
Osterholz-Scharmbeck. Wer saß denn nun wirklich am frühen Morgen des ersten Sonntag im August 2020 hinter dem Steuer des Autos? Angeklagt war ein 52-jähriger serbischer Staatsbürger aus Schwanewede. Er soll an jenem Tag mit 1,9 Promille Blutalkoholgehalt sein Auto vom Marktplatz in Schwanewede zu seinem Haus gefahren haben. Distanz: 500 Meter. Deshalb war ihm ein Strafbefehl ins Haus geschickt worden. Dagegen hatte er Einspruch erhoben. Und so kam es zur Hauptverhandlung im Amtsgericht.
Verteidiger Igor Janjevski sagte, dass sein Mandant zu keiner Zeit das Fahrzeug geführt habe. Es habe auch keinen Fahrerwechsel gegeben, so der Anwalt. Für seinen Mandanten sei dieser Vorfall „ein großes Ärgernis“. „Er ist Berufskraftfahrer und noch nie negativ aufgefallen.“
Dolmetscherin im Einsatz
Mithilfe einer Dolmetscherin hörte sich das Gericht die Version des 52-Jährigen an. Demnach hatte er sich in einem Café am Marktplatz bei einer Betriebsfeier aufgehalten. Da er sehr viel getrunken habe, habe er seinen Sohn angerufen, damit der ihn nach Hause fahre. Als beide gerade ins Auto gestiegen waren, sei ihm aufgefallen, dass er sein Handy im Café vergessen habe. Daraufhin sei der Sohn ins Café geeilt und habe das Handy geholt.
„Mein Sohn ist losgefahren.“ Zu Hause sei dann die Polizei aufgetaucht. „Ich bin nicht gefahren. Das ist meine Arbeit. Hätte ich wirklich Schuld gehabt, hätte ich gesagt, dass ich Schuld habe.“
Weiter hörte das Gericht den 29-jährigen Sohn des Schwanweders als Zeugen an. „Mein Vater hat mich angerufen und gesagt, dass er nicht mehr fahrtüchtig sei.“ Daraufhin sei er zu Fuß zum Café gegangen. Nach einer Stunde sei man zum Auto gegangen. „Ich bin ins Auto rein, ein paar Meter gefahren.“ Da sei seinem Vater aufgefallen, dass das Handy nicht da sei. „Ich bin zurück ins Café, mit dem Handy raus aus dem Café, eingestiegen und losgefahren.“
Ein Polizeiwagen sei langsam hinter ihnen hergefahren, erinnerte sich der 29-Jährige. Zu Hause sei dann nur der Vater von den Beamten angesprochen worden. „Von mir wollten sie gar nichts, weder Ausweis noch den Führerschein.“
Als weiterer Zeuge war ein 20-jähriger Polizei-Kommissar-Anwärter geladen. Es habe den Tatverdacht einer Trunkenheitsfahrt gegeben, sagte dieser aus. Deshalb seien seine Anleiterin und er dem Fahrzeug von Vater und Sohn gefolgt. Genau wollte Verteidiger Janjevski wissen, was und aus welcher Perspektive der Zeuge etwas und wie viel gesehen habe.
Prozess unterbrochen
Nach Auffassung des Anwalts konnte der 20-Jährige keine genauen Beobachtungen gemacht haben. Denn er saß auf dem Beifahrersitz. Auch seien die Sitze im Polizeifahrzeuge niedriger gewesen, als die in dem Wagen der beiden Schwaneweder. Deshalb wurde der Prozess unterbrochen, um auch noch die Anleiterin als Zeugin zu hören.
In der Fortsetzung sagte die 27-jährige Polizeikommissarin, dass sie auf dem Marktplatz eine Bewegung in der vorderen Mitte des beobachteten Fahrzeugs wahrgenommen habe. Anschließend sei man dem Auto nachgefahren und habe bei dem 52-Jährigen eine Blut-Alkohol-Probe veranlasst.
Für die Staatsanwältin stand fest, dass sich der „Sachverhalt nicht bestätigt“ hat, es keine Trunkenheitsfahrt gegeben hat. Sie beantragte eine Freispruch. Dem schloss sich Verteidiger Janjevski an. Er nannte den Vorfall nur „ärgerlich“. Auch Strafrichterin Kopischke war von einem Freispruch überzeugt. „Der Tatvorwurf kann nicht mit der erforderlichen Sicherheit nachgewiesen werden“, sagte sie in ihrer Urteilsbegründung.
Eine Frage des Strafmaßes:
Das sogenannte Strafbefehls-Verfahren ist ein Verfahren vor dem Amtsgericht. Damit entscheidet das Gericht über den Fall ohne eine Hauptverhandlung. Einen Strafbefehl zu erlassen, beantragt zuvor die Staatsanwaltschaft beim Gericht. Hat das Gericht aber Bedenken dagegen, beraumt es einen Hauptverhandlungstermin an. Mit dem Strafbefehl werden im Gegensatz zu einem normalen Strafverfahren mit Hauptverhandlung nur Vergehen geahndet. Ein Vergehen ist eine Straftat, die vom Gesetz nicht als Verbrechen geahndet wird. Konkret bedeutet das, dass in solchen Fällen als Mindeststrafe eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe von unter einem Jahr festgeschrieben ist. Ein Angeklagter kann auch Einspruch gegen einen Strafbefehl einlegen. Dann kommt es ebenfalls zur Hauptverhandlung.
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