
Das Märchencamping in Groß Mackenstedt verweilt gerade im Dornröschenschlaf. Vereinzelt passieren Dauercamper die Schranke, um ihre Freizeit-Domizile instand zu halten. Ansonsten ist seit dem Spätherbst nicht viel los auf dem Gelände, die Gastronomie ist geschlossen, das Büro nur noch spärlich besetzt. Die vergangene Saison – gleichzeitig sein 50. Geburtstag – hat der Campingplatz gut mitnehmen können. Das Eigentümer-Ehepaar Uwe und Birgit Reiter hofft, dass es im Frühjahr wieder einigermaßen normal weitergehen kann.
Der Campingplatz Wienberg, so der frühere Name, erhielt seine Betriebserlaubnis im Frühjahr 1970. Der nahegelegene Steller See war durch den Bau der Autobahn entstanden und bot allerhand Potenzial. „Zwei ansässige Landwirte hatten die Idee, einen Campingplatz zu eröffnen“, sagt Uwe Reiter. Der eine liegt bekanntlich direkt am Steller See, der der Familie Wienberg etwas entfernter. Heute, sagt Uwe Reiter, ist das Verhältnis zur Betreiberfamilie des Campingplatzes Familienpark Steller See ein gutes. Doch das habe in der Vergangenheit nicht immer so ausgesehen. Vorbei am Gehege, in dem die Ponys Blue, Kitty und Peter in einem Holzunterstand gerade Heu aus einem vom Dach hängenden Netz pflücken, deutet Uwe Reiter auf das Ende eines asphaltierten Pfades. Der Blick zum Steller See ist durch einen Zaun verstellt. Der sei in den 1970er-Jahren dorthin gekommen, weil es Zwist zwischen den Betreibern der Plätze gegeben habe. Daraufhin hatte der Campingplatz Wienberg sein eigenes Schwimmbecken bekommen, 25 mal 12 Meter groß, dazu ein Kinderbecken.
Die Wand der angeschlossenen Sanitärräume haben die Reiters, die den Campingplatz 2013 übernahmen, in eine bunte Strandkulisse verwandelt. Eine Fasssauna verleiht dem Ort noch etwas Wellness-Charme. Fliederfarbene Zäune umschließen die einzelnen Sektionen des Campingplatzes, bei dem schnell klar wird, woher sein Name kommt. Schneewittchen und die Bremer Stadtmusikanten begrüßen die Gäste etwa am Eingang. „Wir haben alle realen Nachfahren der Stadtmusikanten auch hier auf dem Hof“, sagt Reiter und lacht. So sind eben auch Esel auf dem knapp neun Hektar großen Gelände zu Hause. An Drosselbarts Marktplatz abgebogen, geht es in einen Holzstall. Dort genießen Gizmo, seine Mutter Hanni und das Mutter-Tochter-Gespann Midi und Marena die wohlige Wärme. „Sie sind ziemlich wasserscheu und wollen nicht raus, wenn es regnet“, sagt Reiter. Auch der Schnee an diesem Vormittag sagt den Tieren, die sonst tagsüber draußen bei den Gästen sind, nicht gerade zu. Uwe Reiter streichelt den zehnjährigen Gizmo. „Er ist bei uns zur Welt gekommen“, sagt er. „Ich habe ihn damals nach Hause tragen müssen, weil er nicht die Kraft hatte.“
Das war damals noch in Naumburg (Hessen), wo Uwe Reiter den ersten Märchencamping-Platz leitete, damals noch als Pächter. „Wir hatten überlegt: Wie kann man mit einem einfachen Wort sagen, dass Familien willkommen sind?“ Das und die Nähe zur Deutschen Märchenstraße waren ausschlaggebend für den Namen. In Stuhr kommt nun aber noch ein weiterer Aspekt dazu. Im Märchen rund um die Bremer Stadtmusikanten kommen die Tiere zu einem Räuberhaus vor den Toren Bremens. Uwe Reiter zeigt auf das Schild des Restaurants hinter der Rezeption des Campingplatzes mit der Aufschrift „Räuberhaus“. „Und, wo befinden wir uns hier?“, fragt er amüsiert.
Kater Gordon schlängelt sich um die Beine des 57-Jährigen, der Hund wiederum ist gerade im Bauernhaus im Zentrum des Campingplatzes, das die Familie Reiter bewohnt. Fehlt nur noch der Hahn, um die Stadtmusikanten zu komplettieren. „Ach, die Bella“, sagt Reiter, als eine schwarze Henne über den Rasen stolziert. Ein paar Meter weiter entfernt stochert etwas weiß Gefiedertes im Boden herum: Henne Linda. Die Hühner sind handzahm und spazieren auch schon mal am Frühstückstisch der Camper vorbei. In der Hauptsaison gibt es dann auch Ausflüge mit den Ponys in die Steller Heide. Dort können Kinder und Eltern auch etwas über die Tiere lernen.
Die Natur hat im Leben von Uwe Reiter, der ursprünglich aus Moers am Niederrhein kommt, schon immer eine wichtige Rolle gespielt. Schon als Pfadfinder war er zelten, später im Beruf als IT-Trainer reiste er in der Welt herum und nutzte einen Wohnwagen als Hotelersatz. Dass er selbst einmal einen Campingplatz leiten würde, war dem Zufall geschuldet. Er wollte mit seinem mobilen Heim einst auf einen Platz am Niederrhein fahren, hatte sich dort einen idealen Ort ausgeguckt. Der war zwar frei, aber nicht der, den er im Voraus gebucht hatte. Die mangelnde Flexibilität ärgerte Reiter, weshalb der Besitzer ihm an den Kopf warf: „Wenn du es besser kannst, dann mach es besser“. Und das nahm Uwe Reiter dann wörtlich.
Der Blick auf dem Areal mit der Adresse Zum Steller See 83 fällt auf ein Meer aus Wohnwagen-Dächern. Etwa 140 Dauercamper haben dort ihre zweite Heimat gefunden. Hinter der Spielplatz-Ecke am Pool beginnt das Domizil der Kurzzeit-Urlauber, für die noch einmal 70 Plätze zur Verfügung stehen, darunter Mobilheime zur Vermietung. „Wir haben immer gesagt, wir machen einen Mischbetrieb“, sagt Reiter. Dass sich Dauer- und Kurzzeitcamper so gut verstehen, teilweise zusammen feiern, freut ihn. Das sei längst nicht überall so.
Den heruntergefahrenen Betrieb hat die Familie bisher genutzt, sodass die Kanalarbeiten für vier weitere Toiletten- und Duschkabinen erfolgt sind. Sie sollen – stilecht zum Motto des Campingplatzes – turmförmig in die Höhe ragen. Zudem sollen sie alle barrierefrei angelegt sein. Uwe Reiter schätzt, dass die Arbeiten im Februar oder März abgeschlossen sein dürften. Ansonsten bleibe abzuwarten „was da noch alles für Ideen kommen“. Die Geschichte des Märchencampings, so viel ist sicher, ist noch lange nicht zu Ende geschrieben.
Welcher Verein wann in Bremen oder der Region spielt und wie die Begegnung ausgegangen ist, erfahren Sie in unserem Tabellenbereich. Auch die Ergebnisse der Spiele der höheren Ligen finden Sie dort.