
So mancher Autofahrer hat am Freitagnachmittag auf den Parkplätzen der Supermärkte am Kirchweyher Marktplatz eine Postkarte an seinem Fenster vorgefunden. „Sie haben meinen Parkplatz! Wollen Sie auch meine Behinderung?“, stand darauf.
Mit der Aktion wollte die Kirchweyher Ortsgruppe des Sozialverbands Deutschland (SoVD) darauf aufmerksam machen, dass die Behindertenparkplätze auch nur von solchen zu benutzen seien. „Wir informieren und beraten“, betonte Rudolf Dyk vom SoVD. Denn diese Stellflächen sind laut Kollege Axel Jesse nur für Menschen reserviert, die in ihrem Schwerbehindertenausweis das Merkzeichen aG haben: außergewöhnliche Gehbehinderung. „Der ist auch als blauer Schein bekannt“, führte er aus – und EU-weit gültig. Den Behindertenausweis oder eine Kopie dessen hinter die Windschutzscheibe zu legen, reiche nach aktueller Gesetzeslage nicht mehr aus. Diese Sondergenehmigung könnten Berechtigte auf Antrag erhalten.
Wer das missachtet, muss laut ADAC mit einem Ordnungsgeld von 35 Euro rechnen – zumindest auf öffentlichen Parkplätzen. Dem Automobilclub zufolge berechtigt auch das Merkzeichen Bl für Blinde zum blauen Schein. In der Vergangenheit ist es auch schon vorgekommen, dass die Autos abgeschleppt wurden. „Privatbetreiber sind nicht zum Sanktionieren verpflichtet“, ergänzte Jesse. Er arbeitet selbst als ehrenamtlicher Richter beim Landessozialgericht Niedersachsen/Bremen, der zweiten Instanz, mit dem Schwerpunkt Schwerbehindertenangelegenheiten. Dort landen die Fälle, wenn Menschen das aG-Merkzeichen nicht erhalten haben, sie sich jedoch im Recht sehen. „Wir hatten zum Beispiel einen fettleibigen Menschen, der den Ausweis haben wollte. Er war aber nicht krank“, erzählte er. Anderen wiederum sehe man gar nicht an, dass sie außergewöhnlich Gehbehindert seien.
Aus diesem Grund warb Jesse auch um Verständnis für diese strenge Auslegung der Kriterien und den Aufwand, solch eine Berechtigung zum Parken auf einem Behindertenparkplatz zu erhalten. „Die Kommunen sind darauf angewiesen, Plätze freizuhalten“, schilderte er. Würden die blauen Scheine nun an zu viele Menschen ausgegeben, die gar nicht im erforderlichen Maße beeinträchtigt seien, wäre das Ziel der Behindertenparkplätze verbunden mit den kurzen Laufwegen verfehlt. Jesse hat wegen einer fehlenden Niere nach eigenen Angaben selbst einen Grad der Behinderung von 30. Zudem sei er gleichgestellt mit einem Schwerbehinderten. Doch ihm war auch klar, dass er damit nicht außergewöhnlich gehbehindert sei – und er damit keinen Anspruch auf das entsprechende Merkzeichen habe.
So verständnisvoll wie das SoVD-Mitglied zeigten sich allerdings nur wenige Autofahrer. „Die Fahrer, die unberechtigt einen Behindertenparkplatz benutzen, zeigen sich in der Regel uneinsichtig, in einem Fall auch aggressiv“, dokumentierten Rudolf Dyk und seine Kollegen. Rund 150 Karten seien am Freitagnachmittag von den sieben Ehrenamtlichen verteilt worden, überwiegend an interessierte Menschen, die auch positive Rückmeldungen gegeben hätten. „Behinderte, die die Parkplätze regelmäßig benutzen, gaben uns die Rückmeldung, dass sie sehr oft die ihnen zustehenden Parkplätze von anderen Verkehrsteilnehmern belegt fänden“, stellten die Teilnehmer der Aktion weiter fest. Von den privaten Parkplatzbetreibern hätten sie zudem erfahren, dass die Behindertenparkplätze vor allem freitagvormittags sowie in der Zeit von 20 bis 21 Uhr missbräuchlich verwendet werden. Trotz des oft uneinsichtigen Verhaltens der Autofahrer will der SoVD die Aktion wiederholen, dann zu angepassten Zeiten.
„Wir wollen mit der Aktion aufklären“, betonte die SoVD-Ortsvorsitzende Rita Wegg. Es gehe darum, Menschen mit Beeinträchtigungen ein gleichberechtigtes Leben in der Gesellschaft zu ermöglichen. Aus diesem Grund sind auf der Rückseite der Postkarte auch Informationen zum Schwerbehindertenausweis zu finden. „Die Sozialberatungszentren in Syke und Sulingen helfen auch bei den Anträgen“, ergänzte Wegg. Das Ordnungsamt in Syke habe auch schon angekündigt, einen größeren Fokus auf unberechtigtes Parken auf Behindertenparkplätzen zu legen.
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