuteten somit praktisch das Ende des Sessionbetriebs, aber keinesfalls der musikalischen Betriebsamkeit: Aus der Session von einst ist nun ein loses Bandprojekt geworden, das gemeinsame Musizieren firmiert nun als Probentätigkeit. Allerdings wird weder auf einen gemeinsamen Auftritt, noch auf etwaige Aufnahmen oder ähnliches hingearbeitet, auch ein Bandname existiert nicht.
„Wenn Du einen Namen für die Band brauchst, schreib einfach ,Gan Anim‘. Das ist irische für ,ohne Name‘ und so heißen im Irish Folk auch all jene Instrumentalstücke, deren Titel entweder niemand weiß oder die schlichtweg keinen haben“, erklärt ein regelmäßiger Teilnehmer aus Verden, der seinen vollen Namen nicht veröffentlicht lesen möchte. Zu den Probesessions im KUZ rückt er indes mit einem beachtlichen Instrumentenarsenal an, das neben diversen Low- und Tin-Whistles auch eine Harfe beinhaltet – allerdings keine keltische, wie sie auf irischen Münzen zu sehen ist, sondern eine böhmische Hakenharfe, die sich schnell und unkompliziert umstimmen lässt.
Andere bringen Geigen beziehungsweise „Fiddles“, Gitarren, Banjos, Mandolinen und Mundharmonikas mit. Zwar besteht so etwas wie ein regelmäßiger Teilnehmerstamm, der jedoch bei weitem nicht zur Gänze bei jeder Probesession zugegen ist. Manche setzen mitunter einige Wochen aus, ohne dass dies ein Problem darstellen würde. Wer Zeit und Lust hat und befähigt ist, kommt vorbei und spielt mit. Auch neue Mitwirkende sind jederzeit gern gesehen.
Gesprochen wird indes nicht allzu viel, zumindest nicht über Musik: Ein Melodieinstrument stimmt einen Tune an – in der Regel ein traditionelles Jig oder Reel, fernab von allseits bekannten Gassenhauern vom Schlage eines „Whisky in the Jar“ oder „Wild Rover“ – und die Anwesenden stimmen wahlweise mit ein oder setzen auch mal für ein Stück aus. Dies ist allerdings eher eine Frage der Lust als des Könnens.
„Man muss ein Lied nicht kennen, um es mitspielen zu können“, erklärt Reiner Wittig, der zu den Probesessions seinen Satz Mundharmonikas mitbringt. „Bei dieser Art des Musizierens kommt es vor allem aufs Zuhören an. Wenn man die Strukturen und Mechanismen des jeweiligen Stücks erkennt, ist es nicht schwer, mit einzusteigen“, erklärt das frühere Mitglied der Folkinitiative, das seine musikalischen Fertigkeiten auch bereits in den Dienst der „Utkieker“ und des „Bremer Ukulelenorchesters“ stellte.
Auch weitere Teilnehmer der musikalischen Treffen können bewegte musikalische Viten vorweisen. Bei Jørgen Lang aus Oldenburg handelt es sich beispielsweise um einen gestandenen Berufsmusiker, der bereits in den 90er-Jahren als Mitglied des „Hölderlin Express“ weitläufig auf Tournee war. „Von Kindesbeinen an ist die irische Folklore jedoch meine musikalische Basis“, erklärt Lang. An den Probesessions im KUZ schätzt er vor allem „das Informelle und Ungezwungene; das miteinander Musizieren ohne Verpflichtungen gegenüber einem Publikum.“
Neben der Musik geht es den Beteiligten, die zu diesen sonntäglichen Anlässen bisweilen Anreisen aus unter anderem Osnabrück, Hamburg, Ostfriesland und Oldenburg auf sich nehmen, spürbar auch um die Gemütlichkeit: Es duftet nach Kaffee, die Teilnehmer bringen Kuchen mit, es stehen hinreichend bequeme Sofas und Stühle auch für Musikerpartner bereit und selbst der Musikernachwuchs wird mit Ausmalbildern oder kleineren Spielzeugen versorgt. Ob dieses Geschehen nun als Session oder als Probe tituliert wird, macht für die Beteiligten keinen Unterschied. Zu den jeweiligen Probenterminen werden bisherige Beteiligte via E-Mail eingeladen, neugierig gewordene richten ihre Terminanfragen an das KUZ.
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