
Ritterhude. Thomas Labud hat sein Arbeitsgerät quasi an der Laufleine. Wie einen Hund. Nur dass es sich dabei nicht um einen kurzbeinigen, langgestreckten Dackel handelt, sondern um eine ähnlich proportionierte Kamera auf Rädern. Die erkundet die Eingeweide von Ritterhude: Labud ist Kanalinspekteur bei Hansewasser. Er untersucht – unter anderem – den Zustand des Regenwasserkanal-Netzes der Hamme-Gemeinde.
2019 hatten die Ritterhuder die Beseitigungspflicht für Regenwasser auf ihre Tochtergesellschaft, die Abwasserbeseitigung Ritterhude, eine Anstalt öffentlichen Rechts (AöR), übertragen. Zugleich vergaben Politik und Verwaltung den zugehörigen Betriebsführungsauftrag an das Bremer Unternehmen Hansewasser. Um die Schmutzwasserkanäle der Gemeinde kümmern sich die Hansestädter bereits seit 2006. Nun ist Hansewasser, vorerst bis 2028, für beide Kanalsysteme zuständig.
„Wir sind froh, dass wir das für Ritterhude machen können“, bemerkt Swen Pfister. Er ist bei den Bremern als Bereichsleiter Netz für die Betriebsführung Ritterhude verantwortlich. Die Gemeinde wisse die Arbeit zu schätzen. Mehr noch: „Es macht Sinn“, so Pfister. Schließlich hänge das Netz von Ritterhude mit dem Bremer Kanalsystem zusammen. Und die Ritterhuder entsorgten auch ihr Schmutzwasser in Bremen.
Mit dem Auftrag hat Hansewasser begonnen, den Zustand des Regenwasserkanal-Netzes in Ritterhude zu ermitteln. Dazu schickt Thomas Labud seine Kamera in die Kanäle. Mit einer Geschwindigkeit von etwa 15 Zentimetern pro Sekunde durchfährt sie auf ihren vier Rädern die Rohre. Eine vorgegebene Strecke. Von Schacht zu Schacht. Da sie keine 180-Grad Wende machen kann, wird sie mithilfe der „Leine“ zum Ausgangsschacht zurückgezogen.
Die Bilder, die sie auf ihrer Tour macht, überträgt sie in das mit Computertechnik vollgestopfte Kanalinspektionsfahrzeug, von dem aus sie in die Tiefe gelassen wurde. Auf dem Monitor im Wagen verfolgt Thomas Labud die Kamerafahrt. „Vorher wird der Kanal noch gespült“, sagt er. Denn Fettablagerungen sowie Sand und Dreck würden die Kamera sonst bremsen oder stoppen.
Ist die Strecke sauber und weitgehend intakt, „dauert so eine Fahrt vielleicht zehn Minuten“, sagt er. Andernfalls könne die Kamera aber schon mal eine Dreiviertelstunde benötigen. Vom halb zusammengebrochenen Kanal über Baumwurzeln im Rohr bis hin zu Versorgungsleitungen, die durch den Kanal durchgeschossen wurden, habe er schon einiges gesehen, berichtet Labud und bezieht dabei Bremer Kanäle mit ein.
„Das Regenwasser-Kanalnetz von Ritterhude ist gut 50 Kilometer lang“, sagt Swen Pfister. 20 Kilometer davon hätten sie seit Anfang 2019 inspiziert. Den Schmutzwasserkanal, der eine Länge von 75 Kilometern habe, hätten sie seit 2006 bereits einmal komplett durchgecheckt und alle registrierten Schäden repariert. Auf rund 300 Reparaturen sei das im Laufe von zehn Jahren hinausgelaufen, so Günter Schotge. Zusammen mit Udo Ahlbach bildet er den Vorstand der AöR. Eine Million Euro habe diese in die Reparaturen investiert, überschlägt er. Inzwischen laufe die zweite Kontrollrunde des Schmutzwasser-Systems von Ritterhude – parallel zur ersten Untersuchung des Regenwasserkanals.
Mithilfe eines Lenkzählers, an dem die Kamera hängt, registriere die Technik im Inspektionsfahrzeug genau, wo sich die Kamera gerade im Kanalnetz befinde, berichtet Thomas Labud. Die Daten speichert er zusammen mit den entdeckten Schäden. Diese Informationen seien wichtig, damit der Kanal zwecks Reparatur an der richtigen Stelle aufgebuddelt werde. Peu à peu entsteht so die abzuarbeitende Schadensliste.
Bei der Kontrolle des Regenwasser-Kanalnetzes geht es nicht allein um die Beseitigung von Schäden, sondern auch um die Frage, ob die Durchmesser der Rohre ausreichen. Die zunehmende Versiegelung der Böden durch den Bau von Häusern und Straßen sowie häufigere Starkregen-Ereignisse sorgen an verschiedensten Stellen für Probleme. Wo die Kanäle in der Vergangenheit zu klein, die Übergänge in andere Rohre zu eng dimensioniert wurden, tritt das Wasser aus den Schächten aus. Überschwemmungen unterschiedlichen Ausmaßes sind die Folge.
In Platjenwerbe hat Hansewasser das Regenwasser-Kanalnetz bereits untersucht. „Dort müssen wir etliche Kanallängen vergrößern“, berichtet Pfister. Allerdings sei solch ein Kanalnetz ein feingliedriges System. Es müsste nicht immer direkt an der Stelle korrigiert werden, wo das Wasser austritt. Wichtig sei nur, dass der Rückstau im Kanal nicht höher als der Schachtdeckel sei. Anders gesagt: „Das Kanalnetz muss als Ganzes funktionieren; deshalb können wir auch an einer anderen Stelle eingreifen, wenn es da bautechnisch einfacher ist“, erklärt Swen Pfister. Moderne Computerprogramme, die den Weg des Wassers errechnen, helfen dabei, die richtige Stelle zu wählen.
Die AöR geht aktuell davon aus, jährlich rund 300.000 Euro in die Sanierung des Ritterhuder Regenwasserkanal-Netzes investieren zu müssen. Der Betrag ist jedoch nicht in Stein gemeißelt. Immerhin müssen noch gut 30 Kilometer des Netzes erstmalig in Augenschein genommen werden. Die rollende Kamera hat also noch einige Fahrten vor sich.
Niederschlagsgebühren
Trotz der anstehenden Investitionen ins Regenwasserkanal-Netz können sich die Ritterhuder über eine Senkung der Niederschlagsgebühren freuen. Diese wird für drei Jahre im Voraus festgelegt und darf zu keiner Überdeckung führen. Da dies aber im Verlauf der vergangenen drei Jahre der Fall war, muss die Gebühr ab 2021 nun für die nächsten drei Jahre gesenkt werden: von zuletzt 35 Cent pro Quadratmeter auf 24 Cent pro Quadratmeter.
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