
Worpswede. Ursula Siefken-Schulte ist hartnäckig. Auch im sechsten Jahr bringt die rührige Konzertveranstalterin wieder einen Worpsweder Musikherbst auf die Bühne. Denn auch wenn sie nach wie vor mit den Besucherzahlen hadert, von der Qualität ihres Programmes ist sie überzeugt. "Da sind wir erste Liga", sagt sie selbstbewusst und kann diese Aussage auf zahlreiches Feedback von Musikern, Komponisten und Szene-Kennern stützen. Der von ihr gegründete Verein Podium konzentriert sich auf zeitgenössische Musik und versucht, eine Brücke zu bauen von hohem künstlerischen Anspruch zu einer publikumsfreundlichen Präsentation.
Der Musikherbst soll nicht zwingend sperrige, atonale oder disharmonische Werke präsentieren, sondern solche, die man bislang selten oder gar nicht gehört hat. Als ein Hör-Abenteuer beschreibt Siefken-Schulte das Wandern abseits gängiger Klanggewohnheiten. Dafür wählt sie Jahr für Jahr Spitzenkünstler auf, die ihrer Aussage nach anderswo ein größeres Publikum finden könnten oder auch finden. Trotzdem kämen die international auftretenden Musiker gerne nach Worpswede, weil sie Konzept, Atmosphäre und Spielort des Festivals schätzten.
Auch für dieses Jahr haben die Organisatorin und ihre Mitstreiter im Hintergrund wieder vier Konzertabende in der Bötjerschen Scheune geplant. Neben dem gewohnten Schwerpunktthema einer bestimmten Instrumentengruppe – 2018 ist es das Akkordeon – steht passend zur 800. Jahr-Feier Worpswedes das Thema Geburtstag im Mittelpunkt.
Der Eröffnungsabend am 12. Oktober ist dem Komponisten Peter Ruzicka gewidmet. Das Minguet-Quartett spielt dessen Streichquartett "Possible-à-chaque-instant" zusammen mit Beethovens Streichquartett Opus 131, das dem Komponisten als Inspiration diente.
Ruzicka, der zur Aufführung anwesend sein wird, gilt aktuell als einer der wichtigsten Komponisten des Genres. Er leitet außerdem das Philharmonische Staatsorchester Hamburg an der Elbphilharmonie, das Brucknerorchester Linz, das Deutsche Symphonie Orchester Berlin, das Mozarteumorchester Salzburg, das Shanghai Symphony Orchestra und das Hongkong Philharmonic Orchestra. Seine Oper "Benjamin" wurde im Juni an der Hamburgischen Staatsoper uraufgeführt.
Auch im Mittelpunkt des zweiten Konzerts am 2. November steht ein Geburtstag: Der Komponist Bernd Alois Zimmermann wäre in diesem Jahr 100 Jahre alt geworden. Seine Sonate für Violine und Klavier steht im Mittelpunkt eines Programms, das vier Musiker des WDR-Funkausorchesters zusammengestellt haben.
Neben der Bremer Violinistin Julia Katharina Schulte, Tochter von Ursula Siefken-Schulte, ist mit dem gebürtigen Lilienthaler Andy Miles ein weiterer Musiker aus der Region beteiligt. Neben dem als extrem anspruchsvoll geltenden Werk Zimmermanns stehen Johann Sebastian Bach, Eugène Ysaye, Francis Poulenc, Maurice Ravel und Béla Bartók auf dem Programm.
Mit dem Auftritt des Duos Stefan Husong und Mike Svoboda am 16. November kommen dann auch Akkordeonklänge, zusammen mit einer Posaune, zum Tragen. Die beiden spielen eine Reihe von Stücken von Karlheinz Stockhausen, Keiko Harada und Adriana Hölzky, die immer wieder von Intermezzi unterbrochen werden, in denen der italienische Barock-Komponist Girolamo Frescobaldi aus dem 17. Jahrhundert auf John Cage trifft. Neben einer Eigenkomposition Svobodas steht auch Annette Schlünz' "Journal 6 (Kraniche)" auf dem Programmzettel.
Genau dieses Stück wird beim Abschlusskonzert am 7. Dezember noch einmal gespielt, diesmal von Snezana Nesic. Die Akkordeonistin tritt zusammen mit dem Duo Aditya – Ava-Rebekah Rahman (Violine) und Matthias Diener (Violoncello) – auf. Außer Werken von Johann Sebastian Bach, Jörg Widmann und Arthur Honegger gibt es ein zweites Stück aus der "Journal"-Reihe von Schlünz zu hören. Premiere feiert aber an diesem Abend ein Trio für die drei Instrumente, das Nesic, inspiriert vom Worpsweder Ortsjubiläum, extra zu diesem Anlass komponiert. Damit setzt der Musikherbst seine Tradition der Welturaufführungen aus den Vorjahren fort.
Dieser Abend wird im Zuge der niedersächsischen Stipendiaten-Programm besonders gefördert. Insgesamt berichtet Siefken-Schulte auch im sechsten Jahr von einem Finanzierungsmodell, bei dem rund 90 Prozent der Kosten durch Sponsoren wie das Land, dem Landschaftsverband Stade und dem neu gegründeten Worpsweder Musikfonds getragen werden.
Dennoch war das Niveau der Eintrittspreise nicht zu halten, sie sind von 20 auf 25 Euro pro Einzelkonzert gestiegen. Vereinsmitglieder, Studenten und Schwerbehinderte zahlen 20 Euro und alle vier Konzerte im Abonnement kosten 80 Euro. Karten gibt es bei der Worpsweder Touristeninformation an der Bergstraße 13 und dem nächst auch online unter www.weser-kurier.de/tickets.
Welcher Verein wann in Bremen oder der Region spielt und wie die Begegnung ausgegangen ist, erfahren Sie in unserem Tabellenbereich. Auch die Ergebnisse der Spiele der höheren Ligen finden Sie dort.
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