Vogeler-Museum zeigt Werke von Terry Fox / Erste Solo Schau nach seinem Tod Rätselhafte Kunst im Barkenhoff

Worpswede. Eine Radierung, ohne die Hand des Künstlers entstanden? Fundstücke, die miteinander kombiniert werden und zur Entschlüsselung des Kunstwerks führen? Ein Regenschirm, der als Sonnenuhr dient? Die jüngst im Barkenhoff eröffnete Ausstellung "Locus Solus" von Terry Fox ist nichts für Besucher, die Kunst einfach nur konsumieren möchten. Hier sind aktives Mitdenken und Freude am Entschlüsseln der Text- und Zeichensysteme gefragt.
16.08.2011, 05:00 Uhr
Lesedauer: 3 Min
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Von Cornelia Hagenah

Worpswede. Eine Radierung, ohne die Hand des Künstlers entstanden? Fundstücke, die miteinander kombiniert werden und zur Entschlüsselung des Kunstwerks führen? Ein Regenschirm, der als Sonnenuhr dient? Die jüngst im Barkenhoff eröffnete Ausstellung "Locus Solus" von Terry Fox ist nichts für Besucher, die Kunst einfach nur konsumieren möchten. Hier sind aktives Mitdenken und Freude am Entschlüsseln der Text- und Zeichensysteme gefragt.

Was hat ein international bekannter amerikanischer Performance-Künstler mit Worpswede zu tun? Wie passt Terry Fox, der in den siebziger Jahren einer der anerkannten Vertreter der Body-Art-Bewegung und Wegbereiter der Konzeptkunst war, in den von Jugendstil-Idylle geprägten Barkenhoff? Die Bezüge lassen sich schnell herstellen. Fox, der 1943 in Seattle/Washington geboren wurde, lebte und arbeitete 2005 für einige Monate auf dem Barkenhoff. Im Rahmen des niedersächsischen Stipendiatenprogramm war er nach Worpswede gekommen und fand hier - jenseits der Großstadt - einen Ort des Rückzugs, einen einsamen Ort, einen Locus Solus, wie ihn einst Raymond Roussel in seinem Roman beschrieb.

Bisher selten gezeigte Arbeiten

Der Titel des Romans ist auch der Titel der ersten posthumen Einzelausstellung des Künstlers im Heinrich-Vogeler-Museum. Gezeigt werden neben Zeichnungen und Druckgrafiken, Fotografien und Collagen auch Objekte und Rauminstallationen, die einen Einblick in die unterschiedlichen Schaffensphasen des Künstlers geben. Die verwinkelten Räume des Barkenhoffs scheinen sich für die bisher selten gezeigten, größtenteils aus Privatbesitz stammenden Arbeiten besonders gut zu eigenen. Der Besucher kann sich im hinteren Teil des Hauses intensiv mit einzelnen Werken auseinandersetzen.

Ein ausgestopfter Fuchs steht mit seinen Vorderpfoten auf einem kleinen Tisch, daneben ist eine leere Flasche positioniert, beide scheinen den Museumsbesucher zu begrüßen. Erst bei näherer Betrachtung erschließt sich das Werk. Auf der Flasche steht Terry und Fuchs heißt auf Englisch Fox. Eine eigenwillige und einfallsreiche Signatur des Künstlers, die gleichzeitig auf den Rätselcharakter der weiteren Werke verweist.

Doch scheint es dem Künstler nicht nur um die Entschlüsselung seiner Werke zu gehen. Vielmehr soll die Wahrnehmung geschärft werden. Sprache und Klang sind wiederkehrende Elemente seiner Kunst. So arbeitete der 2008 in Köln verstorbene Künstler mit Kontexten, Bedeutungen und Assoziationen. In den sechziger Jahren war Fox erstmals nach Europa gereist. "Er arbeitete mit Joseph Beuys zusammen", erzählt die Witwe des Künstlers, Marita Loosen-Fox, die zusammen mit Beate Arnold, künstlerische Leiterin des Barkenhoff, die Ausstellung kuratiert hat. Standen anfangs Performance und Aktionskunst im Zentrum seines Schaffens, so beschäftigte sich Fox seit den 80-er Jahren vermehrt mit Codes und Zeichensystemen, die in teils raumgreifenden Installationen zu sehen sind. Alltagsgegenstände werden zu Kunstobjekten, und auch das museale Gebot "Bitte nicht berühren!" wird von Fox außer Kraft gesetzt, indem er den Kunst- und Rätselfreund zum Nüsseknacken auffordert.

Ein weiter Bestandteil seines künstlerischen Werks nimmt die Klangkunst ein. Der Besucher wird durch ein tiefes Schnurren weiter in die Ausstellung hineingeführt. Auf der Suche nach dem Ursprung entdeckt er die Quelle der unterschiedlichen Töne: Das Schnurren von Katzen dringt aus zwei Lautsprechern. Auch hier zieht der Künstler den zunächst irritierten Besucher in seinen Bann. Lauscht man dem Schnurren, verändert es sich. Die unterschiedlichen Katzenstimmen hat Fox in eine Partitur übertragen.

1972 war Fox in der Kathedrale in Chartres auf ein aus dem 13. Jahrhundert stammendes Labyrinth gestoßen. Fasziniert hat der Künstler, der das Labyrinth als eine Metapher seines eigenen Lebens verstand, den Weg mit Katzenstimmen in eine Klanginstallation umgesetzt. Der aufmerksame Besucher kann so lauschend den Weg ins Innere des Labyrinths mitverfolgen.

Eine spannende und vielschichtige Ausstellung, die einige Englischkenntnisse erfordert, eine oft humorvolle und intellektuelle Begegnung mit der Kunst darstellt und den eigenen kreativen Denkprozess antreibt.

Zu besichtigen ist die Ausstellung "Locus Solus" von Terry Fox bis zum 3. Oktober täglich von 10 bis18 Uhr im Barkenhoff.

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